Vergaberecht: „Geschickte“ Nutzung von Feiertagen bei der Vorabinformation kann unzulässig sein

  • 2 Minuten Lesezeit

In einem Vergabeverfahren zur Beschaffung von Luftreinigungsgeräten hat die ausschreibende Stelle die spätere Antragstellerin mit Schreiben vom 23.12.2021 darüber informiert, dass ihr Angebot nicht berücksichtigt werde und der Zuschlag frühestens am 03.01.2022 auf das Angebot der späteren Beigeladenen erfolgen soll.

Mit Schreiben vom 03.01.2022 würde die Vorabinformation gerügt und mit Schreiben vom 04.01.2022 die Rüge präzisiert. Die ausschreibende Stelle wies die Rüge zurück, worauf die Antragstellerin am 06.01.2022 einen Antrag auf Nachprüfung stellte.

Dieser Antrag wurde als unzulässig zurückgewiesen, da am 03.01.2022 der Zuschlag erteilt wurde.

Die VK Südbayern (Beschluss vom 04.08.2022, 3194.Z3-3_01-22-1) führte aus, dass der Antrag unzulässig ist, da zum Zeitpunkt der Antragstellung der Zuschlag bereits erfolgte und somit das Vergabeverfahren abgeschlossen war. Die Vergabekammer ist nach § 168 Abs. 2 Satz 1 GWB nicht befugt, den erteilten Zuschlag aufzuheben. Gleichwohl setzt sich die Vergabekammer mit dem Umstand auseinander, dass die Vorabinformation über den Jahreswechsel erfolgte, der von einer Vielzahl von Feiertagen geprägt ist.

Hierzu führte die Kammer aus, dass formal gesehen die ausschreibende Stelle die gesetzlich normierte Frist eingehalten hat und daran grundsätzlich nichts auszusetzen sei. Die Kammer verweist auf eine Entscheidung des OLG Düsseldorf, „…  dass in Fällen, in denen die Wartefrist so über Feiertage und Wochenenden gelegt wird, dass einem Bieter für die Entscheidung über einen Nachprüfungsantrag nur 4 bis 5 Arbeitstage zur Verfügung stehen, der Lauf der Wartefrist nicht wirksam in Gang gesetzt wird (OLG Düsseldorf, Beschlüsse vom 05.11.2014 - VII-Verg 20/14 und vom 05.10.2016 - VII-Verg 24/16). […] Maßgeblich ist nur die unangemessene Erschwerung des gemeinschaftsrechtlich geforderten effektiven Rechtsschutzes durch eine erhebliche faktische Verkürzung des Zeitraums für die Überprüfung und Entschließung, ob ein Nachprüfungsantrag eingereicht werden soll, innerhalb der laufenden Frist nach § 134 GWB. […] Ein Zeitraum von ca. 4,5 Arbeitstagen (unter Einschluss des 24.12.) liegt an der alleruntersten Grenze der nach der Rechtsprechung noch tolerierbaren faktischen Verkürzung des Zeitraums für die Überprüfung und Entschließung, ob ein Nachprüfungsantrag eingereicht werden soll, sowie für die Abfassung des Nachprüfungsantrags (vgl. OLG München, Beschluss vom 30.11.2015 - Verg 7/15; OLG Düsseldorf, Beschlüsse vom 05.11.2014 - VII-Verg 20/14 und vom 05.10.2016 - VII-Verg 24/16).“

 
 Fazit: Bitte achten Sie bei allen Terminen und Fristen auf mögliche faktische und ggf. damit unzulässige Fristverkürzungen durch Feiertag und Wochenenden. Seien Sie etwas großzügig bei der Bestimmung von Terminen und Fristen und minimieren Sie dadurch das Rügerisiko und das Risiko eines ggf. erfolgreichen Nachprüfungsantrages für Ihr Vergabeverfahren


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Robby Semmling

Beiträge zum Thema