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Was bringt 2010? Die aktuellen Gesetzesänderungen zum Jahresanfang

  • 7 Minuten Lesezeit
Monique Michel anwalt.de-Redaktion

Das vergangene Jahr war turbulent - Bundestags- und Landtagswahlen standen an und angesichts der Wirtschaftskrise musste die neugewählte Regierung rasch zahlreiche Entscheidungen treffen und Gesetze verabschieden. Viele davon, unter anderem das Wirtschaftswachstumsförderungsgesetz, sind nun zum 01.01.2010 in Kraft getreten. Die Redaktion von anwalt.de gibt einen Überblick, was sich dadurch für Sie zum Beginn des neuen Jahres rechtlich ändert.

[image] 1. Wirtschaftswachstumsförderungsgesetz

Hinter diesem Wortungetüm verbergen sich mehrere unterschiedliche Maßnahmen, die allesamt dazu beitragen sollen, die Wirtschaftskraft gerade in Zeiten der Krise zu fördern und zu unterstützen. Dabei sollen sowohl der einzelne Bürger als auch die Unternehmen insbesondere steuerlich entlastet werden. 

Kinderfreibetrag und Kindergeld:

Um vor allem die Familien mit Kindern zu entlasten, erhöht sich der steuerliche Freibetrag für Kinder von bislang 6.024 EUR auf 7.008 EUR. Der Freibetrag gilt pro Kind und verteilt sich auf beide Elternteile. Das Kindergeld wird ebenfalls erhöht, nämlich um 20 EUR je Kind.

Erbschaft- und Schenkungsteuer

Nachdem bereits zum 01.01.2009 nahe Verwandte eines Erblassers steuerlich besser gestellt wurden, werden nun ab dem 01.01.2010 auch Geschwister, Nichten, Neffen (die unter die Steuerklasse II des Erbschaftsteuergesetzes fallen) bei der Erbschaftsteuer entlastet. Nach Abzug des Freibetrags in Höhe von 20.000 EUR gelten statt der bislang gültigen Steuersätze von 30-40% nur noch abgestufte Steuersätze von 15-43%.

Erbschaftsvermögen       
Steuersatz Klasse II     
75.00015%
300.00020%
600.00025%
6.000.00030%
13.000.00035%
26.000.00040%
über 26.000.00043%

Bereits zum 01.01.2009 galt auch für Unternehmenserben eine neue Steuerbegünstigung, wenn sie das ererbte oder geschenkte Unternehmen mindestens 7 Jahre lang fortführten und zugleich die bisherigen Arbeitsplätze erhalten blieben. Der Arbeitsplatzerhalt lag vor, wenn die Lohnsumme des Unternehmens nach Ablauf der 7 Jahre mindestens 650% der ursprünglichen Lohnsumme betrug, die im Jahr des Erwerbs für Arbeitskräfte ausgegeben wurde. Unter dieser Voraussetzung war der Erwerb des Unternehmens vollständig steuerfrei. Bei einer Fortführung von nur 5 Jahren waren immerhin nur 15% des Betriebsvermögens steuerpflichtig.

Die Voraussetzungen für einen steuerfreien bzw. steuerbegünstigten Unternehmenserwerb wurden aktuell nochmals reformiert und erleichtert. Wer also ab dem 01.01.2010 ein Unternehmen erbt oder geschenkt erhält, bleibt von Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer bereits befreit, wenn das Unternehmen nur wenigstens 5 Jahre weitergeführt wird und die Lohnsumme nach 7 Jahren den Wert von 700% der ursprünglichen Lohnsumme nicht unterschreitet. Lediglich 15% Steuer zahlt der Unternehmer, wenn er den Betrieb wenigstens 5 Jahre fortführt und die Lohnsumme für diesen Zeitraum mindestens 400% der Lohnsumme im Jahr des Erwerbs erreicht.

Umsatzsteuer Hotelgewerbe

In der Presse viel diskutiert wurde im Vorfeld die nun gültige Absenkung des Umsatzsteuersatzes für Beherbergungsleistungen aus dem Hotelgewerbe. Für die Übernachtung im Hotel beispielsweise fallen künftig nur noch 7% statt bislang 19% Umsatzsteuer an. Darüber freut sich das Hotelgewerbe, das von der Wirschaftskrise besonders stark betroffen ist - im vergangenen Jahr sank nicht nur die Zahl der Urlaubsübernachtungen, sondern vor allem die Zahl der Geschäftsreisenden, die einen erheblichen Anteil am Umsatz im Hotelbereich ausmachen. In der Praxis kann dies allerdings noch zu einigen Schwierigkeiten führen, denn eventuelle Zusatzleistungen wie Verpflegung (z.B. Frühstück, Halbpension) sind weiterhin mit 19% steuerpflichtig, während die reine Übernachtungsleistung steuerbegünstigt ist. Der Gastwirt bzw. Hotelier muss die verschiedenen Leistungen dementsprechend gesondert auf der Rechnung ausweisen bzw. mehrere Rechnungen erstellen.

