Verbrauch von Urlaubstagen bei Quarantäne?

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§ 9 des Bundesurlaubsgesetzes regelt, dass die Zeiten, in denen der Arbeitnehmer durch ein ärztliches Zeugnis (Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung) in seinem Urlaub nachweislich erkrankt ist, nicht auf den Jahresurlaub angerechnet werden.

Dies bedeutet, dass der Arbeitnehmer diejenigen Urlaubstage, die sich mit der bestehenden Arbeitsunfähigkeit überschneiden, auf seinem Urlaubskonto gutgeschrieben erhält.

Hintergrund ist, dass der Arbeitnehmer bei einer bestehenden krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit bereits aufgrund der Erkrankung von der Verpflichtung zur Erbringung seiner Arbeitsleistung befreit ist und daher eine quasi „doppelte“ Befreiung von der Arbeitspflicht nicht zusätzlich durch für die Zeit der Erkrankung gewährten Urlaubs erfolgen kann.

Aber gilt dieser Grundsatz auch für den Fall, in dem ein Arbeitnehmer sich während seines Urlaubs mit dem Coronavirus infiziert, jedoch aufgrund eines symptomlosen Verlaufs der Infektion nicht an dem Virus erkrankt, somit über keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung verfügt, sich jedoch aufgrund einer behördlichen Quarantäneanordnung während seines Urlaubs in Isolation begeben muss?

Diesen Fall hat das Landesarbeitsgericht Köln (LAG Köln, Urteil vom 13.12.2021, 2 Sa 488/21) entschieden der Klage einer Arbeitnehmerin, die eine Gutschrift der Urlaubstage während einer symptomlosen Coronainfektion aufgrund der behördlich angeordneten Quarantäne während der Zeit ihres Urlaubs gegenüber ihrem Arbeitgeber begehrte, nicht stattgegeben.

Zur Begründung führte das Landesarbeitsgericht Köln aus, dass die Quarantäneanordnung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, die dann erteilt werde, wenn die Coronainfektion mit Symptomen und somit mit einer Erkrankung einhergehe, nicht gleichstehe.

Während einer bestehenden krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit sei ein Arbeitnehmer an der Verpflichtung zur Erbringung seiner Arbeitsleistung aus gesundheitlichen Gründen gehindert und daher von der Arbeitspflicht befreit.

Etwas anderes gelte jedoch bei der bloßen Anordnung einer Quarantäne aufgrund einer symptomlosen Coronainfektion. Da die bloße Infektion nicht mit einer Erkrankung gleichzusetzen sei, sei der Arbeitnehmer bei einer bloßen Infektion mit dem Coronavirus grundsätzlich aus gesundheitlicher Sicht arbeitsfähig.

Mit der reinen Anordnung der Quarantäne gehe daher keine Arbeitsunfähigkeit einher, aufgrund derer der Arbeitnehmer bereits von seiner Verpflichtung zur Erbringung seiner Arbeitsleistung befreit wäre; daher könne die Befreiung von der Arbeitspflicht auch während der Zeit der Quarantäneanordnung „weiterhin“ durch den in dieser Zeit gewährten Urlaub des Arbeitnehmers erfolgen.

Anders hingegen entschied das LAG Hamm (LAG Hamm. Urteil vom 27.01.2022, 5 Sa 1030/21) und gab dem Arbeitenehmer recht. Gegen dieses Urteil legte der Arbeitgeber Revision beim Bundesarbeitsgericht ein (Az. 9 AZR 76/22 (A)) , welches die Rechtsfrage, ob es mit dem Europarecht zu vereinbaren ist, dass Urlaubstage nach deutschem Arbeitsrecht nicht noch einmal zu gewähren sind, wenn ein nicht an Corona erkrankter Arbeitnehmer eine Quarantäneanordnung beachten muss, mit Beschluss vom 16.08.2022 zur abschließenden Entscheidung dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt hat.

Die Entscheidung des EuGH, der das Bundesarbeitsgericht erwartungsgemäß folgen wird, steht zurzeit noch aus. Es bleibt daher spannend.


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