Unverwertbarkeit einer Atemalkoholmessung

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Das Oberlandesgericht (OLG) Dresden musste sich in einer aktuellen Entscheidung mit der Frage beschäftigen, welche Auswirkungen es hat, wenn bei einer polizeilichen Atemalkoholmessung die sogenannte Kontrollzeit von 10 Minuten nicht eingehalten wird. Im Ergebnis gelangte das OLG zu dem Ergebnis, dass zumindest in Fällen, in denen der Grenzwert gerade erreicht oder nur ganz geringfügig überschritten worden ist, die Messung damit unverwertbar ist.

 Sachverhalt

Weil er mit einem Kraftfahrzeug am Straßenverkehr mit einer Atemalkoholkonzentration von 0,25 mg/l oder mehr teilgenommen hatte, wurde der betroffene Autofahrer vom Amtsgericht zu einer Geldbuße in Höhe von 1.000 EUR und einem Fahrverbot von drei Monaten verurteilt. Das Amtsgericht sah es dabei als bewiesen an, dass der Betroffene um 01:18 Uhr das Fahrzeug mit einer Atemalkoholkonzentration von 0,26 mg/l geführt hat. Im Rahmen der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht hatte der Betroffene über seinen Verteidiger eingewandt, dass er während der Kontrollzeit von zehn Minuten vor Beginn der Messung ein Lutschbonbon vom Typ „Fisherman`s Friend“ im Mund gehabt und dieses zu Beginn der Messung verschluckt habe. Nach den vom AG im Urteil getroffenen Feststellungen, konnte dies nicht ausgeschlossen werden. Das Amtsgericht hatte diesbezüglich jedoch ein Gutachten eines Sachverständigen einholen lassen, welches zur Überzeugung des Richters überzeugend nachwies, dass das Lutschen eines solchen Bonbons in der Kontrollzeit keinen Einfluss auf die Messung hat. Der Bußgeldrichter hielt den Einwand des Betroffenen im Ergebnis für unbeachtlich, ging daher von einer Atemalkoholkonzentration von 0,26 mg/l aus und verurteilte den Betroffenen. Gegen die Entscheidung legte der Verteidiger des Betroffenen Rechtsbeschwerde ein und rügte die Verletzung materiellen Rechts.

Entscheidung

Mit Beschluss vom 28.04.2021, Az.: OLG 22 Ss 267/20 (B), hob das OLG -wie bereits eingangs dargelegt- das Urteil des AG auf und sprach den Betroffenen frei. Nach Auffassung des OLG handelte es sich bei der streitgegenständlichen Atemalkoholmessung mit dem Messgerät Dräger ALCOTEST 9510 DE um ein standardisiertes Messverfahren. Der Gesetzgeber habe ausdrücklich vorgesehen, dass bei der Atemalkoholbestimmung nur Messgeräte eingesetzt und Messmethoden angewendet werden dürfen, die den im Gutachten des Bundesgesundheitsamtes gestellten Anforderungen genügen. Nach diesem Gutachten des Bundesgesundheitsamtes besteht für das Messverfahren neben dem Erfordernis einer Kontrollzeit von zehn Minuten vor der Atemalkoholmessung unter anderem die Vorgabe, dass zwischen der Beendigung der Alkoholaufnahme (Trinkende) und der Atemalkoholmessung ein Zeitraum von 20 Minuten verstrichen sein muss. Die vorgeschriebene Kontrollzeit von zehn Minuten vor der ersten Messung dient dazu, die Gefahr der Verfälschung der Messwerte durch Mund- oder Mundrestalkohol auf das Messergebnis auszuschließen. In der sogenannten Kontrollzeit von zehn Minuten muss gewährleistet sein, dass der Betroffene keinerlei Substanzen mehr zu sich genommen hat. Wenn –wie im vorliegenden Fall-diese Kontrollzeit von zehn Minuten nicht eingehalten wird, muss dies zumindest in den Fällen, in denen der Grenzwert gerade erreicht oder nur ganz geringfügig überschritten worden ist, zur Unverwertbarkeit der Messung führen, so dass OLG. Schließlich könne nur unter der Voraussetzung, dass der/die Betroffene binnen eines Zeitraumes von zehn Minuten vor der Messung keinerlei Substanzen, insbesondere alkoholhaltiger Art, mehr im Rachenraum hatte, mit Sicherheit gewährleistet werden, dass das mittels des Messgerätes Dräger Evidential 7110 bzw. Dräger ALCOTEST 9510 DE gewonnene Ergebnis nicht durch Rückstände im Rachenraum beeinträchtigt worden ist. Dementsprechend liegt nur bei Einhaltung dieser Kontrollzeit - jedenfalls bei bloßem Erreichen des Grenzwertes bzw. nur ganz geringfügiger Überschreitung desselben - ein verwertbares Messergebnis vor. Wenn somit in Fällen wie dem vorliegenden (AAK von 0,26 mg/l) kein verwertbares Messergebnis vorliegt, so kann auch nicht durch Hinzuziehung eines Sachverständigen geklärt werden, inwieweit dieses unverwertbare Messergebnis durch die aufgenommenen Fremdsubstanzen beeinflusst worden sein kann. 

Bedeutung für die Praxis

Besonderes für die in der Praxis häufig zu verzeichnenden Grenzwertfälle (Atemalkoholkonzentration von knapp über 0,25 mg/l) ist die vorbenannte Entscheidung von erheblicher Bedeutung. Betroffene sollten daher -durch Einsichtnahme in die Ermittlungsakte über einen hierzu zu beauftragenden Rechtsanwalt- jedenfalls überprüfen lassen, ob die Messung entsprechend der hier geschilderten Vorgaben erfolgte.


Martin Volkmann

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Arbeitsrecht

Fachanwalt für Verkehrsrecht

Fachanwalt für Versicherungsrecht


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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