Sozialdatenschutz - Datenschutz im Jobcenter - Akteneinsicht durch Ermittlungsbehörden in Leistungsakten.

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Sozialdatenschutz - Datenschutz im Jobcenter

 „Können Stellen wie der Zoll, die Polizei oder auch die Staatsanwalt uneingeschränkt Akteneinsicht in Leistungsakten erhalten? Oder benötigt man dafür einen richterlichen Beschluss?“ 

Die Antwort ist gar nicht so einfach und es reicht hier nicht nur zu sagen „es kommt darauf an“. Wichtig ist hier die Struktur der Berechtigungen für die Datenweitergabe zu erkennen.

Dass eine Übermittlung von Sozialdaten grundsätzlich zulässig sein kann regelt die Norm des § 67b SGB X. Zulässig ist eine Übermittlung dann, wenn die ihr nachfolgenden oder anderen Rechtsnormen dieses Gesetzes es erlauben oder anordnen.

Unter dem Begriff einer Übermittlung fällt nicht nur die Weitergabe der Daten, sondern auch die Einsichtnahme oder auch der Abruf dieser Daten durch einen Dritten.

„Dritter“: natürliche und juristische Personen nach Art. 4 Nr.10 DSGVO – also auch Behörden oder Einrichtungen.

Die für eine Übermittlung maßgebenden Grundsätze sind in § 67d SGB X geregelt. Der Verantwortungsbereich der übermittelnden Stelle wird erläutert: Übermittelnde Stelle ist für die Zulässigkeit der Bekanntgabe von den übermittelten Sozialdaten durch ihre Weitergabe/Einsicht/Abruf an einen Dritten verantwortlich. Derjenige an den die Daten übermittelt werden sollen trägt, wenn er die Übermittlung ersucht, die Verantwortung für die Richtigkeit der Angaben, auf denen die Übermittlung beruht.

Die Trennung von verbundenen Sozialdaten, also der Fall, in denen eine Gesamtheit von Daten übermittelt wird, jedoch nur bzgl. eines Teils eine Übermittlung zulässig ist

Wenn es sich bei der ersuchenden Stelle um eine Polizeibehörde oder Staatsanwaltschaft handelt (oder ein Gerichte, eine Behörden der Gefahrenabwehr) findet § 68 SGB X Anwendung.

Sind die dortigen Zulässigkeitsvoraussetzungen gegeben sind, wird kein richterlicher Beschluss benötigt. Ein solcher Beschluss wird nämlich im Fall des § 73 SGB X – Für die Übermittlung von Sozialdaten für die Durchführung eines Strafverfahrens – benötigt, vgl. § 73 III SGB X.

Der Unterschied zu § 68 SGB X:

Nach § 68 Übermittlungen sind unzulässig, wenn dadurch schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt werden oder wenn sich die ersuchende Stelle die Angaben auf andere Weise beschaffen kann. § 73 enthält diese Einschränkungen nicht - fordert aber als Grundvoraussetzung einen richterlichen Beschluss (sieh oben).

Also Übermittlung nach § 68 SGB X ?

Auf der Grundlage dieser Norm dürfen nur die folgenden Daten übermittelt werden: Namen, Vornamen, Geburtsdatum, derzeitige Anschrift der betroffenen Person, derzeitiger/zukünftiger Aufenthaltsort, Namen/Vornamen/Firma/Anschrift der derzeitigen Arbeitgebers.

Abschließend geregelt sind auch die möglichen Empfänger, nämlich „Gefahrenabwehrbehörden“ wie BKA, Feuerwehr, Brandschutzbehörden, Bauaufsicht, Gewerbeaufsicht und auch Umweltschutzbehörden (in Hessen außerdem noch die allgemeinen Verwaltungs- und die Ordnungsbehörden). Und zwar zur Erfüllung ihrer Aufgaben.

Was ist noch wichtig?

Der Übermittlungstatbestand des § 68 SGB X begründet lediglich eine Befugnis zur Übermittlung- aber keine Pflicht zur Übermittlung 

Über diese konkrete Übermittlungsersuchen hat die Leitung der ersuchten Stelle zu entscheiden. Hierbei muss geprüft werden, ob schutzwürdige Interessen der betroffenen Person unverhältnismäßig durch die Übermittlung angestrebten Zweck, betroffen sind, was jedoch bei Straftaten bzw. Verdacht von erheblichen Straftaten in den meisten Fällen (zugunsten des öffentlichen Interesses) nicht überwiegt.

Weitere Voraussetzung: Eine Übermittlung nur dann zulässig, wenn das Ersuchen nicht länger als 6 Monate zurückliegt und die ersuchenden Stellen sich bereits an andere Stellen gewendet haben und dort keine Auskünfte erhalten haben (z.B Meldebehörden, Finanzämter). Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass es für Rasterfahndung Sonderregelung gibt.

Um die Frage so konkret wie möglich zu beantworten:

Sofern die Polizeibehörden schon anderweitig keine Informationen erhalten hatten und wegen des Verdachts von erheblichen Straftaten eine Datenweitergabe nicht unverhältnismäßig wäre, können die folgenden Daten bestehend aus „Namen, Vornamen, Geburtsdatum, derzeitige Anschrift der betroffenen Person, derzeitiger/zukünftiger Aufenthaltsort, Namen/Vornamen/Firma/Anschrift der derzeitigen Arbeitgebers“ weitergegeben werden. Verantworten muss dies die Behördenleitung.

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Henning Koch ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für IT-Recht, Fachanwalt für Arbeitsrecht und zertifizierter (zugleich auch behördlicher) Datenschutzbeauftragter  in der Wirtschaftskanzlei Ruhmann Peters Altmeyer PartG mbB am Standort Marburg sowie Geschäftsführer der RPA Datenschutz + Compliance GmbH.  

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Foto(s): MR

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