Sanierungs- und Insolvenzrecht: Neues Stabilisierungs- und Restrukturierungsverfahren geplant

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Seit dem 14. Oktober 2020 liegt der Regierungsentwurf der Bundesregierung zu einem Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungsgesetz bzw. kurz: SanInsFoG-E) vor, der einen vorangegangenen Referentenentwurf des Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz vom 18. September 2020 aufgreift. Im Zentrum des SanInsFoG-E steht die Schaffung eines vorinsolvenzlichen Restrukturierungsrahmens durch das Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (kurz: StaRUG-E), welches die EU-weiten Vorgaben der Richtlinie (EU) 2019/1023 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 umsetzen soll. Es verpflichtet die Organe von haftungsbeschränkten Unternehmen (z.B. GmbH, GmbH & Co. KG, AG) dazu, bereits bei drohender Zahlungsunfähigkeit haftungsbewehrt die Gesamtinteressen der Gläubiger zu wahren.

Kernstück des Gesetzes ist der sog. Restrukturierungsplan zur Beseitigung drohender Zahlungsunfähigkeit und die Sicherung der Bestandsfähigkeit des Unternehmens außerhalb eines Insolvenzverfahrens. Das betroffene Unternehmen entwickelt und organisiert das Verfahren über den Restrukturierungsplan in der Regel mit Unterstützung eines Restrukturierungsbeauftragten selbst und lässt das Verfahren lediglich vom Restrukturierungsgericht überwachend und zur Durchsetzung des Planvorhabens begleiten. 

Die Anforderungen an den Restrukturierungsplan entsprechen im Wesentlichen dem Insolvenzplanverfahren und beinhalten mögliche Eingriffe in die Forderungen von Gläubigern, in Mitgliedschaftsrechte und Drittsicherheiten, eine Vergleichsrechnung mit Darstellung der Auswirkungen des Plans auf die Befriedigungsaussichten der planbetroffenen Gläubiger, die Darlegung der Sicher- bzw. Wiederherstellung der Bestandsfähigkeit des Unternehmens, die Möglichkeit der Bildung von Gläubigergruppen oder etwa die Möglichkeit einer gerichtlichen Vertragsbeendigung, womit eine Lösung von etwa langfristigen belastenden Vertragsverhältnisse verbunden sein kann. Das Abstimmungsverfahren über die Planregelungen kann entweder durch das Unternehmen selbst organisiert werden oder durch das Restrukturierungsgericht im Rahmen eines gerichtlichen Abstimmungsverfahrens mit Zustimmungsersetzung und formaler gerichtlicher Bestätigung.

Das Verfahren über die Stabilisierung des Unternehmens dauert in der Regel drei Monate mit der Möglichkeit der Verlängerung bis zu acht Monaten. Für die Dauer des Verfahrens kann die Aussetzung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen beim Restrukturierungsgericht im Wege einer sog. Stabilisierungsanordnung beantragt werden.

Um Restrukturierung- und Insolvenzverfahren voneinander abzugrenzen, werden die Prognosezeiträume für eine Überschuldung auf 12 Monate und für eine drohende Zahlungsunfähigkeit auf 24 Monate festgeschrieben.

Der Gesetzesentwurf gibt Unternehmen in der Schieflage somit einen weiteren flexiblen und vor allem praxisgerechten Baustein der Sanierung an die Hand. Es ist zu hoffen, dass dieses Gesetzesvorhaben wie geplant zum 01.01.2021 in Kraft treten kann, um die bestmögliche Restrukturierungsoption in einer existenzbedrohenden wirtschaftlichen Krisensituation, insbesondere etwa im Zusammenhang mit den Kreditprogrammen zur Überwindung der Auswirkungen der Corona-Pandemie zu nutzen.     


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