Unfaire Vertragsstrafenklauseln in Bauverträgen sind unwirksam (BGH 15.02.24)

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Die Klägerin wurde beauftragt, insgesamt 1.583 Haushalte mit Glasfaserkabeln zu erschließen. Dies erfolgte auf der Grundlage eines Einheitspreisvertrags, der sowohl die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) als auch Besondere Vertragsbedingungen (BVB-VOB) einschloss. Nach Abschluss der Arbeiten stellte die Klägerin eine Schlussrechnung über insgesamt 5.126.412,10 Euro netto, was 6.100.430,40 Euro brutto entspricht, inklusive der Kosten für Nachtragsleistungen.
Von der gesamten Rechnungssumme zog die Beklagte jedoch einen Betrag von 284.013,78 Euro ab. Dieser Abzug wurde mit der Geltendmachung einer Vertragsstrafe begründet, welche auf einer spezifischen Regelung innerhalb der vereinbarten BVB-VOB basiert. Laut dieser Regelung ist bei Überschreitung bestimmter Fristen eine Vertragsstrafe von 0,2 % der ursprünglich vereinbarten Auftragssumme ohne Umsatzsteuer für jeden Werktag des Verzugs zu entrichten. Des Weiteren wurde festgelegt, dass die Gesamthöhe der Vertragsstrafe auf maximal 5 % der Auftragssumme begrenzt ist. Zudem sollen Vertragsstrafen, die aufgrund der Nichteinhaltung von Zwischenterminen anfallen, auf eine durch Verzögerungen bei der Fertigstellung entstehende Vertragsstrafe angerechnet werden.
Diese Regelungen führten zu einem Streit zwischen den Parteien über den abgezogenen Betrag von 284.013,78 Euro als Vertragsstrafe. Der Bundesgerichtshof (BGH) befasste sich mit dieser Angelegenheit und kam zu dem Schluss, dass die betreffende Vertragsstrafenklausel als Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne des § 305 Abs. 1 BGB zu betrachten und aufgrund einer unangemessenen Benachteiligung des Auftragnehmers unwirksam ist.
Die Klausel knüpft die Vertragsstrafe explizit an die vor Auftragsbeginn vereinbarte Netto-Auftragssumme an. Der BGH hat festgestellt, dass eine solche Regelung den Auftragnehmer in einer Weise belastet, die mit den Grundsätzen von Treu und Glauben nicht vereinbar ist. Insbesondere kann bei Einheitspreisverträgen, bei denen sich die endgültige Abrechnungssumme nach dem tatsächlichen Verbrauch richtet, eine nachträgliche Anpassung des Auftragsvolumens dazu führen, dass die Strafzahlung 5 % des Vergütungsanspruchs des Auftragnehmers übersteigt. Dies stellt eine unangemessene Benachteiligung dar, die zur Unwirksamkeit der Klausel führt.
Die Entscheidung des BGH hat weitreichende Konsequenzen für bereits abgeschlossene und laufende Bauverträge. In vielen Fällen werden Auftraggeber die vereinbarten Vertragsstrafen nicht durchsetzen können. Wichtig ist hierbei, dass es bei Unwirksamkeit einer solchen Klausel keine Möglichkeit gibt, diese auf ein zulässiges Maß zu reduzieren. Vielmehr entfällt der Anspruch auf die Vertragsstrafe vollständig.
Das Urteil unterstreicht die Bedeutung einer sorgfältigen Formulierung von Vertragsstrafenklauseln. Insbesondere Architekten und Ingenieure, die häufig an der Formulierung solcher Klauseln beteiligt sind, sollten sich bewusst sein, dass sie erheblichen Haftungsrisiken ausgesetzt sein können, wenn die Klauseln unwirksam sind. Es empfiehlt sich daher, die Gestaltung von Bauverträgen den Auftraggebern und deren juristischen Beratern zu überlassen, um mögliche Risiken zu minimieren.

Foto(s): Udo Kuhlmann


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