Tranparenzregister: Wer ist wirtschaftlich Berechtigter in einem Stimmrechtspool?

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Die Mitteilungspflicht zum Transparenzregister besteht vor allem für juristische         Personen des Privatrechts und eingetragene Personenhandelsgesellschaften. Dabei ist jeweils ein wirtschaftlich Berechtigter aus jeder Gesellschaft festzustellen. Dieser ist gemäß § 3 GwG bei juristischen Personen und sonstigen Gesellschaften jede natürliche Person, die unmittelbar oder mittelbar mehr als 25% der Kapitalanteile hält, mehr als 25% der Stimmrechte kontrolliert oder auf vergleichbare Weise Kontrolle ausübt. Was jedoch gilt bei Stimmrechtsvereinbarungen? Und was passiert, wenn kein wirtschaftlich Berechtigter ermittelt werden kann?

Eine Stimmbindungsvereinbarung kann grundsätzlich eine Mitteilungspflicht zum Transparenzregister nach § 20 I GwG auslösen, wenn von der Vereinbarung mehr als 25% der Stimmrechte betroffen sind und hierdurch ein oder mehrere Poolmitglieder als wirtschaftlich Berechtigte einer Vereinigung zu qualifizieren wären. Dafür müsste der Stimmrechtspool eine Kontrolle nach § 3 II Nr. 2 oder Nr. 3 GwG vermitteln [Schaub, DStR 2018, 873].

Bezugspunkt der Mitteilungspflicht ist nicht die Stimmenpool-GbR als solche. Die GbR ist mangels registermäßiger Erfassung keine mitteilungspflichtige Einheit im Sinne des GwG. Mitteilungspflichtig ist die Gesellschaft, auf die sich die Stimmbindungsvereinbarung bezieht. Betroffen sind die Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung der mitteilungspflichtigen Vereinigung [Schaub, DStR 2018, 873].

In der Literatur herrscht Einigkeit darüber, dass eine wechselseitige Zurechnung von Stimmrechten nur in Betracht kommt, wenn zwei Parteien über einen gleich großen Anteil am Stimmrechtspool verfügen. Etwas anderes gilt dann, wenn eine Partei den Stimmrechtspool dominiert, denn dann soll nur diese als wirtschaftlich Berechtigte gelten [Assmann/Hütten AG 2017, 449 (453 f.)] (siehe auch: FAQ zur Auslegung von Zweifelsfragen im Zusammenhang mit dem Transparenzregister).

Jedoch ist gerade eine formelle Stimmrechtsmehrheit nicht zwingend erforderlich. Es wäre auch möglich, dass eine ,,wesentliche Minderheitsbeteiligung‘‘ von weniger als 50% besteht, welche aber gegenüber den geringer beteiligten Gesellschaftern eine beherrschungsäquivalente Position vermitteln kann [Kaetzler in Zenter/Glaab GwG, 2. Aufl. 2020, § 3 GwG, Rn. 58].

Für das Bestehen eines beherrschenden Einflusses in der Vereinigung wird gem. § 3 GwG § 290 II-IV HGB entsprechend angewendet. § 290 HGB beinhaltet die Voraussetzungen für die Pflicht zur Konzernrechnungslegung einer Kapitalgesellschaft sowie die Vorgabe der Aufstellungspflicht des Konzernabschlusses (§ 290 I HGB). § 290 II HGB bestimmt, wann ein beherrschender Einfluss eines Mutterunternehmens besteht. Ein solcher ist dann anzunehmen, wenn dem Mutterunternehmen bei einem anderen Unternehmen die Mehrheit der Stimmrechte der Gesellschafter zusteht bzw. bei einem anderen Unternehmen da Recht zusteht, die Mehrheit der Mitglieder des die Finanz- und Geschäftspolitik bestimmenden Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans zu bestellen oder abzuberufen, und es gleichzeitig Gesellschafter ist. Soweit sich die Beherrschung nicht aus anderen Gründen ergibt, indiziert also regelmäßig das Halten von mehr als 50% der Kapital- oder Stimmrechtsanteile eine beherrschende Stellung. Insoweit kann bei der Abklärung des wirtschaftlich Berechtigten im Rahmen mehrstufiger Beteiligung auf den handelsrechtlichen Kontrollbegriff des § 290 II- IV HGB entsprechend zurückgegriffen werden [Herzog/Figura, GwG § 3, 4.Aufl. 2020, Rn. 10].

Kann bei keinem Poolmitglied eine beherrschende Stellung auf den Pool ermittelt werden, existiert allein aufgrund der Stimmbindungsvereinbarung auch kein tatsächlich wirtschaftlich Berechtigter in Bezug auf die mitteilungspflichtige Vereinigung, da keine natürliche Person in diesem Fall mehr als 25% der Stimmrechte kontrolliert (§ 3 II S. 1 Nr. 2 GwG) oder auf vergleichbare Weise Kontrolle ausübt [Weipert (Fn. 6), § 34, Rn. 45 ff.]. Eine positive Einflussnahme auf die Begründung einer Geschäftsbeziehung kann dann kein einzelnes Poolmitglied ausüben. Sofern sämtliche Poolmitglieder im Fall der Einstimmigkeit nur gemeinsam über die Stimmrechte verfügen können, ist mit Blick auf die Wertungen des § 290 III S. 2 HGB keine Zurechnung der Stimmen angezeigt. Sofern die Stimmbindungsgemeinschaft durch einen gemeinsamen Bevollmächtigten bei der Ausübung der Stimmrechte vertreten wird, ist der Bevollmächtigte nicht als wirtschaftlich Berechtigter zu qualifizieren, wenn dieser nach Weisung handeln muss.

Kann nach eingehender Durchführung umfassender Prüfungen von der meldepflichtigen Vereinigung nach § 20 I GwG kein wirtschaftlich Berechtigter ermittelt werden, gilt als wirtschaftlich Berechtigter der gesetzliche Vertreter, der geschäftsführende Gesellschafter oder der Partner des Vertragspartners (§ 3 II S. 5 GwG) [Herzog/Figura, Rn. 14].

Fazit

Schlussendlich bedeutet dies, dass eine Gesellschaft, die zum Transparenzregister mitteilungspflichtig ist, in der jedoch ein Stimmrechtspool über 25% der Stimmen besitzt, eine Abwägung treffen muss, wen sie als wirtschaftlich Berechtigten im Sinne des § 3 GwG eintragen lässt. Vorzugswürdig ist jedoch der Meinung zu folgen, den § 290 HGB anzuwenden und denjenigen als wirtschaftlich Berechtigten zu behandeln, der die meisten Stimmrechte innerhalb des Pools besitzt, denn eine Kontrolle ergibt sich automatisch auch aus der Stimmrechtslage, d.h. je größer die Stimmanteile, desto mehr Kontrolle kann ausgeübt werden. Eine faktische Kontrollstellung wird allerdings oftmals schwierig sein zu ermitteln, wenn viele Stimmrechtspool-Mitglieder gleichgewichtig agieren, dies mit der Folge, dass eine maßgebliche Kontrolle  keines der  Mitglied hat.

Ayten Melikli, Anwaltsbüro Dr. Grund, Grund, Räuchle, Besazza-Sulser & Laubis, Freiburg im Breisgau



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