Weisungen des Familiengerichts

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Eine „heile“ Familie gibt es nur im Einvernehmen aller Beteiligten. Hält sich ein Ehepartner oder ein Elternteil nicht an gewisse Regeln, muss in letzter Konsequenz das Familiengericht entscheiden. So kann das Familiengericht in Scheidungsverfahren und insbesondere im Interesse des Wohlergehens eines Kindes Maßnahmen ergreifen.

Was sind Weisungen und Auflagen?

Weisungen und Auflagen sind allgemein Mittel, mit denen ein Gericht die Beteiligten eines Zivil- oder Strafverfahrens anhalten kann, Regeln einzuhalten. Im Familienrecht geht es meist darum, dass in Folge der schwierigen Erziehungssituation das Kindeswohl gefährdet erscheint und das Gericht Maßnahmen in Form von

  • Weisungen,
  • Auflagen,
  • Geboten
  • und Verboten

 treffen muss, um im Interesse des Kindes tätig zu werden.

Weisungen im Strafrecht

Auch im Strafrecht sind Weisungen ein geeignetes Werkzeug, um auf einen Straftäter einzuwirken. Ob es sich dabei um eine Weisung, Auflage oder Gebot oder Verbot handelt, hängt weitgehend vom Sprachgebrauch des Gesetzes und dem Zweck der Maßnahme ab.

Beispiel: Das Strafgericht kann einem Verurteilten für die Dauer der Bewährungszeit Weisungen erteilen, um zu vermeiden, dass der Täter auch künftig straffällig wird oder die verhängte Strafe verbüßen muss. So kann das Strafgericht den verurteilten Straftäter nach § 56c Abs. II Nr. 5 StGB anweisen, seiner Unterhaltspflicht nachzukommen, wenn er/sie als unterhaltspflichtiger Elternteil sich der gesetzlichen Unterhaltspflicht entzogen hat und dadurch den Lebensunterhalt eines minderjährigen Kindes gefährdet hat (§ 170 StGB).

Beispiel: Wurde ein minderjähriges Kind straffällig, kann der Jugendrichter als Erziehungsmaßregel den Jugendlichen anweisen, Hilfe zur Erziehung in Form von Erziehungsbeistandschaft oder Heimunterbringung anzunehmen (§ 12 JGG, 30 SGB VIII).

Weisungen von Familiengerichten

Beantragen Sie wegen nicht länger zumutbarer Umstände in Ihrer Lebenssituation die Scheidung (Härtefall), kann das Familiengericht vor Ablauf des Trennungsjahres das Scheidungsverfahren von Amts wegen aussetzen, wenn nach seiner freien Überzeugung Aussicht auf die Fortsetzung der Ehe besteht. Mit der Aussetzung kann das Gericht die Ehepartner anweisen, eine Eheberatung in Anspruch zu nehmen (§ 136 FamFG).

Streiten Sie im Scheidungsverfahren über eine Scheidungsfolge, z.B. Umgangsrecht, kann das Gericht anordnen und die Weisung erteilen, dass die Ehepartner einzeln oder gemeinsam an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder einer sonstigen Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung bei einer vom Gericht benannten Person oder Stelle teilnehmen. Hierüber müssen sie auch eine Bestätigung vorlegen. Allerdings ist die Weisung nicht mit Zwangsmitteln durchsetzbar (§ 135 FamFG).

Erziehungsmaßnahmen für das Kind

So kommen beispielsweise die Ladung und Ermahnung des Kindes und die Anweisung in Betracht, sich in einer bestimmten Art und Weise zu verhalten oder etwas zu unterlassen, wenn sich das Kind einer angemessenen Erziehungsmaßnahme widersetzt. Bei Bedarf bedient sich das Familiengericht der Hilfe des Jugendamtes, von dem auch die Initiative dazu ausgehen kann.

