Was Sie über eine General-Vorsorgevollmacht wissen sollten

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Eine (General-) Vorsorgevollmacht ist nicht nur zu Lebzeiten ungeheuer wichtig, sondern auch für den Todesfall.

Was es bedeutet, jemandem eine Vollmacht zu erteilen

Mit dem Erteilen einer Vollmacht schließen zwei Personen einen Vertrag:

Der Vollmachtgeber beauftragt den Vollmachtnehmer (Bevollmächtigten), ihn im Rechtsverkehr zu vertreten (rechtsgeschäftliche Vertretung). Die Folge:

Der Bevollmächtigten darf im Namen des Vollmachtgebers diejenigen Rechtsgeschäfte tätigen, deren Abschluss ihm der Vollmachtgeber erlaubt, z.B. einen Vertrag schließen oder kündigen, Schulden begleichen, ein Darlehen aufnehmen, Einspruch gegen einen Steuerbescheid einlegen etc. . Darf der Bevollmächtigte eine Vielzahl von Rechtsgeschäften für unterschiedliche Lebensbereiche tätigen, dann spricht man von einer Generalvollmacht.

Was der Bevollmächtigte im Namen des Vollmachtgebers sagt oder schreibt, das wirkt unmittelbar für und auch gegen den Vollmachtgeber, so, als habe jener selbst die betreffende Erklärung abgegeben. Der Vollmachtgeber legt sein Schicksal ein Stück weit in die Hände der bevollmächtigten Person. Aus diesem Grund ist es überaus wichtig, dass die bevollmächtigte Person ehrlich, gewissenhaft und verlässlich ist – das Erteilen einer Vollmacht, vor allem einer Generalvollmacht, ist Vertrauenssache!

Die Wichtigkeit einer Vollmacht zu Lebzeiten

Das Erteilen einer (General-) Vorsorgevollmacht „für alle Fälle“ an eine (oder mehrere) vertrauenswürdige Personen ist gerade in Krisenzeiten jedem zu empfehlen. Das gilt gerade für diejenigen, die im Erwerbsleben stehen, besonders für Selbständige und Freiberufler. Der Grund ist, in jeder noch so misslichen Situation (sei es infolge Erkrankung, Verletzung, Einwirkung von höherer Gewalt etc.) handlungsfähig zu bleiben, indem man einen Anderen in die Lage versetzt, die eigenen Angelegenheiten rechtlich wirksam zu besorgen.

Der Unterschied einer Bevollmächtigung gegenüber einer Rechtsbetreuung

Ist eine Person aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage, ihre eigenen Angelegenheiten zu besorgen, müssten die Angehörigen sich an das Betreuungsgericht beim örtlichen Amtsgericht wenden, um einen amtlichen Betreuer bestellen zu lassen. Dieser Rechtsbetreuer handelt für den Betreuten dann als gesetzlicher Vertreter.

Eine Rechtsbetreuung bedeutet für den Betreuten einen ungeheuren Eingriff in seine Grundrechte. Und der Rechtsbetreuer selbst ist durch die Vorschriften des Betreuungsrechts in einigen Situationen auch deutlich weniger handlungsfähig als der rechtsgeschäftliche Vertreter, denn bestimmte Rechtsgeschäfte müssen vom Betreuungsgericht genehmigt werden. Schon aus diesen Gründen empfiehlt sich das Erteilen einer General-Vorsorgevollmacht, in der dann festgelegt werden sollte, dass sie eine Rechtsbetreuung ersetzen soll (General-Vorsorgevollmacht mit Betreuungsverfügung).

Die Wichtigkeit einer Vollmacht im Todesfall

Die Vollmacht kann erteilt werden nur für Lebzeiten, nur für den Todesfall (postmortale Vollmacht) oder sowohl für Lebzeiten als auch für den Todesfall (Vollmacht über den Tod hinaus oder transmortale Vollmacht).

