Politische Debatten im Internet und Volksverhetzung

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Unter dem Motto "Nein zu Hass und Hetze" findet nicht nur ein gesellschaftlicher Kampf gegen Andersdenkende, sondern ganz klar auch eine juristische und strafrechtliche Verfolgung statt. Rechtsanwalt Mandic hat sich speziell dieses Themas angenommen, weil er früh erkannte, dass der Volksverhetzungsparagraph von seinem einstigen Schattendasein als Mittel zur Bekämpfung von Holocaustleugnern und Neonazis bald schon zur Allzweckwaffe im Kampf der Regierung gegen frei und kritisch denkende Bürger avancieren würde. 


Schon bei der Kritik an den Folgen der Masseneinwanderung stellte ich in meiner Praxis fest, dass die Beschuldigten einer Volksverhetzung sich aus der Mitte der Bevölkerung rekrutierten und nicht etwa nur politisch aktive Bürger betroffen waren. Betroffen sind oft auch ältere Menschen, die die schnelle Wandlung des Zeitgeistes nicht nachvollziehen können und dementsprechend regelrecht "in die Falle tappen". 


Viele Bürger beteiligen sich unter Online-Zeitungsartikeln oder in Facebookgruppen an Debatten zum Zustand unseres Landes oder an solchen, die bestimmte Politikfelder und Maßnahmen der Bundesregierung in den Fokus nehmen. Sie sind sich dabei oft nicht bewusst, dass es inzwischen zahlreiche Initiativen und Gruppen gibt, die aktiv danach Ausschau halten, welche Äußerung strafrechtlich relevant sein könnte. Jede auch nur im Ansatz strafrechtlich vielleicht bedenkliche Äußerung wird der Polizei gemeldet. Viele Länder unterhalten mittlerweile auch Sonderdezernate, die nichts anderes machen als Bürger wegen ihrer abweichenden Meinung strafrechtlich zu verfolgen. In diesem Zusammenhang muss auch darauf hingewiesen werden, dass die Staatsanwaltschaft eine hierarchisch organisierte Behörde ist, bei der das Weisungsrecht gilt. Es ist nicht so, dass dort nur unabhängig Recht angewandt wird. Jeder Vorgesetzte kann etwa jederzeit unter ihm stehende Staatsanwälte dazu anweisen, Ermittlungen aufzunehmen oder eben einzustellen.  Die Staatsanwaltschaft (StA) in Deutschland ist eine weisungsgebundene Behörde, die für die Strafverfolgung und -vollstreckung zuständig und als solche ein Teil der Exekutive ist. Sie ist in der Behörden- und Ministerialhierarchie letztlich weisungsabhängig vom Justizminister. 

Der Deutsche Richterbund erklärt in einer Stellungnahme zu einem Reformvorhaben:

"In seiner Entscheidung vom 19. März 1959 hat das Bundesverfassungsgericht ausgeführt, dass die Staatsanwaltschaft nicht nur wie jede Verwaltungsbehörde an Gesetz und Recht gebunden ist (Artikel 20 Abs. 3 GG). Vielmehr erfüllt sie, organisch eingegliedert in die Justiz, gemeinsam mit dem Gericht die Aufgabe der „Justizgewährung“ auf dem Gebiet des Strafrechts. Diese Aufgabe hat das Bundesverfassungsgericht in einer Entscheidung aus dem Jahr 2015 wie folgt näher beschrieben:

Mit ihrer Verpflichtung zur Objektivität (§ 160 Abs. 2 StPO) ist sie Garantin für Rechtsstaatlichkeit und gesetzmäßige Verfahrensabläufe; als Vertreterin der Anklage gewährleistet sie eine effektive Strafrechtspflege. […] In ihrer Rolle als „Wächterin des Gesetzes“ obliegt ihr die Wahrung der verfassungsrechtlichen Vorgaben an den Strafprozess“.

Dieses Verständnis beschränkt die Weisungsbefugnis der Vorgesetzten (§ 146 GVG) und das den Landes- und der Bundesjustizverwaltung zustehende „Recht der Aufsicht und Leitung“ in § 147 GVG, andere als „justizgemäße“ Einflüsse auf die Entschließung der Staatsanwaltschaft auszuüben. Gleichwohl haben nicht zuletzt die Ermittlungen im Zusammenhang mit „netzpolitik.org“ Anlass zur Diskussion geboten, ob das externe Einzelweisungsrecht, also die Sachleitungsbefugnis der obersten Bundes- und Landesbehörden, nicht doch zur Wahrnehmung justizfremder Interessen missbraucht werden kann. Aus Sicht des DRB ist bereits diese öffentliche Debatte geeignet, das Vertrauen der Bevölkerung in die Strafverfolgungsbehörden und damit den Rechtsstaat insgesamt zu beschädigen."

Nicht jedes Ermittlungsverfahren wegen Volksverhetzung ist politisch motiviert und sicherlich gibt es externe Weisungen eher nur in Ausnahmefällen. Allerdings bestehen Rahmenvorgaben von Seiten der Generalstaatsanwaltschaft wie Volksverhetzungsverfahren zu führen sind. Auffällig ist etwa die Äußerung einer Staatsanwältin, bei Volksverhetzung komme eine Einstellung nach § 153a StGB - also gegen Auflagen - grundsätzlich nicht in Betracht. Nach dieser Vorschrift werden in Deutschland sehr sehr viele Verfahren ganz gewöhnlicher Kriminalität eingestellt. Volksverhetzungsverfahren werden aufgrund ihrer politischen Dimension mit besonderer Härte geführt und ein Freispruch wird oft erst letztinstanzlich oder beim Bundesverfassungsgericht erstritten.

Informieren Sie sich auf meiner Seite https://www.meinungsfreiheit-anwalt.de/ zu den Besonderheiten solcher Verfahren und verfolgen Sie meinen Blog, wo ich aktuelle Urteile und Neuentwicklungen diskutiere.






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