Gebote und Verbote bei Gefährdung des Kindeswohls

Es ist für viele Eltern eine Herausforderung, ein Kind angemessen zu erziehen. Eltern sind vielfach mit ihren eigenen Angelegenheiten, wie

  • mit dem Beruf
  • oder mit finanziellen Problemen
  • oder Partnerschaftskonflikten

beschäftigt. Das Familiengericht kann die Eltern auf deren Antrag bei der Ausübung der Personensorge für das Kind unterstützen (§ 1631 III BGB). Dabei werden die Familiengerichte vornehmlich helfend und ergänzend tätig, nämlich

  • als Schlichtungs- und Entscheidungsorgan zwischen den beiden Elternteilen
  • und als Instanz zur Übertragung des Sorgerechts auf einen Elternteil.

Dabei kontrolliert das Familiengericht die Ausübung der elterlichen Sorge sowohl in persönlichen wie in vermögensmäßigen Angelegenheiten. Diese Kontrolle konkretisiert sich insbesondere in Einzeleingriffen bei Gefährdung des Kindeswohls: Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl eines Kindes oder sein Vermögen gefährdet, hat das Familiengericht diejenigen Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind (§ 1666 BGB). In diesen Fällen  sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage, eine Gefahr abzuwenden. In letzter Konsequenz kommt die teilweise oder vollständige Entziehung der elterlichen Sorge Betracht.

Ist ein Elternteil mit der gerichtlichen Maßnahme nicht einverstanden, kann er oder sie gegen den Beschluss des Familiengerichts Beschwerde einlegen (Widerspruch) und die Maßnahme in der nächsthöheren Instanz gerichtlich überprüfen lassen.

Eltern lassen Kind nicht impfen

Wenn der betreuende Elternteil das Kind nicht gegen Masern impfen lässt, obwohl die Impfung gesetzlich vorgeschrieben ist, kann das Gericht das Gebot auferlegen, öffentliche Hilfen wie zum Beispiel Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe und der Gesundheitsvorsorge in Anspruch zu nehmen.

Eltern schicken Kind nicht zur Schule

Das Gericht kann die Weisung an den betreuenden Elternteil erteilen, für die Einhaltung der Schulpflicht zu sorgen. Dazu kann die Weisung gehören, dass das Kind zur Schule gebracht oder Kontakt zu den Lehrern aufgenommen wird.

Elternteil verbietet Umgang mit Kind

Kontaktverbote in Form von Weisungen oder Auflagen, auf unbestimmte Zeit die Familienwohnung zu nutzen, sich in einem bestimmten Umkreis in der Wohnung aufzuhalten oder zu bestimmende andere Orte aufzusuchen, an denen sich das Kind regelmäßig auffällt. Diese Vorschrift betrifft vor allem das Verhältnis des umgangsberechtigten Elternteils mit dem Kind nach der Trennung und Scheidung mit dem Kind. Weisungen dieser Art stehen zudem oft im Zusammenhang mit Verboten, Verbindungen zum Kind aufzunehmen oder ein Zusammentreffen mit dem Kind herbeizuführen

Beispiel: Nach der Scheidung wurde einem Elternteil das alleinige Sorgerecht für das gemeinsame Kind übertragen. Da sich der andere Elternteil immer wieder als gewalttätig erwiesen hatte und das Kind traumatisiert war, wurde ein weiteres Umgangsrecht verweigert. Da der Elternteil sich trotzdem immer wieder dem Kind näherte und die Gefahr der Retraumatisierung des Kindes bestand, erteilte das Gericht ein Umgangsverbot, das es im Detail näher ausgestaltete (OLG Saarbrücken, Beschluss vom 14.11.2016, Az. 6 U 90/16).

Neuer Lebensgefährte gefährdet das Kind

Das Familiengericht kann Weisungen bei Gefährdung des Kindeswohls auch gegen einen Dritten treffen. Oft geht es um den neuen Lebensgefährten eines Elternteils.

