Sensi Seeds Cannabis Samen Ermittlungsverfahren durch den Zoll: Welche Strafe droht mir? Rechtsanwalt Schüller hilft!

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Beschlagnahmte Hanfsamen von Sensi Seeds: Welche Folgen drohen? Muss ich Angst um meinen Führerschein haben? Kriege ich eine Hausdurchsuchung?

Zum Thema Bannbruch Strafverfahren lesen Sie auch hier über die hohen Chancen auf Einstellung des Verfahrens aus Beweismangel.

Besonders eifrig scheinen hier zu sein: Hauptzollamt Aachen, Hauptzollamt Köln und Hauptzollamt Berlin. Unabhängig davon, welches Hauptzollamt Ihnen einen Brief gesendet hat:

Hinsichtlich der hier bearbeiteten Verfahren in Sachen Einfuhr / Bannbruch von Cannabis Samen besteht eine Quote von mehr als 90 % von Einstellungen aus Mangel an Beweisen nach § 170 II StPO. Eine Argumentation mit Beweisfragen lohnt sich also. 

Nach neueren Informationen sollen auch diverse Briefe / Päckchen anderer Samen Versender beschlagnahmt worden sein. Hierbei scheint es sich aber eher um Zufallstreffer als das Ergebnis systematischer Suche zu handeln. Es bestehen immer sehr gute Chancen, die Ermittlungsverfahren recht zeitnah aus Mangel an Beweisen zur Einstellung zu kriegen. 

Als Rechtsanwalt, der oft mit der Einfuhr von Cannabis Samen zu tun hat, versuche ich gerne, die typischerweise auftretenden Fragen zu beantworten.

In der letzten Zeit kam es zu vermehrten Beschlagnahme von Cannabis Samen von Sensi Seeds, die in den Niederlanden von Kunden aus Deutschland bestellt worden sind. Ziemlich alle dieser Sendungen wurden vom Hauptzollamt Köln beschlagnahmt. 

Hierüber berichtete etwa das Hanfjournal (vgl https://hanfjournal.de/2021/03/15/5-800-postsendungen-mit-cannabis-samen-abgefangen/). Laut dieser Quelle soll es sich anscheinend hauptsächlich um Samen von Sensi Seeds gehandelt haben. 

Es ist nicht auszuschließen, dass auch andere große Saatgutanbieter wie Greenhouse Seeds, Dutch Passion, Serious Seeds, Nirvana ins Visier des Zolls geraten. 

Es sollen ca. 5800 Briefe (Stand April 2021) allein vom Hauptzollamt Köln abgefangen worden sein. Vollmundig rühmten sich die Ermittler, man hätte damit mehrere Fußballstadien mit Cannabis bepflanzen können.

Erstaunlich an der Sache ist, dass es sich offenbar bei den meisten beschlagnahmten Briefen soweit ersichtlich um solche handelt, die Samen von Sensi Seeds enthielten. Diese Firma hat zwischenzeitlich den Versand von Cannabis Samen nach Deutschland eingestellt.

Dass hier so viele Sendungen von Sensi Seeds abgefangen worden sind, wirft natürlich die Frage auf, ob dazu technische Hilfsmittel eingesetzt worden sind. Der Einsatz von KI (künstlicher Intelligenz) und optischer Überwachung der Briefe ist hier naheliegend. Es ist ja nicht so kompliziert, einem Programm zu verklickern, dass Briefe mit einem bestimmten Format und einem bestimmten Absender rausgefischt werden sollen. Wenn jetzt auch von den anderen großen Samenbanken und Seedshops auffällig hohe Zahlen an Briefen abgefangen werden, dann liegt es nahe, dass der Zoll auf Technik setzt.

Rechtlich gilt für die Besteller aus Deutschland folgendes:

Die Einfuhr von Cannabis Samen verstößt gegen § 29 BtMG. Cannabis Samen, die in Seedshops und direkt bei den Züchtern gekauft werden, sind selber BtM (=Betäubungsmittel). Es ist egal, dass sie keinen Wirkstoff enthalten. Es wird seitens der Ermittlungsbehörden unterstellt, dass die Samen zum illegalen Anbau bestimmt sind.

