Welche Gebühren darf der Anwalt abrechnen? (Zivilrecht)

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Dieser Beitrag soll Sie, als Mandanten, in die Lage versetzen, die Abrechnung Ihres Anwalts zu überprüfen. Dabei geht es allerdings nur um die anwaltliche Tätigkeit im Zivilrecht. Die anwaltlichen Gebühren, welche beispielsweise in Strafsachen oder verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten anfallen, unterscheiden sich und werden hier nicht behandelt.

Übrigens haben wir uns auch mit dem Thema Anwaltshaftung in anderen Artikeln schon mehrfach beschäftigt:

Entscheidend für die Anwaltskosten ist zunächst einmal, welchen Auftrag der Anwalt hatte. Der Anwalt darf also keine Tätigkeiten abrechnen, für die er nicht beauftragt war. Deshalb ist es generell zu empfehlen, den Anwalt immer nur schrittweise nacheinander zu beauftragen. Was es hierbei zu beachten gilt, haben wir bereits in diesem Artikel beleuchtet:

Anwalt beauftragen?

Die anwaltliche Beauftragung lässt sich in mehrere, aufeinander folgende Abschnitte einteilen, die auch für die Abrechnung der Kosten entscheidend sind:

  1. Beratung
  2. Außergerichtliche Vertretung
  3. Gerichtliche Vertretung (1. Instanz)
  4. Gegebenenfalls gerichtliche Vertretung in weiteren Instanzen

Für jede einzelne Stufe der anwaltlichen Tätigkeit ist eine besondere Beauftragung erforderlich. Leider kommt es häufig vor, dass der Anwalt mit dem Mandanten überhaupt nicht detailliert bespricht, welche anwaltlichen Tätigkeiten durchgeführt werden sollen. Oftmals entscheidet der Anwalt nach eigenem „Gutdünken“ welche Maßnahmen zu ergreifen sind. In diesem Fall sollte die spätere Abrechnung des Anwalts kritisch daraufhin überprüft werden, ob überhaupt für alle Tätigkeiten ein entsprechender Auftrag erteilt worden war.

Beispiel: Angenommen, Sie werden von Ihrem Nachbarn verklagt, weil Ihr Baum zu weit auf das Nachbargrundstück gewachsen ist. Sie wenden sich an einen Rechtsanwalt und bitten ihn um seinen Rat. Der Anwalt verspricht, sich sofort um Ihre Angelegenheit zu kümmern. Er zeigt bei Gericht die anwaltliche Vertretung an und reicht einen Schriftsatz zur Klageerwiderung ein. Im weiteren Verlauf des gerichtlichen Rechtsstreits stellt sich aber heraus, dass eine Verteidigung gegen die Klage aussichtslos ist und der Nachbar im Recht ist. Im Ergebnis verläuft die Verteidigung gegen die Klage also erfolglos. Der Anwalt rechnet Ihnen gegenüber seine Gebühren für die gerichtliche Vertretung ab. In diesem Fall dürfte die Abrechnung der Gebühren für die gerichtliche Vertretung aber unberechtigt sein, da kein Auftrag für die gerichtliche Vertretung erteilt worden war. Wenn sich der Mandant mit der Bitte um anwaltliche Beratung an den Anwalt wendet, bedeutet dies, dass der Anwalt den Mandanten zunächst beraten muss. Im vorliegenden Fall hätte die anwaltliche Empfehlung richtigerweise dahin gehen müssen, dass eine Verteidigung gegen die Klage aussichtslos ist und weitere unnötige Kosten vermieden werden sollten.

Welche Kosten fallen für die einzelnen Abschnitte der anwaltlichen Tätigkeit an?

Wenn zwischen Anwalt und Mandant keine besondere Vergütungsvereinbarung getroffen wurde, richten sich die Anwaltskosten nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) und dem dazu gehörenden Vergütungsverzeichnis (VV RVG).

  1. Beratung

Für die Beratung enthält das Gesetz keine konkrete Regelung des Honorars. Vielmehr „soll“ eine Vergütung vereinbart werden. Wenn keine Vereinbarung erfolgt ist, ist eine „angemessene“ Vergütung geschuldet. Wie hoch eine „angemessene“ Vergütung in Euro ist, hängt stark vom Einzelfall ab und lässt sich nicht pauschal sagen. Allerdings enthält § 34 Abs. 1 RVG eine Obergrenze für das Beratungshonorar. Gegenüber Verbrauchern darf der Anwalt höchstens 250,00 € zuzüglich Auslagen und Umsatzsteuer abrechnen. Für ein erstes Beratungsgespräch sogar nur 190,00 € zuzüglich Auslagen und Umsatzsteuer. Wenn der Anwalt nach der Beratung weiter tätig ist und eine außergerichtliche oder gerichtliche Vertretung folgt, wird das Beratungshonorar auf das Honorar für die nachfolgende Tätigkeit angerechnet, sodass grundsätzlich für die Beratung überhaupt keine zusätzliche Vergütung zu bezahlen ist. Es fällt dann nur die Vergütung für die nachfolgende Tätigkeit an.

