Urlaubskürzung bei Wechsel in Teilzeitarbeit?
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Teilzeitmodelle mit vorübergehender oder dauerhafter Reduzierung der Arbeitsstunden werden von Arbeitnehmern in den letzten Jahren häufig genutzt. Beispielsweise lassen sich so auch nach der Elternzeit Familie und Beruf oft besser unter einen Hut bekommen. Arbeitsrechtlich ergeben sich dadurch aber eine Menge Fragen – unter anderem ob sich mit den verringerten Arbeitsstunden auch die Urlaubstage vermindern.
Wechsel zur 4-Tage-Woche während des Jahres
Ein Mann war in Vollzeit und 5 Tage pro Woche beschäftigt, wobei für sein Arbeitsverhältnis der Tarifvertrag öffentlicher Dienst (TVöD) Anwendung fand. Am 15.07.2010 wechselte er bei seinem Arbeitgeber zu einer Teilzeitbeschäftigung. Die auf wöchentlich 32 Stunden reduzierte Arbeitszeit sollte er von nun an in 4 Tagen pro Woche ableisten. Darüber waren sich die Parteien einig, anders als über den nach der Arbeitszeitverkürzung verbleibenden Urlaubsanspruch.
Vollzeitbeschäftigte hatten tarifvertraglich Anspruch auf 30 Tage Urlaub pro Jahr. Bei einer 4-Tage-Woche waren es entsprechend 24 Urlaubstage (30 : 5 x 4).Diese verhältnismäßige Reduzierung war im Tarifvertrag ausdrücklich so vorgesehen. Nachdem der Kläger vor seinem Wechsel im Streitjahr noch keinen Urlaub genommen hatte, ging der Arbeitgeber für das Jahr 2010 von einem Gesamturlaubsanspruch von 24 Tagen aus.
Zählen Urlaubstage oder Urlaubswochen?
Der Kläger rechnete anders: Er sah für das erste Halbjahr einen Urlaubsanspruch in Höhe von 15 Tagen (30 Tage Jahresurlaub geteilt durch 2) bereits als fest erworben an. Für das zweite Halbjahr machte er weitere 12 Tage (24 Tage geteilt durch 2) geltend, insgesamt kam er also auf 27 Tage verbleibenden Urlaub. Eine Kürzung des Urlaubs sei nicht zulässig und wäre eine Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten.
Der Arbeitgeber wollte von einer angeblichen Kürzung nichts hören. Die von ihm angenommenen, noch offenen 24 Urlaubstage bei einer 4-Tage-Woche entsprachen schließlich 30 Urlaubstagen bei einer 5-Tage-Woche. Der Kläger würde damit genauso viele Urlaubswochen erhalten wie seine ganzjährig in Vollzeit oder Teilzeit beschäftigten Kollegen. So hatte das bisher auch das Bundesarbeitsgericht (BAG) gesehen.
Rechtsprechungsänderung des BAG
Unter Berufung auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) meinte das BAG nun, an dieser Rechtsprechung nicht weiter festhalten zu können. Als Konsequenz hob es im Rahmen der Berufung die vorangegangene Entscheidung des Hessischen Landesarbeitsgerichts (LAG) auf.
Die Tarifnorm zur Verminderung des Urlaubsanspruchs entsprechend den Wochenarbeitstagen soll diskriminierend und daher unwirksam sein, soweit sie die während einer vorherigen Vollzeitbeschäftigung bereits erworbenen Urlaubstage betrifft.
Eine verhältnismäßige Kürzung bzw. Umrechnung auf Urlaubswochen ist danach nicht mehr zulässig. Der Kläger hatte damit im Jahr des Wechsels tatsächlich Anspruch auf 27 Urlaubstage, die er auf seine im zweiten Halbjahr noch zu leistenden 4 Arbeitstage pro Woche verteilen durfte.
(BAG, Urteil v. 10.02.2015, Az.: 9 AZR 53/14)
(ADS)
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