Öfter wird damit argumentiert, dass man Cannabis Samen legal bestellen könne. Es wird dann zB auf den freien europäischen Warenverkehr oder darauf abgestellt, dass man die Samen ja nicht zum Anbau verkaufe. Sowas kann man häufig auf den Seiten der Samenhändler lesen. Diese haben aber auch ein erhebliches wirtschaftliches Interesse daran, dass die Samen verkauft werden. Und es reicht zur Entschuldigung für die deutschen Kunden strafrechtlich nicht aus, dass sie aufgrund von solchen Informationen dachten, dass die Bestellung von Cannabis Samen legal sei.

Mit den rechtlichen Realitäten hier in Deutschland hat das aber nichts zu tun. Wenn man also Cannabis Samen im Ausland bestellt hat und der Brief beschlagnahmt wurde, so läuft immer ein Strafverfahren nach § 29 BtMG.

Dann stellt sich die Frage, wie es weiter geht. In der Regel schickte der Zoll bis dato einen Anhörungsbogen und teilte mit, dass zum einen ein Ermittlungsverfahren liefe und dass man sich hierzu äußern könne. Dieser Moment ist der richtige, um einen Anwalt zu konsultieren.

In einem solchen Ermittlungsverfahren stellen sich dann Beweisfragen. Nur der eigene Name auf einem beschlagnahmten Brief wird in den meisten Fällen kein ausreichender Beweis dafür sein, dass man die Samen auch selber bestellt hat. Wenn der Zoll bzw. die federführende Staatsanwaltschaft hierauf hingewiesen wird, ist oft bis sehr oft die Einstellung des Verfahrens nach § 170 II StPO (Einstellung aus Mangel an Beweisen) zu erwarten. Der Brief könnte ja von jedermann bestellt worden sein. Auch in Schädigungsabsicht. Wenn die Samen dann mit Bargeld oder mit Bitcoin bezahlt worden sind, sind die Beweismittel der Ermittler an dieser Stelle regelmäßig erschöpft. Trotzdem sehen einige Staatsanwaltschaften dann trotzdem davon ab, dass Verfahren nach § 170 II StPO einzustellen.

Wenn die Samen hingegen mit Banküberweisung bezahlt worden sind, dann wäre natürlich der Beweis erbracht, dass die Samen auch von einem selbst bestellt wurden. Die Prüftiefe der Staatsanwaltschaften ist aber häufig nicht so groß, so dass auf Überprüfung der Konten verzichtet wird. Hierzu müsste erst bei der Bafin erfragt werden, welche Konten geführt werden, das Gericht müsste zustimmen usw. Das ist unter dem Strich auf die Masse der Verfahren einfach zu viel Aufwand. Die Hauptstoßrichtung dieser ganzen Verfahren dürfte es ohnehin sein, den Seedbanks das Leben so schwer wie möglich zu machen.

Von den Firmen aus den Niederlanden werden Kundendaten nicht in Erfahrung zu bringen sein, da die niederländischen Ermittler hier keine Amtshilfe für die deutschen Strafverfolgungsbehörden leisten. Es ist also nicht zu erwarten, dass Kundendaten bei Sensi Seeds oder den anderen Samenversendern vor Ort beschlagnahmt und zum Ausgangspunkt für weitere Ermittlungen gemacht werden.

Die weitaus meisten der Verfahren kriegt man nach § 170 II StPO eingestellt mit diesen Beweisfragen. Das hat den großen Vorteil, dass sich an eine Einstellung nach § 170 II StPO idR keine fahrerlaubnisrechtlichen Weiterungen anschließen.

Wenn anderweitig eingestellt wird (also etwa nach § 153 StPO / § 153 a StPO / § 31 a BtMG) oder wenn das Verfahren im Strafbefehlsverfahren über wenige Tagessätze (20 bis 30 sind in solchen Fällen nicht komplett ungewöhnlich) beendet wird, dann wird meistens die Fahrerlaubnisbehörde Nachricht erhalten und ein Eignungsverfahren einleiten.

