Strafbarkeit wegen Volksverhetzung durch Weiterleiten von Memes im Internet?

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In unser heutigen Zeit, in der ein Alltag ohne digitale Medien und soziale Netzwerke nicht mehr hinwegzudenken ist, kann beim Posten bzw. Weiterleiten von kritischen oder satirischen Memes dennoch schnell die Gefahr bestehen, sich zum Beispiel wegen Volksverhetzung gemäß § 130 Strafgesetzbuch (StGB) strafbar zu machen. Doch wann überschreitet man diese Strafbarkeitsgrenzen? Was ist noch vom Schutzbereich der Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Grundgesetz (GG) umfasst? Nach welchen Kriterien wird hierbei bewertet? 

Allein wegen der Digitalisierung sowie der alltäglichen Nutzung des Internets durch Milliarden von Menschen nimmt nicht nur die Cyberkriminalität im Allgemeinen, sondern auch der Hass im Netz im Speziellen deutlich zu. Die Art und Weise der Kundgebung verbotener Inhalte ist dabei unerheblich. Auch die Frage, ob es sich bei den jeweils verbreiteten Inhalten nun um Textbeiträge in Form von Memes, Abbildungen, Fotos oder Videos handelt, ist für die Bejahung der Strafbarkeit wegen Volksverhetzung letztlich nicht von Bedeutung – diese wird von den Gerichten angenommen. 


Wann ist ein Meme volksverhetzend? 

Wann ein verbreiteter Inhalt als volksverhetzend eingeordnet wird, hängt sehr stark vom Einzelfall ab. Es ist schlicht nicht möglich, pauschal festzulegen, welche Art von Meme oder Video nun volksverhetzend einzuordnen ist und welche nicht. In jedem Einzelfall muss daher das entsprechende Foto o.ä. anhand der Kriterien bewertet werden, die für die Strafbarkeit wegen Volksverhetzung gelten.


Wie hoch ist die Strafe von Volksverhetzung?

Die Strafe für § 130 Abs. 2 und 6 StGB beträgt jeweils Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.


Wann kann eine Strafe wegen Volksverhetzung durch das Posten oder Weiterleiten von Memes drohen?

§ 130 Abs. 2 Nr.1 StGB stellt das Verbreiten bestimmter „Inhalte“ oder dessen Zugänglichmachen an die Öffentlichkeit unter Strafe, wenn der Inhalt

  • „zum Hass gegen eine [in § 130 Abs.1 StGB] bezeichnete Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer in Absatz 1 Nummer 1 bezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung aufstachelt,
  • zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen in Buchstabe a genannte Personen oder Personenmehrheiten auffordert oder
  • die Menschenwürde von [bestimmten] genannten Personen oder Personenmehrheiten dadurch angreift, dass diese beschimpft, böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet werden“.

(§ 130 Abs. 2 Nr. 1 StGB)


Was ist mit „Inhalt“ im Sinne der Volksverhetzung gemeint?

Volksverhetzende „Inhalte“ sind gemäß § 11 Abs. 3 StGB solche, die in Schriften, auf Ton- oder Bildträgern, in Datenspeichern, Abbildungen oder anderen Verkörperungen enthalten sind oder auch unabhängig von einer Speicherung mittels Informations- oder Kommunikationstechnik übertragen werden. Darunter fallen also alle Memes in Form von Fotos und Videos (soweit sie dann auch einen volksverhetzenden Inhalt haben).


Was bedeutet „Verbreiten“ volksverhetzender Inhalte?

Verbreiten bedeutet die Weitergabe eines verkörperten oder nicht verkörperten Inhalts, die darauf abzielt, diesen einen größeren Personenkreis zugänglich zu machen, der nach Zahl und Individualität für den Täter nicht mehr kontrollierbar ist. Auch die einzelne Weitergabe reicht hierbei aus, wenn die Gefahr einer Kettenverbreitung besteht. 

Das bedeutet, dass das Weiterleiten eines Memes dann als „Verbreiten“ gilt, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Empfänger das Meme seinerseits wieder einem größeren Personenkreis zugänglich macht. Diese Gefahr kann in der Regel im Internet nicht ausgeschlossen werden, sodass das Verbreiten bei Weiterleiten von Memes grundsätzlich angenommen werden kann. 


