Voller Schadensersatz bei Diebstahl aus abgestelltem LKW

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Kunden von Speditionen und Transportunternehmen sind oft resigniert, wenn es darum geht, Schadensersatz bei Diebstählen ihrer Ware von Fahrzeugen zu fordern. Das Gesetz und die meist vereinbarten Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen (ADSp) schränken den Anspruch drastisch ein. Der Spediteur oder Frachtunternehmer hat grundsätzlich nur Wertersatz zu leisten und der ist sogar der Höhe nach beschränkt. Von Gesetzes wegen (§ 431 HGB) gibt es nur 8,33 Sonderziehungsrechte (eine Rechnungseinheit des internationalen Währungsfond, die grob 1,1€ entspricht) je Kilogramm Rohgewicht der Sendung; nach den ADSp sogar nur 5 € je Kilogramm.

Bei einer Ladung Stahl oder anderer schwerer Güter ist das in der Regel ausreichend. Gestohlen werden aber meist Computer, Flachbildschirme oder andere Elektronik, die teuer und leicht sind. Bei einer Palette mit Computern im Wert von 10.000,00€, die vielleicht nur 150kg wiegt, erhält man dann in Regelfall nur rd. 1.200,00€ Wertersatz. Erschwerend kommt hinzu, dass die sonstigen Kosten und Schäden, vor allem ein entgangener Gewinn, nicht ersetzt werden (§ 432 HGB).

Der Geschädigte kann sich von dieser limitierten Haftung nur befreien, wenn der Schaden durch den Transportunternehmer und seine Leute vorsätzlich oder zumindest leichtfertig und in dem Bewusstsein herbeigeführt wurde, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde (§ 435 HGB). Deshalb sollte man in der Praxis als Geschädigter immer versuchen, dem Transportunternehmen zumindest eine Leichtfertigkeit anzulasten. Leichtfertigkeit ist dann zu bejahen, wenn sich der Frachtführer in krasser Weise über die Sicherheitsinteressen des Auftraggebers hinwegsetzt. Je wertvoller die Ladung, desto größer das Sicherungsinteresse. So hat das OLG Köln die Leichtfertigkeit in dem Fall angenommen, in dem Flachbildschirme im Wert von über 60.000,00€ mit einem leicht zu öffnendem Planenauflieger (sog. Curtainsider) befördert und auf einem völlig unbewachten, frei zugänglichen Firmengelände abgestellt wurden, wo sie dann abhanden kamen (OLG Köln, Az. 3 U 6/12). Wäre das Fahrzeug dagegen auf einem eingezäunten Betriebshof, der durch Wachhunde gesichert und mit Halogenstrahlern ausgeleuchtet ist, abgestellt worden, könnte man nicht von einer leichtfertigen Schadensverursachung sprechen, wie das OLG Köln in einem andern Fall urteilte (Az. U 15/13)

Liegt leichtfertiges oder sogar vorsätzliches Handeln vor, dann kann der gesamte Schaden, auch der mittelbare Schaden und der entgangene Gewinn unabhängig von Sonderziehungsrechten und des Gewichts der Sendung geltend gemacht werden. Es lohnt sich deshalb, die Schadenumstände genau zu prüfen und den mit Transportschäden vertrauten Experten einzuschalten, denn die Sach- und Rechtslage ist meist für den Juristen, der mit dem Transportrecht nicht oder nur wenig in Kontakt gekommen ist, ein unbekanntes Terrain.

Dr. Andreas Müller

Fachanwalt für Transport- und Speditionsrecht 


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