Die Fahrerlaubnisbehörde meldet sich dann mit der Aufforderung zu einer ärztlichen Begutachtung (Konsummusteranalyse mit Screening von Urin und/oder Haaren). Davor braucht man keine Angst zu haben. Bei einer solchen Untersuchung muss der THC COOH Wert auch nicht auf null sein. Wenn die Fahrerlaubnisbehörde sich meldet, muss der Konsum von Cannabis aber eingestellt werden. Mit folgender Argumentation wird man das Gutachten bestehen können:

Man raucht nur gelegentlich Cannabis. Man hat nie Phasen gehabt, in denen man täglich oder beinahe täglich Cannabis konsumierte. Man konsumiert nur am Wochende. Man konsumiert nicht mittels Bong. Man betreibt nie Mischkonsum mit Alkohol. Andere Drogen hat man nie probiert. Alkohol trinkt man wenig, maximal 2-3 Bier, harte Sachen nicht. Haaranalysen sind häufig riskant, auch wegen der Gefahr falsch positiver Ergebnisse. Sofern in den Haaren harte Abbaustoffe harter BtM und zu hohe THC COOH Werte zu erwarten sind, bitte ich Sie, Rücksprache mit einem spezialisierten Anwalt zu halten.

Kurzfassung: Sie brauchen vor dem Strafverfahren und dem Fahrerlaubnisverfahren keine Angst haben. Grund zur Unvernunft besteht aber ebenso wenig.

Wenn die Samen beschlagnahmt worden sind und Sie Post von der Polizei / dem Zoll erhalten, droht in der Regel keine Hausdurchsuchung mehr. 

Die Einstellung nach § 170 II StPO wird nach anwaltlicher Intervention mit höherer Wahrscheinlichkeit zu erwarten sein als wenn Sie sich selber darum kümmern. Wenn das Verfahren nicht nach § 170 II StPO sondern anderweitig eingestellt worden ist, so gibt es gegen diese Entscheidung kein formales Rechtsmittel. Will heißen: Der erste Schuss muss sitzen. Wenn es einen Strafbefehl des Amtsgerichts gibt, dann ist hiergegen der Einspruch statthaft. Dann kommt es zu einer Hauptverhandlung vor dem Strafrichter.

Es gibt keine festen zeitlichen Rahmen, in denen der Zoll bzw. die Polizei sich nach Beschlagnahme bei Ihnen meldet. Allerdings wird dies üblicherweise in 1-3 Monaten passieren, nachdem der Brief beschlagnahmt wurde. Wenn es länger dauert, kann das ein Hinweis auf intensivere Ermittlungen in Ihrem Fall hindeuten.

Fakt ist:

Die meisten Richter würden einen Antrag auf Hausdurchsuchung bei der Person durchwinken, auf dessen Namen Cannabis Samen bestellt und  beschlagnahmt worden sind. Das gilt umso mehr, wenn etwa eine Stromanbieteranfrage auffällige Werte ergeben hat. Bei der Beschlagnahme der Kundendaten bei den Growshop Busts vor ein paar Jahren reichte es für einen Durchsuchungsbeschluss, wenn man zB nur ein paar Blumentöpfe bestellt hatte. Dh: Diese Beschlüsse werden im Zweifel sehr schnell erlassen.

Auch wenn ich nicht glaube, dass es jetzt zu einer deutschlandweiten Durchsuchungswelle wie nach den Busts verschiedener Growshops und der damit verbundenen Beschlagnahme der Kundendateien kommt, so wäre ich doch vorsichtig, wenn ich Samen bestellt habe und diese nicht angekommen sind. Das gilt umso mehr für diejenigen, die keine unbeschriebenen Blätter mehr sind, also schon in der Vergangenheit Ermittlungsverfahren wegen BtM gegen sich laufen hatten.

