Vorsicht bei dem Ausschlagen der Erbschaft!

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Die Entscheidung, eine Erbschaft anzunehmen oder abzulehnen, erfordert rasches Handeln von potenziellen Erben. Sie haben lediglich einen Zeitraum von sechs Wochen ab dem Zeitpunkt, an dem sie vom Todesfall erfahren, um diese wichtige Entscheidung zu treffen. Wenn der Verstorbene seine Erben jedoch in einem Testament benannt hat, gibt es einen gewissen Spielraum. In diesem Fall beginnt die Frist erst, nachdem das Nachlassgericht das Testament bekannt gegeben hat. Dennoch empfiehlt Stephanie Herzog, eine Rechtsanwältin und Mitglied der AG Erbrecht im DAV, den Erben, sofort mit der Prüfung des Nachlasses zu beginnen. Wenn die Sechs-Wochen-Frist ungenutzt verstreicht, wird die Erbschaft automatisch angenommen. Dies kann problematisch sein, wenn sich herausstellt, dass der Nachlass verschuldet ist. Ebenso unklug ist es, die Erbschaft vorzeitig beim Nachlassgericht abzulehnen, ohne vorherige Recherche über die Vermögenswerte des Verstorbenen. Wenn sich später herausstellt, dass der Nachlass nicht so schuldenbelastet ist, wie ursprünglich angenommen, kann die einmal erklärte Ablehnung nur unter bestimmten Bedingungen rückgängig gemacht werden.

Ein aktuelles Urteil betrifft die Anfechtung einer vorherigen Ablehnung, über die das Oberlandesgericht Düsseldorf entschieden hat (Aktenzeichen: 3 Wx 140/18). Eine alleinstehende Witwe, die in einer stark vernachlässigten und verschmutzten Wohnung lebte, verstarb ohne ein Testament zu hinterlassen. Die gesetzliche Erbfolge sah ihre beiden Schwestern als Erbinnen vor, die mit der Lebenssituation der Verstorbenen vertraut waren. Statt jedoch zuerst eine gründliche Überprüfung ihres Vermögensstatus durchzuführen, indem sie nach Kontoauszügen, Sparkonten und anderen Wertsachen suchten, gingen sie innerhalb der Sechs-Wochen-Frist zum zuständigen Nachlassgericht und lehnten die Erbschaft ab. Sie erklärten, dass sie keine genauen Informationen über den Nachlass hatten, was vom Rechtspfleger protokolliert wurde. Sie gaben an, dass möglicherweise Geld benötigt würde, um die Wohnung zu entrümpeln und zu renovieren, da ihre verstorbene Schwester starke Raucherin war.

Infolgedessen ernannte das Gericht eine Nachlasspflegerin, um das Vermögen und die Schulden der Verstorbenen zu ermitteln und weitere Erben ausfindig zu machen. Es stellte sich schnell heraus, dass die Verstorbene nicht nur Schulden hatte, sondern auch knapp 11.000 Euro auf ihrem Konto hatte. Die Wohnung musste lediglich entrümpelt, nicht aber renoviert werden. Die Kosten dafür waren vergleichsweise niedrig, und nach Abzug aller Ausgaben wies das Konto immer noch einen vierstelligen Betrag auf. Eine der beiden Schwestern erfuhr von dieser Entwicklung und bedauerte ihre überhastete Ablehnung vor Gericht. Sie suchte einen Notar auf und erklärte über diesen die Anfechtung ihrer vorherigen Ablehnung beim Nachlassgericht. Als Begründung gab sie an, dass sie sich über eine wesentliche Eigenschaft des Nachlasses geirrt hatte. Sie hatte angenommen, dass sämtliche Ersparnisse ihrer Schwester für die Reinigung und Renovierung der Wohnung benötigt würden. Das Gericht informierte sie daraufhin, dass sie einen Erbschein beantragen müsse, und in diesem Zusammenhang würde auch geprüft, ob die Anfechtung der vorherigen Ablehnung wirksam sei. Die Schwester scheiterte jedoch mit ihrer Anfechtung, da das Nachlassgericht feststellte, dass es keinen gültigen Anfechtungsgrund gab. Da sie aufgrund ihrer mangelnden Recherche über die Zusammensetzung des Nachlasses keine Vorstellungen hatte, konnte sie auch nicht im Sinne der Anfechtungsvorschrift einem Irrtum über die Wertigkeit des Nachlasses unterliegen. Bedauerlicherweise hatte sie keinen Erfolg vor Gericht, selbst als sie argumentierte, dass eine Rechtspflegerin und nicht sie selbst die Befürchtung geäußert hatte, dass der Nachlass überschuldet sein könnte, und sie nicht darüber informiert wurde, dass eine solche Begründung die spätere Anfechtung ausschließen könnte.

Dieser Fall verdeutlicht, wie weitreichend die Konsequenzen einer vorherigen Ablehnung sein können und wie wichtig es ist, den Vermögensstatus des Nachlasses im Voraus zu recherchieren. Nur wenn sich später herausstellt, dass ein bestimmter Vermögensgegenstand anders als angenommen wertlos ist, liegt ein Irrtum vor, der die spätere Anfechtung der Ablehnung noch erlaubt. Aufgrund der erheblichen Auswirkungen von Annahme und Ablehnung ist es ratsam, kompetenten rechtlichen Rat einzuholen, um Fehler wie im Fall der Klägerin zu vermeiden, die im Nachhinein nicht mehr korrigiert werden können.

Foto(s): www.kanzlei-steinwachs.de

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