SPA - Share Purchase Agreement (Anteilskaufvertrag / Unternehmenskaufvertrag)

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I. Einleitung

Der Anteilskaufvertrag (Share Purchase Agreement - SPA) stellt das juristische Herzstück eines Unternehmensverkaufs dar. In ihm werden die zentralen wirtschaftlichen und rechtlichen Bedingungen festgelegt, zu denen der Nachfolger das Unternehmen kauft.

Der Anteilskaufvertrag bezieht sich, wie der Name verrät, auf den Verkauf von Gesellschaftsanteilen (Share Deal). Für einen Unternehmensverkauf durch Erwerb der Einzelwirtschaftsgüter (Asset Deal) wird ein anderer Unternehmenskaufvertrag benötigt: Asset Purchase Agreement - APA. Die Vor- und Nachteile von Share Deal und Asset Deal können Sie in diesem Rechtstipp nachlesen.

Im Bereich der Unternehmensnachfolge (M&A) haben sich auf dem Rechtsmarkt eine Reihe von englischen Begriffen eingebürgert. Diese sollten jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass bei einem Unternehmensverkauf in Deutschland grundsätzlich deutsches Recht zur Anwendung kommt und der Anteilskaufvertrag regelmäßig auf Deutsch oder zweisprachig (deutsch/englisch) abgefasst ist.

Da der Anteilskaufvertrag eine komplexe und spezialisierte Beratungsmaterie darstellt, die für den Mandanten große wirtschaftliche Bedeutung hat, sollte der Anteilskaufvertrag durch einen in Unternehmensnachfolgen erfahrenen Rechtsanwalt erstellt und verhandelt werden. Daneben sollte eine transaktionserfahrener Steuerberater von Anfang an in den Verkaufsprozess einbezogen werden.

II. Anteilskaufvertrag

Beim Anteilskaufvertrag handelt es sich um einen bürgerlichrechtlichen Kaufvertrag im Sinne der §§ 433 ff. BGB. Dabei werden die bürgerlichrechtlichen Vorschriften in vielerlei Hinsicht vertraglich modifiziert. Zudem muss der Anteilskaufvertrag die Vorgaben weiterer einschlägiger Rechtsgebiete abbilden: Gesellschaftsrecht, Kartellrecht, Steuerrecht etc.

Wenn die Parteien zuvor einen Letter of Intent (LOI) abgeschlossen haben (siehe hierzu diesen Rechtstipp), enthält dieser in der Regel bereits eine Reihe von wirtschaftlichen Eckpunkten, die im Anteilskaufvertrag berücksichtigt werden müssen.

Zudem müssen die Ergebnisse einer durchgeführten Unternehmensprüfung (Due Diligence - DD) im Anteilskaufvertrag abgebildet und während der Due Diligence identifizierte Risiken durch vertragliche Regelung adressiert werden, z.B. durch Vollzugshandlungen, Vollzugsbedingungen, Freistellungen, Garantien etc.

Die folgenden Punkte sollen einen kurzen Überblick über einige der wichtigen Regelungsmaterien in einem Anteilskaufvertrag geben:

1. Vertragsparteien

Verkäufer ist der Gesellschafter bzw. die Gesellschafter der Zielgesellschaft.

Käufer kann eine natürliche Person sein, aus haftungs- und steuerrechtlichen Gründen kann es jedoch Sinn machen, dass die Anteile durch eine Gesellschaft gekauft werden.

Ggf. stellt der Käufer einen Garantiegeber für die Zahlung des Kaufpreises, der in diesem Fall auch Vertragspartei wird.

Mitunter kann es vorkommen, dass die Zielgesellschaft selbst Handlungen vornehmen oder Erklärungen abgeben muss und aus diesem Grund ebenfalls Vertragspartei wird.

2. Kaufobjekt

Kaufobjekt sind primär die Gesellschaftsanteile an der Zielgesellschaft. Diese Gesellschaftsanteile sollten genau beschrieben werden. Zudem sollte festgelegt werden, wann die Gewinnberechtigung aus den Anteilen auf den Käufer übergeht.

Daneben kommen weitere mögliche Kaufobjekte hinzu, insbesondere Gesellschafterdarlehen. Die Übernahme von Gesellschafterdarlehen durch den Käufer stellt ein besonderes insolvenzrechtliches Risiko für den Verkäufer dar, das vertraglich berücksichtigt werden sollte.

