Unterhaltsanspruch eines studierenden Kindes – angemessene Ausbildung, Gegenseitigkeitsprinzip

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Eltern sind gegenüber ihren volljährigen Kindern zu Unterhaltszahlungen verpflichtet, solange diese sich berechtigterweise in einer Berufsausbildung befinden. Ein volljähriges Kind hat danach einen Anspruch auf eine angemessene Ausbildung. Angemessen ist eine Ausbildung dann, wenn sie der Begabung, den Fähigkeiten, dem Leistungswillen und den beachtenswerten und nicht nur vorübergehenden Neigungen des Kindes entspricht.

Das Kind hat bei seiner Ausbildungswahl aber auch Rücksicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse seiner Eltern zu nehmen, da die Verpflichtung der Eltern, ihrem Kind eine optimale begabungsbezogene Ausbildung zu finanzieren, mit der Ausbildungsobliegenheit des Kindes auf einem Gegenseitigkeitsprinzip beruht. Das heißt, das Kind muss seine Ausbildung zielstrebig, intensiv und mit Fleiß innerhalb der üblichen und angemessenen Zeit beenden. Ein studierendes Kind muss sein Studium also innerhalb der Regelstudienzeit absolvieren. Ein „Bummelstudium“ ist nicht zu finanzieren. Eine Ausnahme besteht jedoch z. B. dann, wenn die Verzögerung auf schwierige häusliche Verhältnisse, wegen der Trennung und Scheidung der Eltern, zurückzuführen ist. Bei beengten wirtschaftlichen Verhältnissen der Eltern muss das Kind zudem eine günstigere Ausbildungsvariante wählen.

Wegen des Gegenseitigkeitsprinzips haben die Eltern auch Kontrollrechte. Sie können daher z. B. Studienbescheinigungen und Bescheinigungen über Zwischenprüfungen verlangen.

Eine Zweitausbildung müssen die Eltern grundsätzlich nicht finanzieren. Es gibt aber Ausnahmefälle, in denen die Verpflichtung zur Finanzierung einer Zweitausbildung von der Rechtsprechung bejaht wird, z. B. wenn die Ausbildung auf einer Fehleinschätzung der Begabung des Kindes beruht. Keine Zweitausbildung ist nach der Rechtsprechung des BGH die sog. mehrstufige Ausbildung Abitur – Lehre – Studium, wenn zwischen den einzelnen Abschnitten ein enger sachlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht (z. B. Abitur – Banklehre – Jurastudium).

Für den Unterhalt des Kindes müssen die Eltern anteilig entsprechend ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen aufkommen, wobei ihnen der sog. angemessene Eigenbedarf zu belassen ist (derzeit monatlich € 1.300,00 – vgl. Düsseldorfer Tabelle, Stand 01.01.2016).

Der sog. Bedarf des studierenden Kindes beträgt aktuell monatlich € 735,00, wenn es nicht im Haushalt eines Elternteils oder beider Elternteile lebt. Bei Studierenden, die im Haushalt eines Elternteils oder beider Elternteile leben, richtet sich deren Bedarf nach dem addierten Einkommen der Eltern nach der 4. Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle. Dazu kommen die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie Studiengebühren. Das Kindergeld wird in voller Höhe als bedarfsdeckend behandelt.

Eigenes Einkommen des studierenden Kindes ist grundsätzlich überobligationsmäßig und daher nur unter Billigkeitsgesichtspunkten zu berücksichtigen.

Hat das Kind eigenes Vermögen, muss es dieses bis auf einen sog. Notgroschen (ca. € 5.000,00) zur Deckung seines Lebensbedarfs verwenden. Anders als ein minderjähriges Kind muss es hierzu sogar den Stamm seines Vermögens einsetzen und nicht nur die Einkünfte daraus (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 16.10.2015, Az. 2 UF 107/15).


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