2. Arbeit und Soziales

Ebenfalls der Krise zu verdanken ist die beschlossene Verlängerung des Kurzarbeitergeldes. Das Kurzarbeitergeld (auch Kug abgekürzt) wird um ein weiteres Jahr verlängert, wirtschaftlich bedrohte Unternehmen können zur Überbrückung der Notlage also auch noch im Jahr 2010 Kurzarbeit einführen. Auf Antrag erhalten die Arbeitnehmer, die teilweise oder ganz von der Arbeit freigestellt werden, das Kurzarbeitergeld in Höhe von 60-67% ihres bisherigen Nettolohns. Allerdings wird die Zeit, für die es bezahlt wird, verkürzt. Wird das Kurzarbeitergeld erstmals 2010 beantragt, wird es nur noch maximal 18 Monate lang gezahlt, bislang lag die Bezugsdauer noch bei 24 Monaten. Die aktuelle Kurzarbeiterregelung ist zunächst bis zum 31.12.2010 befristet.

Einen Monat später, am 01.02.2010, tritt das arbeitsrechtliche Verbot der sog. Gen-Schnüffelei in Kraft. Das Gendiagnostikgesetz verbietet künftig grundsätzlich jede Art von genetischer Untersuchung am Arbeitsplatz. Dadurch wird nicht nur das verfassungsrechtlich geschützte Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer gewahrt, man verhindert auch, dass Arbeitgeber aufgrund einer evtl. genetischen Veränderung beim Arbeitnehmer diesen entlässt.

Die Beitragsbemessungsgrenzen sind wie üblich zum Jahreswechsel gemäß der Entwicklung der Einkommen angehoben worden. Die Beitragsbemessungsgrenze in der Renten- und Arbeitslosenversicherung steigt um jeweils 100 EUR auf monatlich 5.500 EUR (alte Bundesländer) bzw. 4.650 EUR (neue Bundesländer). Gleiches gilt für die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung, deren Grenze um 75 EUR auf 3.750 EUR angehoben wird. Der darüberliegende Anteil des Einkommens bleibt sozialversicherungsfrei.

Für freischaffende Künstler (z.B. Musiker, Maler, Schauspieler, Tänzer, Journalisten) wird der Beitrag zur Künstlersozialversicherung, mit der Krankheit, Arbeitslosigkeit und Altersversorgung dieser Berufsgruppen abgesichert werden, gesenkt. Künftig zahlen Freiberufler dieser Berufszweige nur noch 3,9% statt 4,4% Beiträge.

Gute Nachrichten auch für Ausländer. Wer bislang nur eine Aufenthaltserlaubnis auf Probe besitzt, darf vorläufig länger in Deutschland bleiben. Das Bleiberecht für diese Personengruppe wurde um 2 Jahre bis Ende 2011 verlängert, so dass über 30.000 Flüchtlinge zunächst weiter geduldet und nicht abgeschoben werden. In dieser Zeit haben sie auch die Möglichkeit, sich um eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis zu bemühen.

3. Vorsorgepauschale

Nach dem Bürgerentlastungsgesetz vom Juli 2009 können alle Bürger ab 2010 ihre Vorsorgeaufwendungen, d.h. insbesondere die begünstigten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung steuerlich mit bis zu 1.900 EUR absetzen. Wer diesen Betrag damit noch nicht ausgeschöpft hat, kann den noch verbleibenden Freibetrag durch Absetzen von Beiträgen zur sonstigen Vorsorge nutzen, z.B. für Unfall-, Haftpflicht-, Arbeitslosen-, Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsversicherungen sowie die nicht begünstigten Beiträge zu Kranken- und Pflegeversicherungen.