Da der Anteilskauf zu einer Gesamtrechtsnachfolge hinsichtlich sämtlicher in der Gesellschaft vorhandenen Aktiva und Passiva sowie Mitarbeiter und Verträge führt, bedarf es über die Abtretung der Gesellschaftsanteile (und Gesellschafterdarlehen) hinaus grundsätzlich keiner weiteren Übertragungsakte.

3. Vollzug des Kaufvertrags

Bei kleineren Unternehmensnachfolgen wird der Anteilskaufvertrag häufig am Tag der Unterzeichnung (Signing) durch Abtretung der Anteile und Zahlung des Kaufpreises vollzogen (Closing).

Bei größeren Transaktionen ist es regelmäßig erforderlich, Unterzeichnung und Vollzug in zwei separate Schritte aufzuteilen, da nach dem Signing bestimmte Ereignisse eintreten müssen oder nicht eintreten dürfen, bevor das Closing erfolgen kann. Diese Ereignisse werden Vollzugsbedingungen (Closing Conditions) genannt und umfassen z.B. eine kartellrechtliche Freigabe, Gremienzustimmungen etc.

Für die Zeit zwischen Signing und Closing (Interim Period) werden dem Verkäufer bestimmte Verhaltenspflichten (Covenants) auferlegt, die verhindern sollen, dass der Verkäufer das Unternehmen in einer für den Käufer nachteiligen Weise fortführt.

Sobald sämtliche Vollzugsbedingungen vorliegen oder auf deren Eintritt verzichtet worden ist, kann das Closing durchgeführt werden. Der Eintritt der Vollzugsbedingungen und die beim Closing vorzunehmenden Handlungen können in einem Closing Memorandum dokumentiert werden.

Für den Fall, dass die Transaktion scheitert, können die Parteien die Zahlung einer Vertragsstrafe (Break-up Fee) vereinbaren.

4. Kaufpreis

Hinsichtlich der Kaufpreisgestaltung herrschen zwei unterschiedliche Verfahren vor:

  1. Locked Box: Der Kaufpreis wird auf Grundlage der letzten verfügbaren Abschlüsse ermittelt und als fester Betrag beim Vollzug des Anteilskaufvertrags durch den Käufer gezahlt. Diese Variante ist schlanker und verursacht weniger Kosten. Der Käufer sollte sich jedoch in diesem Fall durch Aufnahme von Leakage-Bestimmungen davor schützen, dass der Verkäufer die Gesellschaft vor dem Vollzug "plündert".
  2. Closing Accounts: In diesem Fall enthält der Anteilskaufvertrag zunächst nur einen Unternehmenswert (Enterprise Value). Der endgültige Kaufpreis (Equity Value) wird erst bei Vollzug durch Aufstellen eines Zwischenabschlusses (Closing Accounts) bestimmt. Die Überleitung vom vorläufigen zum endgültigen Kaufpreis erfolgt durch eine im Anteilskaufvertrag geregelte Überleitungsrechnung (Equity Bridge). Am Vollzugstag wird zunächst ein vorläufiger Kaufpreis gezahlt und die Differenz zum endgültigen Kaufpreis nach Aufstellung der Closing Accounts ausgeglichen. Dieses Vorgehen ist genauer, jedoch kosten- und verhandlungsintensiver.

Daneben kann auch ein Teil des Kaufpreises erfolgsbasiert sein - sog. Earn Out. Der Earn Out ist ein variabler Bestandteil des Kaufpreises, der erst bei Erreichen bestimmter Milestones (z.B. EBIT-Targets) ausgezahlt wird. Der Earn Out kann helfen, unterschiedliche Vorstellungen über den Kaufpreis zu überbrücken. Allerdings trägt in diesem Fall der Verkäufer das Risiko von Manipulationsmöglichkeiten durch den Käufer, gegen die er sich vertraglich absichern sollte.

5. Garantien & Freistellungen

Da die kaufrechtlichen Gewährleistungsvorschriften der §§ 434 ff. BGB unpassend für eine Unternehmensnachfolge sind, enthält der Anteilskaufvertrag ein eigenständiges umfassendes Gewährleistungsregelwerk. Die gesetzliche Gewährleistung wird ausgeschlossen.

Kernstück dieses Regelungswerks sind Garantien (Warranties) und Freistellungen (Indemnities). Mit Hilfe von diesen versucht der Käufer, sich gegen potenzielle oder im Rahmen der Due Diligence erkannte Risiken abzusichern.