Es ist naiv, sich Samen auf eine Adresse zu bestellen, wo größere Mengen BtM zu finden sind (etwa in Form eines auch nur mittelgroßen Grows). Ab 7,5 Gramm THC im beschlagnahmten Pflanzenmaterial droht 1 Jahr Freiheitsstrafe aufwärts, vgl § 29 a BtMG. Und die sind bei den heutigen THC Gehalten vieler Sorten sehr schnell erreicht. Und natürlich gibt es dann auch mit der Führerscheinstelle Probleme. Auch an dieser Stelle soll nicht unerwähnt bleiben: Waffen und BtM sind eine unheilige Allianz. Wenn eine nicht geringe Menge THC und Verpackungsmaterial, Waagen und Geld in „szenetypischer Stückelung“ und eine Waffe in Griffnähe der BtM bei Ihnen gefunden wird, dann drohen 5 Jahre aufwärts, vgl. § 30 a BtMG.

Mir sind im Zusammenhang mit den Sensi Seeds Beschlagnahmen bereits Fälle  bekannt, bei denen es zeitnah zu Durchsuchungen bei Betroffenen kam. Ob und nach welchem Schlüssel (Stichprobenprinzip) da verfahren wird, ist mir nicht klar. Die meisten Verfahren dürften aber bereits aus Kapazitätsmangel bei den Ermittlern  lohne Hausdurchsuchung enden.

Gerade für die niederländischen Versender der Samen kann es aber strafrechtlich eng werden. Zwar ist der Versand nach niederländischen Recht legal, aber nach deutschem Recht ist der geschäftsmäßige Versand von Cannabis Samen nach Deutschland als gewerbsmäßiges Handeltreiben / Einfuhr von und mit BtM zu qualifizieren, § 29 I, III BtMG. Und hier drohen den Inhabern / Geschäftsführen der Samenbanken und auch denen von Seedbanks, gegen die ebenfalls ermittelt wird, dem Grunde nach Freiheitsstrafen von 1 Jahr und mehr, vgl. § 29 III BtMG. Für spanische Versender gilt das Gesagte entsprechend.

Ob die Ermittlungsbehörden mit dem Vorwurf des Handeltreibens durchkommen, wird sich zeigen. Meiner Ansicht nach spricht jedoch einiges dafür, dass dem so ist. Und wenn es hier zu entsprechenden Verurteilungen kommt, dann ist auch der Gedanke nicht fernliegend, dass man einen Züchter nach dem anderen und einen Samenversender nach dem anderen ins Visier nimmt und versuchen wird, den grenzüberschreitenden Saatguthandel so unter Kontrolle zu kriegen.

Dazu muss man aber auch sagen, dass es manche Versender es den deutschen Ermittlern mehr als leicht machen, wenn sie den Briefen auch noch Bestellscheine beilegen, aus denen sich ergibt dass sie selber den Inhalt versendet haben. Dasselbe gilt für Absenderstempel. Dann hat jedenfalls prima Informationen (gerade auch zusammen mit dem Absenderstempel) für das Programm, dass die Briefe dann automatisiert rausfischt.

Auch erklärt sich mir nicht so ganz, warum so viele Leute auf ihre Realnamen Bestellungen von Cannabis Samen (und anderen BtM) aus dem Ausland vornehmen und diese auch noch mittels Banküberweisung bezahlen.

Abschließend kann man aber sagen: Niemand braucht sich wegen dieser Verfahren größere Sorgen machen. Strafrechtlich nicht und fahrerlaubnisrechtlich auch nicht. Da droht kein großer Ärger. Das gilt jedenfalls für die Besteller der Samen.  

Aber auf den  Umstand, dass Hausdurchsuchungen nicht auszuschließen sind, ist mit Nachdruck hinzuweisen. Wer sich Cannabis Samen auf die Adresse liefern lässt, wo er einen Grow fährt, der fährt schlichtweg mit viel zu hohem Risiko. Wenn die Wohnung sauber ist, besteht aber kein Grund für übersteigertes Kopfkino.

Sofern Fragen zu dem Thema bestehen, können Sie mir gerne eine Mail schreiben oder mich anrufen.  


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