Rote Ampel und „Mitzieheffekt“

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Das Kammergericht Berlin hat sich in seinem Beschluss vom 20.11.2018 (Az.: 3 WS (B) 247/18 – 162 Ss 123/18) mit dem sogenannten Mitzieheffekt bei einem Rotlichtverstoß zu befassen gehabt.

Das Gericht stellte fest, dass ein Mitzieheffekt den Fahrlässigkeitsvorwurf beim Rotlichtverstoß dann verringern kann, wenn der Betroffene zunächst rechtstreu an der Ampel anhält, dann aber zum Beispiel veranlasst, durch das Anfahren anderer Verkehrsteilnehmer unter Nichtbeachtung des Rotlichts losfährt (sogenannte Sogwirkung).

Der Betroffene könne sich aber grundsätzlich nicht darauf berufen, dass er beruflich auf seine Fahrerlaubnis angewiesen ist, wenn das erwirkte Regelfahrverbot durch mangelnde Verkehrsdisziplin leichtfertig riskiert hat. Vorliegend kam das Gericht daher zu dem Ergebnis, dass die Missachtung des schon mehr als 1 Sekunde andauernden Rotlichts zu den Ordnungswidrigkeiten gehört, bei denen regelmäßig Anordnung eines Fahrverbots in Betracht kommt und eine Ausnahme vom Fahrverbot vorliegend auch nicht gerechtfertigt sei.

Diese Bindung der Sanktionspraxis diene der Gleichbehandlung der Verkehrsteilnehmer und der Vorhersehbarkeit von Entscheidungen. Hieran ändere vorliegend auch nicht der sogenannte Mitzieheffekt etwas, den der Betroffene vorliegend für sich ins Feld geführt hat. Es handele sich nicht um einen Fall, der die Regelanwendung unberechtigt erscheinen lassen könnte (wie vom OLG Hamm in der Entscheidung MDR 2000, 519 entschieden). Hiermit seien nämlich grundsätzlich nur die Fälle gemeint, in denen der Betroffene zunächst ordnungsgemäß an der Lichtzeichenanlage anhält, dann aber durch das Anfahren anderer Verkehrsteilnehmer wieder losfährt.

Wenn man sich auf das Verhalten bzw. die Einschätzung seines Vordermannes verlässt, könne im Grundfall nicht von einem Augenblicksversagen ausgegangen werden.

Warum in diesen Fällen oftmals so erbittert gekämpft wird? Ganz einfach, es geht um den Führerschein. Auch ein einmonatiges Fahrverbot, wie hier, kann eine erhebliche Einschränkung für die Berufstätigkeit des Betroffenen oder auch Nachteile im privaten Bereich, je nach Wohnlage, bedeuten.


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