Für die außergerichtliche und für die gerichtliche Vertretung enthält das gesetzliche Vergütungsverzeichnis (VV RVG) konkrete Gebührenregelungen. Dabei sind viele verschiedene Einzelfälle und Ausnahmen geregelt. Wir beschränken uns hier auf die typischerweise in den meisten Fällen anfallenden Gebühren.

  1. Außergerichtliche Vertretung

Für die außergerichtliche Vertretung fällt gemäß Nr. 2300 VV RVG eine so genannte Geschäftsgebühr an. Die Geschäftsgebühr ergibt sich aus einem „Gebührensatz“. Dieser beträgt normalerweise 1,3, kann jedoch in besonderen Fällen niedriger oder höher anzusetzen sein (0,5 bis 2,5). Die konkrete Höhe des Gebührensatzes richtet sich nach verschiedenen Kriterien, wie Umfang und Schwierigkeit der Tätigkeit. In den meisten Fällen wird in der Praxis jedoch die Standardgebühr mit dem Gebührensatz von 1,3 abgerechnet. Wie hoch die Geschäftsgebühr nun in Euro ist, ergibt sich aus der Gebührentabelle:

Für die Höhe der Gebühr ist also der so genannte „Gegenstandswert“ entscheidend. Dieser ergibt sich bei Streitigkeiten um, bei denen es um Geld geht, aus dem streitigen Geldbetrag. Wenn man den Anwalt also beispielsweise damit beauftragt, 10.000,00 € einzufordern, dann beträgt der Gegenstandswert entsprechend 10.000,00 €. Nun kann man aus der Gebührentabelle ablesen, dass hierfür eine einfache Gebühr (1,0) in Höhe von 614,00 € anfällt. Wenn nun der Gebührensatz für die Geschäftsgebühr 1,3 beträgt, muss die Gebühr noch mit dem Gebührensatz multipliziert werden. In dem Beispiel ergibt sich also folgende Gebühr:

614,00 € * 1,3 = 798,20 €

Auf der Anwaltsrechnung kommt dann zu dieser so errechneten Gebühr meist noch eine Auslagenpauschale in Höhe von 20,00 € und die gesetzliche Umsatzsteuer hinzu. In diesem Beispiel würde die Anwaltsrechnung also im Ergebnis so aussehen:

Häufig fällt auch noch eine so genannte „Einigungsgebühr“ an. Dies ist immer dann der Fall, wenn der Anwalt eine Einigung zwischen den streitenden Parteien herbeiführt. Die Einigungsgebühr hat normalerweise den Gebührensatz 1,5.

  1. Gerichtliche Vertretung (1. Instanz)

Für die Vertretung in einem gerichtlichen Verfahren enthält das RVG ebenso wie im außergerichtlichen Bereich bestimmte Gebührentatbestände mit entsprechenden Gebührensätzen. Die Höhe der Gebühr ergibt sich dann aus der gleichen Gebührentabelle, die auch im außergerichtlichen Bereich gilt. Typischerweise fallen im gerichtlichen Verfahren folgende Gebühren an.

  1. Zunächst entsteht eine Verfahrensgebühr in Höhe von 1,3.
  2. Wenn ein Gerichtstermin stattfindet, kommt eine Terminsgebühr in Höhe von 1,2 hinzu.
  3. Gegebenenfalls entsteht eine Einigungsgebühr in Höhe von 1,0.

Außerdem gibt es noch eine Besonderheit für den Fall, dass der Anwalt zunächst außergerichtlich und anschließend gerichtlich tätig war. Dann wird nämlich die außergerichtlich angefallene Geschäftsgebühr hälftig auf die gerichtliche Verfahrensgebühr angerechnet. Typischerweise sieht die Rechnung dann folgendermaßen aus:

Generell gilt, dass der Anwalt keine unnötigen Kosten produzieren darf und den für den Mandanten günstigsten Weg wählen muss. Wichtig ist dies immer dann, wenn ein Rechtsstreit im Ergebnis erfolglos verläuft. Wenn der Anwalt dies erkennen kann, darf er keine Kosten auslösenden Maßnahmen ergreifen, die für den Mandanten im Ergebnis erkennbar zu keinem Erfolg führen.

Nicht selten kommt es vor, dass Anwälte beispielsweise eine Geschäftsgebühr abrechnen, welche eigentlich eine außergerichtliche Vertretung voraussetzen würde, obwohl nur eine Beratung erfolgte.

Welche Probleme es bei der Beauftragung eines Anwalts noch geben kann und welche Tipps und Tricks es in diesem Fall gibt, haben wir in diesem Beitrag erklärt:

Unzufrieden mit dem Anwalt?

Dort behandeln wir auch den legendären „Widerrufsjoker“.

Wenn Sie den Verdacht haben, dass ein Anwalt Ihnen gegenüber zu hohe Gebühren abgerechnet hat oder anderweitige Fehler gemacht hat, können Sie gerne Kontakt mit uns aufnehmen. Die Kanzlei TREWIUS Rechtsanwälte steht Ihnen gerne für eine kostenlose Erstberatung zur Verfügung. Weitere Informationen zum Thema Anwaltshaftung, Anwaltskosten und Gebühren finden Sie auf unserer Internetseite.

Foto(s): TREWIUS

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