Die transmortale und die postmortale Vollmacht haben den Vorteil, dass der Bevollmächtigte für den verstorbenen Vollmachtgeber und damit für die Erbmasse handlungsfähig bleibt. Wenn es kein Testament gibt, kann es eine Weile dauern, bis die gesetzlichen Erben festgestellt werden und bis diese einen ggfls. nötigen Erbschein erhalten. Und wenn es ein Testament gibt, kann es dauern, bis dieses vom Nachlassgericht eröffnet wurde. In dieser Schwebezeit kann der Bevollmächtigte Maßnahmen ergreifen, um den Bestand des Nachlasses zu sichern.

Bitte trennen zwischen Außenvollmacht und Innenvollmacht

Wie zuvor schon gesagt, berührt das Erteilen einer Vollmacht zwei Rechtskreise:

Betroffen ist zunächst das Verhältnis zwischen dem Vollmachtgeber und dem Bevollmächtigten, nämlich das Innenverhältnis. Das Innenverhältnis ist geprägt von dem, was der Bevollmächtigte nach dem Willen des Vollmachtgebers tun darf. Und wenn der Bevollmächtigte für den Vollmachtgeber nach außen gegenüber anderen Personen tätig wird, dann ist das Außenverhältnis betroffen. Das Außenverhältnis ist geprägt von dem, was der Bevollmächtigte nach dem Willen des Vollmachtgebers gegenüber anderen Personen tun kann.

Können und Dürfen sind allerdings zwei Paar Schuhe, weshalb zu empfehlen ist, dass Vollmachtgeber und Bevollmächtigter zwei Verträge schließen, nämlich die Bevollmächtigung im Außenverhältnis (Beispiel: Der Bevollmächtigte darf alle Arten von Geschäften für den Vollmachtgeber abschließen) und die Bevollmächtigung im Innenverhältnis (Beispiel: Der Bevollmächtigte darf alle Arten von Geschäften abschließen, ausgenommen solche mit den Anbietern x, y, z).

Der Grund: Wenn in einer Urkunde gleichzeitig das Außen- und das Innenverhältnis geregelt sind, ist das für dritte Personen verwirrend. Und dritte Personen gehen die Abreden, die der Vollmachtgeber und der Bevollmächtigte untereinander im Vertrauen getroffen haben, auch nichts an.

Der Inhalt der Außenvollmacht

Die Außenvollmacht wird üblicherweise so aufgebaut, dass die Vermögensangelegenheiten und die Persönlichen Angelegenheiten getrennt aufgezählt und geregelt werden.

Die Vollmacht sollte unbedingt auf Ihre persönlichen Verhältnisse, d.h. auf Ihre Lebensbereiche und auf Ihre Vermögensverhältnisse zugeschnitten sein. Das Verwenden einer formularmäßigen Vollmacht, womöglich mit Ankreuzungen, ist abzulehnen!

Neben der Angabe der genauen Personalien von Vollmachtgeber und Bevollmächtigtem sollten die folgenden Bereiche geregelt werden:

  • Geltung über den Tod hinaus,
  • Lebensbereiche:

Persönliche Angelegenheiten:

  • Gesundheit (mit Schweigepflichtentbindungserklärung),
  • Aufenthalt (Haus/Wohnung/Senioren-/Pflegeheim)

Wichtig: Soll der Bevollmächtigte befugt sein, ärztliche Maßnahmen und notfalls auch (ärztliche) Zwangsmaßnahmen an dem Vollmachtgeber durchführen zu lassen, so müssen diese Maßnahmen einzeln aufgezählt werden unter Angabe der jeweiligen Rechtsgrundlage im Bürgerlichen Gesetzbuch (Zitiergebot, § 1829 Abs.1 S.1 i.Verb.m. §§ 1831, 1832)!

Und: Die Regelung höchstpersönlicher Angelegenheiten, z.B. das Errichten eines Testaments, kann und darf nur höchstpersönlich erfolgen, also nicht durch den Stellvertreter!

