Vorsorgevollmacht: Vollmachtsformular oder individuelle Vollmachtgestaltung

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Mit einer Vorsorgevollmacht die rechtliche Betreuung verhindern

Vor dem Hintergrund einer Kostenexplosion in der Betreuungspraxis wurden mit dem 1. Betreuungsrechtsänderungsgesetz, das am 01.01.1999 in Kraft trat, das Rechtsinstitut der Vorsorgevollmacht als Alternative zur rechtlichen Betreuung geschaffen. Mit der Erteilung einer Vorsorgevollmacht kann der Vollmachtgeber die Einrichtung einer rechtlichen Betreuung verhindern, denn das Vorliegen einer wirksamen Vorsorgevollmacht steht der Anordnung einer rechtlichen Betreuung entgegen, weil gem. § 1896 Abs. 2 BGB ein Betreuer nur für Aufgabenkreise bestellt werden kann, in denen die Betreuung erforderlich ist, was wiederum nicht der Fall ist, wenn eine Vorsorgevollmacht vorliegt.

Für die meisten Menschen ist genau dies eine wesentliche Motivation für die Ausstellung einer Vorsorgevollmacht: Sie möchten verhindern, unter Betreuung gestellt zu werden. Und diese Entscheidung müssen sie treffen, solange sie noch ihren Willen bilden und wirksame Willenserklärungen abgeben können.

Pro und Contra: Vorlagen aus dem Internet

Vorlagen für eine Vorsorgevollmacht sind im Internet, aber auch in Büchern verfügbar. Exemplarisch sei hier nur auf die Informationsbroschüre des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz zum Thema Betreuung (https://www.bmjv.de/SharedDocs/Publikationen/DE/Betreuungsrecht.html?nn=6765634) und Vorsorgevollmachtsformular des BMJV (https://www.bmjv.de/SharedDocs/Downloads/DE/Service/Formulare/Vorsorgevollmacht.html?nn=6765634) verwiesen.

In der täglichen Anwaltspraxis erleben wir überwiegend Bevollmächtigte, die mit einer solchen Formularvollmacht ausgestattet sind, was im Prinzip unproblematisch ist: Wirksam sind diese Vorsorgevollmachten, auch wenn es sich lediglich um Formulare handelt, in denen die Aufgabenkreise angekreuzt werden. Hier genügen für die Wirksamkeit der Vollmacht die Unterschriften von Vollmachtgeber und Bevollmächtigtem. Das funktioniert.

Die Vorsorgevollmacht als flexibles Instrument nutzen

Dennoch kann es sinnvoll oder gar notwendig sein, die Vorsorgevollmacht als das flexible Instrument zu nutzen, das sie eigentlich sein kann. Der Vorsorgevollmacht wird der Vorrang gegenüber der gerichtlichen Betreuung eingeräumt, weil sei Ausdruck des verfassungsrechtlich geschützten Selbstbestimmungsrechts des Bürgers ist. – Warum also nicht, dieses Selbstbestimmungsrecht und die damit verbundene Gestaltungsfreiheit ausnutzen?!

Vier Punkte, die Sie als Vollmachtgeber beachten sollten:

  1. Der Vollmachtgeber ist nicht gezwungen, ein Vollmachtsformular zu verwenden. Das Formular kann ihm aber Anhaltspunkte dafür geben, für welche Lebensbereiche und Aufgabenkreise sinnvollerweise Vorsorge zu treffen ist.
  2. Sinnvollerweise wählt der Vollmachtgeber zum Bevollmächtigten solche Personen, denen er uneingeschränkt vertraut, und denen er die Kompetenz zur Führung der Vollmachtgeschäfte auch zutraut. – Nicht jeder Mensch hat ein Talent für Vermögenssorge und die damit verbundenen Rechenschaftspflichten. Die Entscheidung über Wohnungs- oder Gesundheitsangelegenheiten möchte der Vollmachtgeber vielleicht nicht einem einzelnen Kind übertragen, sondern allen Kindern gemeinsam. Vielleicht ist es sinnvoll, für ausgewählte Aufgaben einen Kontrollbetreuer zu bestellen. Kurz: Es ist gut, wenn die Vorsorgevollmacht(en) auf die individuelle Situation zugeschnitten werden.
  3. Vollmachten können sowohl sehr weit gefasst („darf mich in allen Angelegenheiten vertreten“) als auch auf eine ganz spezielle Aufgabe hin („darf mich beim Verkauf von … vertreten“) ausgestellt werden. Diese Gestaltungsfreiheit sollte der Vollmachtgeber nutzen.
  4. Zu bedenken ist außerdem: Um den Vollmachtgeber bei Immobiliengeschäften zu vertreten, ist eine von einer öffentlichen Stelle beglaubigte Vollmacht erforderlich. Dies kann eine notarielle Vollmacht sein, es genügt jedoch die Beglaubigung der Unterschrift durch die Betreuungsbehörde.

Von der Vorsorgevollmacht zu unterscheiden sind Betreuungsverfügung und Patientenverfügung.


Bitte beachten Sie, dass dieser Rechts-Tipp eine individuelle anwaltliche Beratung nicht ersetzen kann.


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