Welche Sanierungsmöglichkeiten bestehen für Unternehmen in Krise und Insolvenz?

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Für Unternehmen in einer Krise und einer Insolvenz bietet das Gesetz vielfältige Sanierungsmöglichkeiten. In der Regel zeichnet sich eine Krise bereits frühzeitig ab, wenn beispielsweise Konflikte zwischen den Gesellschaftern, Geschäftsführern und Investoren ungelöst bleiben oder sich die Wettbewerbsposition des Unternehmens verschlechtert. Gegenwärtig kommen auch externe Ursachen, wie der Konflikt in der Ukraine und die Maßnahmen zur Bekämpfung der Coronapandemie hinzu, die eine wirtschaftliche Krise herbeiführen oder vertiefen können.

Frühe Anzeichen der Krise werden oftmals nicht erkannt. Dabei gilt doch, je früher Sanierungsmaßnahmen eingeleitet werden, desto größer die Aussichten, das Unternehmen erfolgsreich zu sanieren. Der Beitrag soll einen ersten Überblick bieten, welche Möglichkeiten bestehen und wann zur Vermeidung einer zivil- und strafrechtlichen Haftung gehandelt werden muss.


Was Sie jetzt tun sollten

Wenn sich Zahlungsschwierigkeiten abzeichnen, sollte umgehend juristische und betriebswirtschaftliche Hilfe in Anspruch genommen werden. Erfahrungsgemäß werden Sanierungschancen dadurch vertan, dass sich Betroffene zu spät helfen lassen. Das Prinzip Hoffnung ist sein schlechter Ratgeber. Hinterfragen Sie Ihre Hoffnungen auf eine Verbesserung der wirtschaftlichen Situation kritisch.


Was Sie jetzt tun müssen

1. Krise der Gesellschaft

Die Insolvenzantragspflicht besteht nahezu bei allen Gesellschaftsformen (insbesondere GmbH, UG, AG oder GmbH & Co. KG). Nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Feststellung der Überschuldung ist unverzüglich einen Insolvenzantrag zu stellen. Bei Eintritt der Zahlungsunfähigkeit spätestens aber binnen drei bzw. sechs Wochen nach Eintritt der Überschuldung. Unkenntnis entlastet nicht!

Die Verletzung der Insolvenzantragspflicht ist strafbar. Ferner drohen Haftungsansprüche gegen die Organe persönlich.


2. Krise des Einzelunternehmens

Als Einzelunternehmer besteht keine Pflicht, einen Insolvenzantrag zu stellen. Zwar kann dem Einzelunternehmer keine strafbare Insolvenzverschleppung vorgeworfen werden, dafür besteht aber das Risiko, durch die Betriebsfortführung andere Straftaten zu begehen. In Betracht kommen beispielsweise Betrug oder die Vorenthaltung von Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversicherung.


Handlungsoptionen

Die Handlungsmöglichkeiten orientieren sich grundsätzlich am Umfang der Krise. Je weiter die Krise fortgeschritten ist, desto zwingender sind die erforderlichen Instrumente.


1. Außergerichtliche Sanierung

In einem frühen Krisenstadium kann ein außergerichtlicher Vergleich mit den Gläubigern ein Ausweg aus der Verschuldung sein. Hierzu wird mit allen Gläubigern ein Vergleich geschlossen, der regelmäßig Ratenzahlungen und Teilverzichte auf die Forderungen vorsieht. Möglich ist auch die Beteiligung eines außenstehenden Kapitalgebers, der diesen Vergleich gegen eine Beteiligung am Unternehmen finanziert. Diese Art der Sanierung ist nur einvernehmlich möglich.


2. Sanierung außerhalb eines klassischen Insolvenzverfahrens

Seit dem 01.01.2021 können auch die Instrumente des neuen Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetzes (StaRUG) in Anspruch genommen werden. Das neue Sanierungsrecht bietet die Möglichkeit, Verbindlichkeiten auch gegen den Willen einzelner Gläubiger zu reduzieren. Von Vorteil ist auch, dass nicht alle Gläubiger in den Vergleich einbezogen werden müssen und dass das Verfahren nicht zwangsläufig veröffentlich wird. Damit die Vorteile einer Sanierung außerhalb eines Insolvenzverfahrens in Anspruch genommen werden können, darf hingegen die Krise des Unternehmens noch nicht weit fortgeschritten sein, weshalb auch hier frühzeitiges Handeln zwingend ist.


3. Sanierung im Insolvenzverfahren

Sollte eine Einigung mit den Gläubigern scheitern, ist eine Sanierung auch ohne Zustimmung der Gläubiger im Rahmen eines Insolvenzverfahrens möglich. Das Insolvenzrecht bietet umfassende Sanierungsmöglichkeiten. Für das Unternehmen und die Gläubiger kann ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung die beste Lösung sein.

Während des Insolvenzverfahrens ist das Unternehmen unter anderem vor Zwangsvollstreckungsmaßnahmen der Gläubiger oder der Verwertung von Sicherungsgut, welches für den Geschäftsbetrieb erforderlich ist, geschützt. Das Verfahren öffnet den Weg für Forderungsverzichte der Gläubiger. Zugleich wird auch die Liquidität des Unternehmens durch verschiedene Instrumente gestützt.