Beispiel: Der Bundesgerichtshof entschied einen Fall, in dem der Mutter eines minderjährigen Kindes und deren Lebensgefährten Weisungen zum Schutze des Kindes erteilt wurden (BGH, Urteil vom 23.11.2016, Az. XII ZB 149/16). Der Lebensgefährte der Mutter des Kindes hatte wegen wiederholten sexuellen Missbrauchs von Kindern eine Freiheitsstrafe verbüßt. Auf Anregung des Jugendamtes entzog das Familiengericht der Mutter das Sorgerecht. Auf die Beschwerde der Mutter wurde der Beschluss durch das Oberlandesgericht ausgesetzt. Zugleich erteilte das Oberlandesgericht der Mutter und dem Lebensgefährten folgende Weisungen:

  • Der Mutter wurde untersagt, dem Kind ohne ihre gleichzeitige Anwesenheit den Umgang mit dem Lebensgefährten zu erlauben,
  • zwischen 22:00 Uhr und 8:00 Uhr den Aufenthalt des Kindes in derselben Wohnung mit dem Lebensgefährten zu erlauben,
  • jederzeit unangekündigten Besuch des Jugendamtes zu gestatten.
  • Auch dem Lebensgefährten wurden entsprechende Verbote erteilt.


Elternteil verwaltet Geld des Kindes nicht pflichtgemäß

Ist die Vermögenssorge des Kindes betroffen, kann das Familiengericht die Auflage erteilen, dass der betreuende Elternteil ein Verzeichnis des Vermögens bei Gericht einreicht und über die Verwaltung Rechenschaft ablegt (§ 1667 BGB). Ist das eingereichte Verzeichnis ungenügend, kann das Familiengericht anordnen, dass es durch eine zuständige Behörde oder einen Notar aufgenommen wird. Außerdem kann das Familiengericht die Auflage erteilen, dass das Geld des Kindes in bestimmter Weise anzulegen und dass zur Abhebung vom Konto seine Genehmigung erforderlich ist. Außerdem kann das Familiengericht dem Elternteil, der das Vermögen des Kindes gefährdet, Sicherheitsleistungen auferlegen, die das Gericht nach eigenem Ermessen bestimmt.

Was passiert beim Verstoß gegen eine gerichtliche Weisung?

Hat das Familiengericht Weisungen Auflagen erteilt, geht es in der Praxis oft darum, derartige Anordnungen zwangsweise durchzusetzen. Im Einzelfall kommt es immer darauf an, was durchgesetzt werden soll. In der Regel kann das Gericht in einem ersten Schritt anmahnen, dass eine Weisung oder eine Auflage eingehalten wird. Darüber hinaus kommt die Anordnung eines Ordnungsgeldes und, wenn es nicht anders geht, die Anwendung unmittelbaren Zwangs in Betracht. In geeigneten Fällen leistet das Jugendamt Unterstützung.

Beispiel: Das Familiengericht hat dem betreuenden Elternteil die Weisung erteilt, das dem Unterricht abgeneigte Kind persönlich zur Schule zu bringen. Im Regelfall wird das Familiengericht die Schule über die bestehende Anordnung informieren. Missachtet der Elternteil die Weisung, kann die Schule das fortdauernde Fehlverhalten beanstanden. Das Gericht wird dazu den Elternteil anmahnen und gegebenenfalls ein Ordnungsgeld festsetzen. Es kann auch das Jugendamt beauftragen, das Kind notfalls unter Beiziehung von Polizeibeamten zur Schule zu bringen.

Fazit

Geht es um Weisungen und Auflagen des Familiengerichts, ist die familiäre Situation problematisch. Sie sollten sich nicht allein auf gerichtliche Hilfe verlassen, vielmehr unabhängig davon oder zusätzlich Wege suchen, um die familiäre Situation zu bewältigen.



Foto(s): iurFRIEND

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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