Wann mache ich einen Inhalt der Öffentlichkeit zugänglich?

Ein Inhalt wird dann zugänglich gemacht, wenn einem anderen die Möglichkeit eröffnet wird, sich durch sinnliche Wahrnehmung Kenntnis von dem Inhalt zu verschaffen, wobei dies gegenüber der Öffentlichkeit erfolgen muss. Leitet man ein Meme nur an eine einzelne Personen weiter, so macht man dessen Inhalt nicht der Öffentlichkeit zugänglich. Anders könnte es sich bereits beim Weiterleiten eines Memes in eine WhatsApp-Gruppe mit vielen Mitgliedern verhalten. Je nach Anzahl der Mitglieder in dieser Gruppe kann die Öffentlichkeit jedenfalls nicht ausgeschlossen werden. Beim Posten von Memes auf Social Media, z.B. auf seinem Facebook-Profil, wird der Inhalt der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, insbesondere bei öffentlichen Profilen, die jedermann einsehen kann.


Wann wird zum Hass aufgestachelt?

Zum Hass stachelt man auf bei einer auf die Gefühle des Adressaten abzielenden, über bloße Äußerung von Ablehnung und Verachtung hinausgehende Form des Anreizens zu einer feindseligen Haltung. Das bedeutet, die Schwelle zur allgemeinen Unhöflichkeit muss deutlich überschritten sein und gezielt negative Gefühle sowie Feinseligkeit hervorrufen. Nicht ausreichend ist hingegen die bloße Befürwortung von Übergriffen.


Beispielsweise stachelt man mit folgenden Äußerungen zum Hass auf:

  • Behauptung, dass Juden die finanzielle Ausbeutung des deutschen Volkes betrieben
  • Darstellung von Asylbewerbern als betrügerische Schmarotzer oder als „Sozialparasiten“
  • Anbringen von Aufklebern „Kauft nicht bei Juden“
  • „Enthüllungen“ über angebliche „Verschwörungen“ gegen das deutsche Volk, gegen die man sich wehren müsse
  • Äußerung, Ausländer solle man „vergasen wie die Juden“

Der Inhalt des Memes muss sich gegen bestimmte Personengruppen richten. Dies sind insbesondere nationale, rassische, religiöse und ethnische Gruppen, die Teile der Bevölkerung sind.


Wann fordere ich zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen auf?

Teilweise fließend ist der Übergang zur Handlungsalternative der Aufforderung zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen – es kann also sein, dass gleichzeitig beide Alternativen durch nur eine Handlung erfüllt sind. Auch hier ist ein gewisser Appellcharakter durch den Auffordernden notwendig; das „bloße“ Befürworten reicht nicht aus. Es genügt, wenn der Auffordernde will, dass die Aufforderung ernst genommen wird. Die Gewaltmaßnahmen können sich sowohl gegen Personen als auch Sachen richten. Die Willkürmaßnahmen müssen rechtswidrig und diskriminierend sowie auf Schädigung oder Benachteiligung abzielen. Auch private Unterdrückungsmaßnahmen wie z.B. Verfolgungen, diskriminierende Ausschluss von Veranstaltungen, Vereinen o.ä. können hierunter fallen.


Wann wird durch ein Meme die Menschenwürde der Personengruppen angegriffen?

Vermeintlich hat jedermann das Recht auf Meinungsfreiheit. Richtig ist, dass dieses Verfassungsrecht (Art. 5 Abs. 1 GG) die freie Meinungsbildung sowie -äußerung eines jeden grundsätzlich sehr stark schützt. Allerdings ist die Meinungsfreiheit ausnahmsweise mit dem Rechtsgut der Menschenwürde nicht abwägungsfähig, da die Würde eines Menschen gemäß Art. 1 Abs. 1 S. 1 GG unantastbar ist. Das heißt, dass kein Angriff auf die Menschenwürde einer Person durch die Meinungsfreiheit gerechtfertigt werden kann.

