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Unwirksame Mieterhöhung wegen falscher Anwendung von Mietspiegeln

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Auch wenn der Gesetzgeber immer mehr neue Schranken aufbaut – Mieterhöhungen kommen meist regelmäßig wie ein Uhrwerk. Gerade der Umstand, dass es Vermietern immer schwerer fällt, Mieterhöhungen in gewünschter Höhe durchzusetzen, verleitet sie dazu, den Rahmen des Erlaubten soweit wie möglich auszuschöpfen. Hier ist dann die Rechtsprechung gefragt, die die Grenzen des Möglichen absteckt.

BGH-Entscheidungen zu Uralt-Mietspiegeln und Mietspiegeln einer Nachbargemeinde

Gleich in zwei Entscheidungen im Jahr 2019 setzte der Bundesgerichtshof (BGH) eine solche Grenze bei der Anwendung von Mietspiegeln. In beiden Fällen kam er zu der Entscheidung, dass die Vermieter über das Ziel hinausschossen und deren Mieterhöhungsverlangen deswegen unwirksam war. Sie mussten danach andere Wege suchen, um doch noch die Miete zu erhöhen – die Mieter blieben bis dahin vom höheren Mietzins verschont.

Hintergrund: Mietspiegel als wichtigstes Begründungsmittel

Insgesamt stellt der Gesetzgeber den Vermietern in § 558a BGB verschiedene Mittel zur Begründung einer Mieterhöhung zur Verfügung. Besonders beliebt ist dabei die Vorlage eines Mietspiegels, weil er die größte Überzeugungskraft hat – jedenfalls, soweit er die tatsächliche Situation in einer Gemeinde wissenschaftlich fundiert abbildet.

Allerdings gibt es nicht in jeder Stadt einen Mietspiegel, bzw. einen halbwegs aktuellen Mietspiegel. So war es auch in den beiden vom BGH entschiedenen Fällen. In dem ersten Fall gab es überhaupt keinen Mietspiegel, in dem anderen Fall war der vorhandene Mietspiegel bereits 20 Jahre alt.

Mietspiegel einer Nachbargemeinde muss in Bezug auf konkrete Merkmale vergleichbar sein

Im ersten Fall ging es um eine Wohnung in der Stadt Stein, in der es keinen Mietspiegel gibt. Hier zog der Vermieter den Mietspiegel der Stadt Fürth heran und begründete dies mit einer verbreiteten Literaturmeinung, dass die beiden Städte jedenfalls „nicht offensichtlich“ unvergleichbar sind. Dieser Auffassung folgte der BGH nicht. Er legte fest, dass die Vergleichbarkeit der Gemeinden „unter Berücksichtigung aller wesentlichen Umstände des Einzelfalls“ anhand konkreter Merkmale festgestellt werden müsse, BGH, Urteil vom 21. August 2019 – VIII ZR 255/18.

Solche Merkmale seien insbesondere die jeweilige Einwohnerzahl, die Infrastruktur, das Wirtschaftsangebot sowie Kultureinrichtungen. Die gemeinsame Nähe beider Gemeinden zu einer Großstadt (in diesem Fall war es Nürnberg) spiele dagegen keine Rolle.

Mietspiegel ist nach 20 Jahren zu alt, um Mieterhöhung zu begründen

Ebenfalls formell unwirksam war ein Mieterhöhungsverlangen, das mit einem 20 Jahre alten Mietspiegel der Stadt Magdeburg begründet wurde. Hier machten bereits das Amts- und das Landgericht zuvor „kurzen Prozess“ und wiesen die Klage als unzulässig ab. Die Begründung der Mieterhöhung mit einem so alten Mietspiegel sei allenfalls eine „Scheinbegründung“.

Etwas zurückhaltender, aber im Ergebnis gleich, beurteilte der BGH die Situation. Er konstatierte, ein Erhöhungsverlangen müsse zumindest Angaben über diejenigen Tatsachen enthalten, aus denen ein Vermieter die Berechtigung der geforderten Mieterhöhung herleitet. Daran fehle es jedoch, wenn ein Vermieter die Mieterhöhung mit Tatsachen begründet, die eine Mieterhöhung nach § 558 Abs. 1 BGB „schon auf den ersten Blick nicht zu tragen vermögen“, BGH, Urteil vom 16. Oktober 2019 – VIII ZR 340/18.

Zwar gestattet es der § 558 a Abs. 4 Satz 2 BGB, auf ältere Mietspiegel Bezug zu nehmen. Daraus folge jedoch nicht, dass das Alter des Mietspiegels bedeutungslos sei. Bei einem Mietspiegel, der seit rund 20 Jahren nicht mehr aktualisiert wurde, seien so viele Entwicklungen nicht mehr abgebildet worden, dass die Übertragung der alten Daten auf die heutige Zeit bloße Mutmaßung sei.

Anwaltstipp für Mieter: Als Mieter sollte man grundsätzlich jedes Mieterhöhungsverlangen kritisch hinterfragen und im Zweifel durch einen Anwalt überprüfen lassen. Gerade in Ballungsgebieten werden die Hürden immer höher, um Erhöhungen durchzusetzen. Nicht selten kommt es dabei vor, dass Vermieter zwar auf den ersten Blick gesetzmäßige Erhöhungsschreiben verschicken, dann aber andere Fehler machen – entweder die Wohnung in einer falschen Mietspiegelkategorie einordnen oder sich zum Nachteil des Mieters verrechnen.

Anwaltstipp für Vermieter: Quasi spiegelbildlich zum Mietertipp ist Vermietern grundsätzlich zu empfehlen, sich zumindest einmal eingehend beraten zu lassen. Aber wenn man danach die Miete selbstständig erhöhen will, birgt auch dies ebenso wie „Mustererhöhungserklärungen“ das Risiko, dass Fehler gemacht werden, weil man keinen objektiven Blick auf den Sachverhalt hat. Wenn man als Vermieter trotzdem die Erhöhung allein durchzieht, sollte man schnellstmöglich die Begründungsmängel heilen (beispielsweise durch Benennung von drei Vergleichswohnungen, § 558b Abs. 3 BGB), sobald das Gericht auf solche hinweist. Damit lässt sich der Schaden zumindest minimieren.

Wenn Sie zu diesem Thema eine Frage haben oder eine Beratung wünschen, können Sie sich gerne an die Kanzlei Alsterland und Rechtsanwalt Jörn Blank wenden. Rufen Sie einfach an oder melden sich per E-Mail. Beachten Sie bitte, dass zwar weder die Kontaktaufnahme noch allgemeine Vorfragen mit Kosten verbunden sind – aber die eigentliche Beratungstätigkeit schon.


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