4. Gesundheitsbereich

Im Gesundheitsbereich gibt es sowohl gute als auch schlechte Nachrichten für die Bürger. Zum einen werden die Krankenkassen erstmals Zusatzbeiträge von den Versicherten verlangen, voraussichtlich in Höhe von 8 EUR monatlich. Zum anderen werden aber auch die Leistungen aus der Pflegeversicherung erhöht, z.B.:

Ambulante Pflegesachleistung

 EUR  
Pflegestufe I440
Pflegestufe II1.040
Pflegestufe III1.510
Pflegegeld                                     
  EUR 
Pflegestufe I 225
Pflegestufe II 430
Pflegestufe III 685
Teilstationäre Pflege                  
EUR
Pflegestufe I
   440
Pflegestufe II1.040
Pflegestufe III1.510

Die Kurzzeitpflege erhöht sich in allen drei Pflegestufen auf 1.510 EUR jährlich und die Beträge zur sog. Verhinderungspflege um jeweils 10 EUR. Im Bereich der vollstationären Pflege wird nur der Pflegesatz in Stufe II auf 1.510 EUR bzw. 1.825 EUR in Härtefällen erhöht.

5. Steuerrecht

Nicht nur Familien werden steuerlich entlastet, auch Alleinstehende oder Ehepaare profitieren zum 01.01.2010 steuerlich. Der Grundfreibetrag für Singles steigt von jährlich 7.834 EUR auf 8.004 EUR und die Steuertarife greifen erst bei höheren Einkommensbeträgen. So gilt etwa der Spitzensteuersatz von 42% nicht schon bei einem jährlichen Einkommen von 52.552 EUR, sondern erst ab 52.882 EUR.

Ehepaare, die gemeinsam ihre Steuer veranlagen, können künftig nicht nur zwischen der Steuerklassenkombination III/V wählen, sondern auch die sog. Steuerklassen IV/IV mit Faktor. Der Vorteil des Ehegattensplittings wird dann bereits bei der monatlichen Lohnauszahlung berücksichtigt und nicht erst mit dem Einkommensteuerausgleich wirksam. Der geringer verdienende Partner wird dadurch weniger belastet als mit der Steuerklasse V.

Riester-Sparer, die ihren Wohnsitz im Ausland haben, können künftig ihre erhaltenen Riesterzulagen und Steuerersparnisse bei Umzug ins Ausland behalten; bislang waren sie zur Rückzahlung verpflichtet. Der deutsche Gesetzgeber musste sich hier einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs beugen (EuGH, Az.: C-269/07).

6. Familien

Neben der Erhöhung von Kinderfreibetrag und Kindergeld gibt es für Familien v.a. beim Unterhalt Neuerungen. Entsprechend den gestiegenen Kindergeldsätzen steigen nun auch die Unterhaltsansprüche für Trennungs- und Scheidungsinder. Die neue Düsseldorfer Tabelle wurde am 06.01.2010 vom OLG Düsseldorf veröffentlicht und sieht durchschnittlich eine Steigerung der Unterhaltssätze von ca. 13% vor:

Nettoeinkommen d. Unterhaltspflichtigen
            Altersklasse                      
 0-56-1112-17ab 18
bis 1.500317364426488
1.501 - 1.900333383448513
1.901 - 2.300349401469537
2.301 - 2.700365419490562
2.701 - 3.100681437512586
3.101 - 3.500406466546625
3.501 - 3.900432496580664
3.901 - 4.300457525614703
4.301 - 4.700482554648742
4.701 - 5.100508583682781
über 5.101
         je nach Einzelfall

Wer an seinen getrennten oder geschiedenen Ex-Partner Unterhalt leisten muss, kann diesen in Höhe von maximal 13.805 EUR steuerlich geltend machen. Unterhaltszahlungen an bedürftige Angehörige oder Lebensgefährten können mit maximal 8.004 EUR berücksichtigt werden.

Bei der Schwangerenberatung muss der betreuende Arzt die Schwangere bei konkretem Befund über das Leben mit einem geistig oder körperlich behinderten Kind ausdrücklich informieren. Entscheidet sie sich daraufhin für den Abbruch der Schwangerschaft, müssen zwischen Beratung und Abbruch mindestens drei Tage Bedenkzeit liegen.

7. Verbraucherrecht

Um die Anleger besser zu schützen, sind ab 2010 die Banken verpflichtet, ihren Kunden vor einem Vertragsabschluss ein Beratungsprotokoll auszuhändigen. Aus dem Protokoll müssen die Wünsche des Kunden sowie die Beratung und die Produkte des Beraters hervorgehen. Das Protokoll muss auch bei telefonischer Beratung erstellt und dem Kunden ausgehändigt werden. Bei einer Falschberatung verjähren auch die Schadensersatzansprüche erst nach 10 Jahren statt bislang 3 Jahren. Die Verjährungsfrist beginnt erst zu laufen, wenn der Kunde Kenntnis vom Schaden hat.

Außerdem müssen die Banken bei ihrer Werbung ab dem 11.06.2010 ausdrückliche Angaben zum effektiven Jahreszins ihrer Verbraucherkredite machen.

(MIC)

Foto(s): ©iStockphoto.com

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