Schiedsverfahren oder Gerichtsverfahren - ist ein Schiedsverfahren für mich eine Alternative zum gerichtlichen Verfahren für zivilrechtliche Streitigkeiten?

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In Deutschland kommt es tagtäglich zu unzähligen Streitigkeiten zwischen zwei oder mehreren Unternehmen oder Privatpersonen. Hierfür sind die Zivilgerichte zuständig. Die Streitigkeiten spielen sich in den unterschiedlichsten Bereichen ab und haben die verschiedensten Themen zum Gegenstand. Scheitert eine außergerichtliche oder gerichtliche Einigung, dann muss das Zivilgericht entscheiden. Das kann langwierig und teuer werden.

Das staatliche Gerichtsverfahren

Der Normalfall ist die Einleitung eines staatlichen Gerichtsverfahrens. Die Prozessregeln, nach denen ein staatliches Gerichtsverfahren abläuft, sind vom Gesetzgeber vorgegeben und können von den Parteien des Rechtsstreits nicht verändert werden. Für Zivilverfahren sind die wesentlichen prozessualen Grundsätze in der Zivilprozessordnung (ZPO) geregelt.  Diese gerichtlichen Zivilverfahren sind in aller Regel öffentlich, das heißt, die Verhandlungen sind für jedermann zugänglich. So können beispielsweise auch Medienvertreter den Prozess verfolgen und über dessen Inhalte sowie den Ausgang berichten. Aufgrund der hohen Anzahl der in Deutschland anhängigen Gerichtsverfahren und der chronisch überlasteten Justiz nehmen staatliche Gerichtsverfahren eine lange Zeit in Anspruch. Die Corona-Pandemie wird die Verfahrensdauer in den nächsten Jahren voraussichtlich weiter verlängern. So war es bis vor wenigen Jahren noch die Regel, dass ein Gerichtsverfahren in der 1. Instanz durchschnittlich nach 9-12 Monaten dauert. Die 2. Instanz, die sogenannte Berufung, dauerte ebenfalls maximal ein Jahr. Heute ist es leider üblich, dass eine einzige Instanz 1,5 – 2 Jahre dauert. Schließt sich an die 1. und 2. Instanz noch ein Berufungsverfahren an, ist eine Verfahrensdauer von 3-4 Jahren vorprogrammiert.

Das Schiedsverfahren / Schiedsgerichtsverfahren

Alternativ zu einem ordentlichen Gerichtsverfahren kann im Falle eines Streits auch ein sogenanntes Schiedsverfahren / Schiedsgerichtsverfahren vor einem Schiedsgericht durchgeführt werden. Hierbei handelt es sich um eine alternative Streitbeilegung, die sich bei Streitigkeiten zwischen Unternehmen wachsender Beliebtheit erfreut. Auch viele Prominente und Sportler erfreuen sich dieser Form der alternativen Streitbeilegung und vereinbaren daher beim Abschluss wichtiger Verträge häufig, dass im Falle von Streitigkeiten aus diesem Vertrag ein Schiedsverfahren durchgeführt werden soll. Denn ein Schiedsverfahren / Schiedsgerichtsverfahren ist nichtöffentlich.

Für die Einleitung eines Schiedsverfahrens ist eine entsprechende Einigung zwischen den Parteien stets erforderlich. Diese erfolgt in der Regel durch Aufnahme einer Schiedsklausel im Vertrag, kann gleichwohl aber nicht nur bereits bei Vertragsabschluss, sondern auch zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen. Damit vereinbaren die Parteien also, dass nicht die staatlichen Zivilgerichte den Streit entscheiden sollen, sondern ein privates Schiedsgericht.

Wichtig ist, dass sich die Parteien auf die Regeln einigen, die für das Schiedsverfahren / Schiedsgerichtsverfahren gelten sollen. Je nach internationalem Bezug empfehlen wir normalerweise die Regeln der Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit (DIS-Regeln), die Regeln der International Chamber of Commerce (ICC-Regeln) oder auch die Wiener Regeln der VIAC. Es gibt aber auch branchenspezifische Regelwerke, auf die sich die Parteien einigen können, wenn sie im selben Markt tätig sind. Als Beispiel können hier die Regeln der MINOR METALS TRADE ASSOCIATION genannt werden. Bereits bei Vertragsschluss sollte genau abgewogen werden, welche Regeln vereinbart werden sollen. Entsprechende Musterklauseln, mit denen Sie wirksam bestimmte Schiedsregeln vereinbaren können, finden Sie auf der Website der jeweiligen Institution.

Bei Einleitung des Schiedsverfahrens können die Parteien sogar Einfluss auf die Besetzung des Schiedsgerichts nehmen. So ist es bei einem 3er Schiedsgericht üblich, dass jeweils eine Partei einen Schiedsrichter benennt und die beiden Parteischiedsrichter sich auf einen Vorsitzenden des Schiedsgerichts einigen. Somit ist in der Regel sichergestellt, dass die Schiedsrichter – häufig spezialisierte Rechtsanwälte – eine herausragende Expertise für das jeweilige Schiedsverfahren besitzen.

Der abschließende Schiedsspruch hat grundsätzlich die gleichen Wirkungen wie ein gerichtliches Urteil und kann in den meisten Ländern für vollstreckbar erklärt werden, so dass er die gleichen Wirkungen entfaltet wie ein Urteil eines deutschen staatlichen Gerichts.

Schiedsverfahren sehen weder eine Berufungs- noch eine Revisionsinstanz vor. Das führt regelmäßig zu einer deutlich kürzen Verfahrensdauer und zu geringen Kosten als diese bei 3 Instanzen entstehen. Eine Überprüfung von „falschen“ Schiedssprüchen ist nur in ganz seltenen Ausnahmefällen, z.B., bei groben Verfahrensverstößen möglich. Dadurch besteht die Gefahr, dass falsche Entscheidungen nicht mehr korrigiert werden können.

Zusammenfassend kann daher festgehalten werden, dass besonders aufgrund der aktuell vor staatlichen Gerichten immer länger werdenden Verfahrensdauer die Parteivereinbarung von Vorteil sein kann, einen (potentiellen) Streit, im Wege der alternativen Streitbeilegung durch ein Schiedsgericht entscheiden zu lassen.



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