Garantien stellen den größeren Teil der Gewährleistung dar. Bei diesen Garantien handelt es sich um selbständige Garantieversprechen im Sinne von § 311 Abs. 1 BGB, durch welche insbesondere der Verkäufer versichert, dass die in den Garantien getätigten Aussagen zum Zeitpunkt des Signing und/oder Closing objektiv bzw. nach Kenntnis des Verkäufers zutreffend sind. Hierzu zählen bspw. das Eigentum an den verkauften Anteilen, die ordnungsgemäße Aufstellung der Bilanz, Nichtvorliegen von Rechtsstreitigkeiten etc.

Freistellungen werden typischerweise dann vereinbart, wenn ein bestimmtes Risiko bereits bekannt ist und mit dessen Eintritt gerechnet werden kann. z.B. identifizierte Umweltrisiken.

6. Rechtsfolgen bei Vertragsverletzungen

Der Anteilskaufvertrag regelt ebenso eigenständig die Rechtsfolgen im Fall von Vertragsverletzungen, insbesondere bei der Verletzung von Verkäufergarantien. Hierbei wird der Verkäufer versuchen, seine Haftung möglichst zu beschränken.

Bei Verletzung einer Garantie schuldet der Verkäufer Schadensersatz. Dies bedeutet zunächst Wiederherstellung des ursprünglich geschuldeten Zustands (Naturalrestitution). Ist dies nicht möglich oder gewollt, hat der Verkäufer den Käufer in Geld zu entschädigen.

Geregelt werden kann, dass bestimmte Schadensarten nicht ersatzfähig sind, bspw. unmittelbar entstandener Schaden, nicht jedoch Folgeschäden und entgangener Gewinn.

Üblich sind Klauseln, wonach Ersatzansprüche ausgeschlossen sind, wenn der Käufer die anspruchsbegründenden Umstände kannte oder kennen musste. Eine wichtige Frage in diesem Zusammenhang ist, ob der Inhalt des Datenraums dem Käufer als bekannt gilt.

Ein weiterer wichtiger Regelungskomplex betrifft die Schadenshöhe:

  1. De Minimis: Bagatellschäden unter einer bestimmten Euro-Grenze sind generell nicht ersatzfähig.
  2. Basket: Haftungsschwelle, wonach Ersatzansprüche erst dann geltend gemacht werden können, wenn die Gesamtsumme sämtlicher Ansprüche eine bestimmte Grenze überschreitet.
  3. Cap: Haftungshöchstgrenze, die grundsätzlich nicht überschritten wird.

Gebräuchlich sind ferner Regelungen zur Verjährung der Ersatzansprüche.

Zur Sicherung möglicher Ansprüche des Käufers gegen den Verkäufer aus Garantien oder Freistellungen kann vereinbart werden, dass der Käufer einen bestimmten Anteil vom Kaufpreis einbehält (Kaufpreiseinbehalt) oder dieser Anteil auf ein Treuhandkonto überwiesen und bei Eintritt zuvor definierter Bedingungen ausgezahlt wird (Escrow). Zur Absicherung des Zahlungsrisikos aus Garantien und Freistellungen kann der Verkäufer alternativ auch eine Bankbürgschaft stellen oder es wird eine W&I-Versicherung abgeschlossen (W&I = Warranty & Indemnity).

7. Form

Werden GmbH-Geschäftsanteile verkauft, muss der Anteilskaufvertrag notariell beurkundet werden. Im Fall von Anteilen an Personengesellschaften und Aktien bedarf der Anteilskaufvertrag keiner besonderen Form, jedoch sollte er zu Dokumentationszwecken schriftlich abgeschlossen werden.

III. Fazit

Der Anteilskaufvertrag stellt das zentrale Dokument einer Unternehmensnachfolge dar, in dem die wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen des Unternehmensverkaufs geregelt werden. 

Der Anteilskaufvertrag sollte aufgrund seiner Komplexität und wirtschaftlichen Bedeutung im Interesse des Mandanten nur durch einen spezialisierten Rechtsanwalt erstellt und verhandelt werden.

In der Praxis ist es ein verhandlungstechnischer Vorteil, wenn der eigene Mandant den ersten Entwurf erstellt und somit seine Vorstellungen zur Grundlage für die Verhandlungen macht.


Ich berate Sie gerne bei der Prüfung oder Erstellung eines Anteilskaufvertrags.

Mit besten Grüßen, RA Dr. Rainer Freudenberg, LL.M.

Foto(s): Freudenberg Law


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