Schmerzensgeld für Beamte bei Mobbing & Bossing im öffentlichen Dienst

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Der eine wird von den Kollegen ausgegrenzt, der andere von seinem Vorgesetzten benachteiligt, beleidigt oder gedemütigt. Ob Mobbing oder Bossing (= Mobbing durch den Chef) – auch Beamte sind vor systematischen Anfeindungen nicht gefeit. Vom Mobbing in der Kommunalverwaltung bis zum Psychoterror unter Lehrerkollegen sind schon Fälle vor Gericht gelandet. 

Beamte sind bei Mobbing und Bossing in einer äußerst schwierigen Situation. Denn die Besonderheiten des Beamtenverhältnisses können hier eine große Hürde darstellen. Wo Arbeitnehmer auf kurz oder lang ihren Job wechseln, können Beamte höchstens eine Versetzung anstrengen. Aber auch das kann im Einzelfall mehr Nachteile als Vorteile haben.

Beweggründe für Mobbing: von Schadenfreude bis zur Zwangspensionierung

Hierzu ein Zitat des Verwaltungsgerichts Halle: „Mobbing kann auf unterschiedliche Ziele ausgerichtet sein. Häufig soll damit die Beendigung eines Arbeits- oder Beamtenverhältnisses erreicht werden, gerade wenn die rechtlichen Voraussetzungen für eine Beendigung ohne Zustimmung nicht vorliegen. 

Das ist aber nicht zwingend. Mobbing kann auch vorliegen, wenn der oder die Täter kein weiteres Ziel verfolgen, als dem Opfer Schaden zuzufügen.“  (VG Halle, Urteil v. 27.03.2019, Az. 5 A 519/16, RN 119)

Mobbing im öffentlichen Dienst: ein ernstes Thema 

Ist keine Änderung der Situation in Sicht, leidet früher oder später die psychische und physische Gesundheit. Je länger die Schikane andauert, desto größer wird der Schaden für den Betroffenen. Selbstverständlich steht das Wohlergehen an erster Stelle. 

Doch im schlimmsten Fall führt das Mobbing irgendwann zur zwangsweisen Zurruhesetzung wegen Dienstunfähigkeit – und damit auch zu finanziellen Einbußen. Siehe hierzu auch den Rechtstipp Zurruhesetzung wegen Dienstunfähigkeit.

Lassen Sie es nicht so weit kommen! Hier finden Sie Hilfe und Antworten zu den wichtigsten Fragen – damit Sie sich wehren können.  

Wann handelt es sich um Mobbing?

Die Rechtsprechung definiert Mobbing wie folgt:

  • Systematische Anfeindung, Schikane oder auch Diskriminierung eines Beamten
  • "systematisch" bedeutet: fortgesetzt, aufeinander aufbauend oder ineinander übergreifend
  • Die Schikane fördert nach ihrer Art und ihrem Ablauf ein übergeordnetes Ziel, das von der Rechtsordnung nicht gedeckt ist (z. B. das Ziel, den Beamten „loszuwerden“)
  • Die Gesamtheit der Mobbingangriffe verletzt das allgemeine Persönlichkeitsrecht oder andere Rechtsgüter, z. B. die Ehre oder die Gesundheit der betroffenen Person

Fließende Grenze: von „üblichen“ Auseinandersetzungen zum Mobbing

Pauschale Aussagen, welches Verhalten als Mobbing zu verstehen ist, sind nur schwer möglich. Was in einer Situation bereits als Mobbing zu werten ist, kann unter anderen Umständen noch als „übliche Auseinandersetzung unter Kollegen“ oder „Kritik innerhalb des rechtlich Erlaubten“ zu verstehen sein. 

Die Grenze ist haarscharf und kann nur an der richtigen Stelle gezogen werden, wenn die Gesamtsituation mit all ihren individuellen Besonderheiten beleuchtet wird.

Kleine Sticheleichen oder einmalige Schikane? Die Gesamtbetrachtung zählt! 

So kann Mobbing vorliegen, wenn zwar die einzelnen Handlungen an sich nicht so gravierend sind, die Gesamtbelastung durch viele Einzelsituationen das Maß aber übersteigt. 

Andererseits wird ein kurzes Gefecht mit Anfeindungen nicht sofort als Mobbing-Angriff qualifiziert, wenn es sich um ein einmaliges Geschehen handelt. Denn die Schikane muss „systematisch“ sein, d. h. aufeinander aufbauen oder fortgesetzt ineinander übergreifen. 

Davon kann bei einem einmaligen Vorfall nicht ohne Weiteres die Rede sein. Und ein weiterer Punkt ist wichtig: Die Schikane muss genau zu dem Zweck erfolgen, den Betroffenen zu mobben. Das heißt, es darf nicht „nur“ ein subjektives Mobbing-Empfinden hinter dem Leiden des Betroffenen stehen, sondern der Täter muss es „wirklich“ auf den Leidenden abgesehen haben.