Doch wann liegt ein solcher Angriff vor? Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Angriff auf die Menschenwürde stets gegeben, wenn der Täter sich mit der NS-Rassenideologie identifiziert oder wenn die Äußerung damit in (affirmativem) Zusammenhang steht. Zudem genügt es, wenn das Recht des Angegriffenen bestritten wird, als gleichwertige Persönlichkeiten in der staatlichen Gemeinschaft zu leben. Dies ist unzweifelhaft gegeben, wenn Angehörigen bestimmter Bevölkerungsgruppen 

  • mit Tieren gleichgesetzt werden
  • oder als „Dreck“, „Unrat“, „Ungeziefer“ usw. geschäht werden.


Strafbarkeit wegen Volksverhetzung durch Billigung, Leugnen oder Verharmlosen des Holocausts

Hohe praktische Bedeutung hat auch das Weiterleiten von Memes, welche den Holocaust an sich billigen, leugnen oder verharmlosen. Dafür macht man sich nach § 130 Abs. 3 i.V.m. Abs. 6 StGB strafbar, was mit einer Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder mit Geldstrafe bestraft wird.


Wann wird der Holocaust gebilligt?

Für die Billigung des Holocausts ist es nicht notwendig, dass man diese in Form von vorbehaltloser Zustimmung äußert. Hierfür genügt bereits die Darstellung als „bedauerlich, aber unvermeidlich“. Auch das Zeigen der Tätowierung, die ein Bauwerk eines NS-Vernichtungslagers sowie die Parole „Jedem das Seine“ darstellt, erfüllt diese Voraussetzung und können eine Strafe wegen Volksverhetzung nach sich ziehen.


Wann wird der Holocaust geleugnet?

Leugnen bedeutet das wahrheitswidrige Bestreiten von der offenkundigen Tatsache des Völkermords als Ganzem; Äußerungen von Zweifeln reichen hingegen nicht aus. Behauptet man also, dass der NS-Völkermord eine „Erfindung“ oder „Lügengeschichte“ sei, um zu erpressen, so erfüllt man die Voraussetzung des Leugnens – in dem Fall handelt es sich um das sogenannte „qualifizierte Auschwitz-Leugnen“. Aber auch das bloße Bestreiten, dass diese Handlungen nicht begangen worden oder nicht bewiesen seien, reicht für eine Strafbarkeit aus.


Wann wird der Holocaust verharmlost?

Verharmlosen ist das Bagatellisieren von tatsächlich begangen Taten des Völkermords. Es wird in der Regel darin bestehen, dass die Gewalt in dem konkreten Zusammenhang zu Unrecht als akzeptable oder wenigstens nicht verwerfliche Möglichkeit der Konfliktlösung hingestellt wird. So reicht die öffentliche Verwendung eines „Judensterns“ unter Ersetzung des Worts „Jude“ durch die Wörter „nicht geimpft“, „AfD Wähler“, „SUV Fahrer“ und „Islamophob“ in der Regel aus. Denn der Verwender zieht hier einen Vergleich zwischen seinem offensichtlich banalen Schicksal mit dem der Juden während der NS-Zeit, die einer Massenvernichtung entgegen sahen. Durch diesen Vergleich wird deren Schicksal bagatellisiert


So hat beispielsweise ein in Umlauf geratenes Meme mit den Äußerungen folgenden Inhalt: 

„DER NAZI VON HEUTE IST NICHT BRAUN SONDERN GRÜN!!!“, dem Reichsadler auf einem Kreis sitzend sowie dem Schrieb: „Grünes Reich“, „SEIN HOLOCAUST IST DER MORD AM EIGENEN VOLK“ 

Aus den oben genannten Gründen liegt hier ein Verharmlosen des Holocausts vor. 


Hinsichtlich des unbedachten Weiterleitens oder Posten von Memes sollte man immer vorsichtig sein. Wenn man sich nicht sicher, ob der Inhalt des Memes als volksverhetzend angesehen wird, ist es im Zweifel ratsam, das Posten oder Weiterleiten eines solchen zu unterlassen oder sich zuvor anwaltlichen Rat einzuholen. Auf diese Weise ist man auf der sicheren Seite.

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