Vermögensangelegenheiten:

  • Vermögen und Finanzen,
  • Ggfls. Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB,
  • Post und Telekommunikation, ggfls. auch digitale Medien,
  • Gerichte, Behörden, Versicherungen,
  • bei Vermögen mit Auslandsbezug: Rechtswahl,
  • ggfls. Bestattungsregelung
  • Wenn eine Betreuungsverfügung (Generalvollmacht mit Betreuungsverfügung) gewünscht ist, sollte niedergelegt werden, dass die Vermeidung einer Rechtsbetreuung gewünscht ist, und dass, falls eine Rechtsbetreuung doch notwendig wird, die Einsetzung des/der Bevollmächtigten als Betreuer gewünscht ist,
  • Ggfls. Patientenverfügung, jedoch sollte auch diese in einer gesonderten Urkunde niedergelegt werden,
  • Ernennung mindestens eines Ersatzbevollmächtigten
  • Ort, Datum (wichtig!) und Unterschriften des Vollmachtgebers und des/der Bevollmächtigten.

Der Inhalt der Innenvollmacht

Was das Rechtsverhältnis zwischen dem Vollmachtgeber und dem Bevollmächtigten angeht, sollten beide Seiten sich darüber klar sein, dass eine rechtliche Stellvertretung für den Vertreter erhebliche Pflichten mit sich bringt.

Die Gerichte gehen nämlich in der Regel davon aus, dass zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigtem nicht etwa ein bloßes Gefälligkeitsverhältnis vorliegt, sondern ein Auftragsverhältnis, und zwar sogar dann, wenn Familienangehörige tätig werden sollen (Ausnahme: Ehegatten, OLG Celle, Beschluss v. 13.01.2023, Az. 6 U 89/22, BeckRS 2023, 2078, NJW-Spezial 2023, 232). Die Folge: Der Bevollmächtigte schuldet dem Vollmachtgeber – und notfalls auch seinen Erben! - Auskunft und Rechenschaftslegung und haftet ihm gegenüber – und notfalls auch gegenüber den Erben! -  für die Verletzung von Sorgfaltspflichten.

Wichtig: Es gibt eine Vielzahl von durchaus uneinheitlichen Gerichtsurteilen zu der Frage, ob zwischen dem Vollmachtgeber und dem Bevollmächtigten ein Auftrags- oder nur ein Gefälligkeitsverhältnis vorlag. Insofern sollten beide Seiten Regelungen treffen, welche Pflichten der Bevollmächtigte haben soll, ob und welche Gegenleistung er dafür bekommen soll und für welche Pflichtverletzungen er haften soll. Erwägenswert wäre eine Begrenzung der Haftung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit.

Die Form der Vollmacht

In der Regel reicht es, wenn die Vollmacht privatschriftlich und durch die Unterschriften der Beteiligten erteilt wird. Es sollte aber die Kopie des Personalausweises des Vollmachtgebers angeheftet werden!

Eine notariell beurkundete Vollmacht ist nur bei wenigen Rechtsgeschäften erforderlich. Sie erhöht die Akzeptanz im Rechtsverkehr, kostet aber auch, und zwar abhängig vom Aktivvermögen des Vollmachtgebers.

Empfohlen wird eine notariell beglaubigte Vollmacht. Notwendig sie für eine Erbausschlagung, für die Ablehnung der Fortsetzung der Gütergemeinschaft und für die Unterzeichnung von Gesellschaftsverträgen. Wichtig: Lassen Sie für den Fall des Verlusts mehrere Exemplare beglaubigen!

Anstelle des Notars kann auch die Betreuungsbehörde die Unterschrift beglaubigen. Diese Beglaubigung versetzt den Bevollmächtigten sogar dazu, Anträge beim Grundbuchamt zu stellen (BGH, Beschluss v. 12.11.2020, NJW Spezial 2021, 232). Die Gebühr kostet € 10.-, Umsatzsteuer fällt nicht an.

Aber: Im Rechtverkehr mit Kreditinstituten ist es so, dass diese sich in der Regel nicht auf privatschriftliche und auch nicht auf notariell beurkundete Vollmachten einlassen. Daher sollten für jedes Konto, Depot und ggfls. das Tresorfach  zusätzliche Vollmachten auf den bankeigenen Formularen erteilt werden!

Registrierung der Vorsorge-Vollmacht

Es besteht die Möglichkeit, die Kerndaten der Vorsorge-Vollmacht (ggfls. mit Patientenverfügung) im Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammerregistrieren zu lassen (Gebühr zwischen € 8,50 und € 18,50), das vom Betreuungsgericht eingesehen werden kann.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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