Wer ist bei Mobbing eines Beamten verantwortlich?

Ob Mobbing oder Bossing, ob Vorgesetzter oder Kollege. Ein mobbender Beamter haftet grundsätzlich erstmal nicht unmittelbar für sein rechtswidriges Verhalten. Für Schäden, die einem Beamten durch Mobbing aus den eigenen Riegen entstehen, muss der Dienstherr einstehen. Denn hier finden die Grundsätze der Amtshaftung Anwendung. 

Der Dienstherr hat eine Fürsorgepflicht gegenüber seinen Beamten. Dazu gehört auch, die im Beamtenverhältnis stehenden Personen vor Mobbing und dadurch entstehende Schäden zu schützen. Hat er hier versagt, haftet er. Um Schadensersatz und Schmerzensgeld zu erhalten, müssen Sie also Ihren Dienstherrn verklagen.  

Beweispflicht bei Mobbing – das eigene Empfinden reicht nicht

Achtung! Sie müssen vor Gericht darlegen und beweisen, durch welche Anfeindungen und (unterlassenen) Handlungen Sie zu Schaden gekommen sind. Dreh- und Angelpunkt ist die Verletzung der Fürsorgepflicht Ihres Dienstherrn, der Sie vor Mobbingattacken seiner anderen Beamten schützen muss. 

Sie müssen darlegen, dass Sie durch ein rechtswidriges, schuldhaftes Verhalten eines Vorgesetzten oder eines Kollegen einen Schaden erlitten haben. Ein Arzt sollte Ihnen attestieren, welche psychischen oder physischen Beeinträchtigungen entstanden sind.

Verwaltungsgericht Halle: 23.000 Euro Schmerzensgeld für eine Beamtin 

Fall aus der Praxis: eine städtische Beamtin hat vom VG Halle einen Schmerzensgeldanspruch in Höhe von sage und schreibe 23.000 Euro zugesprochen bekommen. Zu recht!

Die Klägerin war im Beamtenverhältnis Leiterin eines Fachbereichs der Stadtverwaltung. Als sie wegen Krankheit längere Zeit dienstunfähig wurde, veränderte der Oberbürgermeister die Fachbereiche, sodass die Klägerin nach ihrer Rückkehr in den Dienst nicht mehr amtsangemessen beschäftigt werden konnte. 

Ihr neues Büro befand sich in einem Dachbodenraum, der tatsächlich nur als Lager gedacht war und nur über eine steile und gefährliche Treppe erreichbar war.

Mobbing durch den Oberbürgermeister: Versetzung mit fiesen Absichten

Die Beamtin klagte auf amtsangemessene Beschäftigung und anschließend auf Schadensersatz. Neben dem Schmerzensgeld wurde ihr Dienstherr auch zum Ersatz aller materiellen Schäden verurteilt. Begründung: Das Mobbing durch den Oberbürgermeister verletze das Persönlichkeitsrecht der Beamtin. Ihre Gesundheit sei durch das Mobbing geschädigt worden. 

Allein die Reduzierung ihres Fachbereichs sei als Mobbing zu werten, da die Umsetzung der Schikane diente. Auch das neue Büro und die geringerwertige Tätigkeit seien ein Ausdruck der Degradierung. Denn damit sei der Abstieg der Klägerin aus der Führungsebene nach außen dargestellt worden. 

Den letzten Schlag des Mobbings verpasste der Oberbürgermeister der Beamtin, indem er ihr statt einer Anlassbeurteilung ein Dienstzeugnis ausstellte. Damit sollte ihr das Ende ihres Beamtenverhältnisses bescheinigt werden.

Mein Rat an Sie

Lassen Sie sich Mobbing und Bossing auf keinen Fall gefallen. Und vor allem: Zweifeln Sie nicht an sich oder Ihren Möglichkeiten, dagegen vorzugehen. Bei Problemen, die ein persönliches und sensibles Leiden mit sich bringen, sollten Sie fachliche Unterstützung an Ihrer Seite haben. Gerade was das Sammeln von Beweisen angeht, sollten Sie sich nicht auf ihr Gefühl verlassen. Denn vor Gericht gelten umfangreiche Regeln für die Beweislast und die zugelassenen Beweismittel.

Das sensible Thema „Mobbing“ fordert höchste Professionalität

Als Rechtsanwalt mit Schwerpunkt im Beamten- und Verwaltungsrecht biete ich Ihnen Hilfe für alle notwendigen Schritte an. Nach einer Gesamtbetrachtung Ihrer Situation unterstütze ich Sie bei der Geltendmachung der Unterlassungs- sowie der Schadensersatzansprüche. Wenn nötig, setze ich mich für Ihre Rechte natürlich auch vor Gericht ein.

Ihr Rechtsanwalt für Beamtenrecht
Christopher Heumann


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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