Auf einen Insolvenzantrag wird das Insolvenzgericht zunächst einen (vorläufigen) Insolvenzverwalter bestellen. Das Insolvenzgericht wird das Insolvenzverfahren eröffnen, wenn für das Unternehmen ein Insolvenzgrund vorliegt und die Kosten des Insolvenzverfahrens gezahlt werden können. Der Insolvenzverwalter hat sicherzustellen, dass die Gläubiger bestmöglich befriedigt werden. Der Insolvenzverwalter hat die Möglichkeit, das Unternehmen als Ganzes zu verkaufen (übertragende Sanierung). Kommt ein solcher Verkauf nicht in Betracht, bleibt dem Insolvenzverwalter in der Regel nur die Zerschlagung, also die Einstellung des Geschäftsbetriebs und der Verkauf der einzelnen Vermögensgegenstände. Die Zerschlagung bedeutet den Verlust des Unternehmens und in der Regel den Totalausfall für die Gläubiger. Die Alternative heißt Sanierung in Eigenverwaltung.


4. Eigenverwaltung und Schutzschirmverfahren

Auch bei einer Eigenverwaltung und dem Schutzschirmverfahren handelt es sich um ein Insolvenzverfahren, allerdings ohne Insolvenzverwalter. Die bisherige Geschäftsführung bleibt im Amt. Statt eines Insolvenzverwalters bestellt das Gericht einen Sachwalter. Im Gegensatz zu einem Insolvenzverwalter hat ein Sachwalter rein überwachende Funktion. Ziel ist die Erhaltung des Unternehmens durch Wiederherstellung der Zahlungsfähigkeit und Beseitigung der Überschuldung. Dies im Wege eines Insolvenzplans.

Die Eigenverwaltung

  • kostet weniger und ist schneller als ein „normales“ Insolvenzverfahren und
  • vereinfacht die Betriebsfortführung durch die langjährige Betriebs- und Branchenerfahrung der bisherigen Geschäftsführung,
  • schont die Liquidität des Unternehmens,
  • gewährleistet höhere Quotenzahlungen an die Gläubiger.


5. Insolvenzplan

Der Insolvenzplan ist ein gerichtlicher Vergleich mit den Gläubigern, um die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens wiederherzustellen und eine Überschuldung zu beseitigen. Insolvenzpläne regeln insbesondere Teilverzichte und den Umgang mit Sicherheiten der Gläubiger. In einem Insolvenzplan können zur Erhaltung des Unternehmens Regelungen vereinbart werden, die von den Vorgaben eines „normalen“ Insolvenzverfahrens abweichen. So können beispielsweise die Beteiligungsverhältnisse neu geordnet oder die Besetzung der Geschäftsführung gestaltet werden. Der Vorteil eines Insolvenzplans gegenüber einem außergerichtlichen Vergleich ist unter anderem, dass ein Insolvenzplan auch gegen den Willen maßgeblicher Gläubiger wirksam werden kann.


6.  Übertragende Sanierung

Alternativ zu einem Insolvenzplan kann das Unternehmen auch durch eine übertragende Sanierung entschuldet werden. Bei der übertragenden Sanierung wird das Vermögen des Unternehmens von einem Insolvenzverwalter auf einen neuen Rechtsträger (beispielsweise eine GmbH) übertragen. Dabei bleiben die Verbindlichkeiten beim alten Rechtsträger des Unternehmens, das im Rahmen des Insolvenzverfahrens liquidiert wird. Auf den neuen Rechtsträger gehen auch etwaige Arbeitsverhältnisse über. Das Unternehmen kann mit dem übernehmenden Rechtsträger ohne finanzielle Altlasten den Geschäftsbetrieb fortführen. Die übertragende Sanierung bedeutet für den Unternehmer oftmals den Verlust des eigenen Unternehmens. Sie spielt daher im Rahmen von Eigenverwaltungsverfahren keine entscheidende Rolle.


7. Operative Sanierung

Mit der Entschuldung ist der Sanierungsprozess regelmäßig nicht abgeschlossen. Ein Entschuldungsverfahren sollte daher grundsätzlich von einer operativen Sanierung begleitet werden.

Die Krise ist eine Gelegenheit, das Unternehmen neu aufzustellen. Spezialisierte Berater erstellen vollständige Sanierungskonzepte (IDW S6) für Ihr Unternehmen und begleiten die Umsetzung. Sanierungskonzepte (nach IDW S6) ermöglichen Ihnen auch in erfolgversprechende Verhandlungen - beispielsweise mit Ihren Finanzierungspartnern - über eine Neugestaltung der Finanzierung einzutreten. Je früher diese Möglichkeiten in der wirtschaftlichen Krise eines Unternehmens genutzt werden, desto wahrscheinlicher ist, dass eine Insolvenzreife des Unternehmens beseitigt werden kann.

Ein betriebswirtschaftliches Sanierungskonzept ist aber auch im Rahmen der Sanierung in einem gerichtlichen Verfahren unverzichtbar. Denn ein Schuldenschnitt im Rahmen eines Insolvenzverfahrens wird in der Regel zu keinem dauerhaften Sanierungserfolg führen, wenn nicht zugleich auch eine operative Sanierung gelingt.

Das Insolvenzrecht ist komplex, streng normiert und birgt Haftungsrisiken. Daher ist eine professionelle Begleitung des Unternehmens unerlässlich. Wir beraten Sie jederzeit gerne.



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