Wenn der Umgang nicht klappt...

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Wie verhalte ich mich in kritischen Situationen?

Eltern, die sich voneinander trennen, trennen sich als Paar. Als Eltern bleiben sie miteinander verbunden und können in den allermeisten Fällen den Kontakt zueinander nicht einfach abbrechen. Auch in der emotional schwierigen Zeit der Trennung sind zahlreiche Fragen rund um die gemeinsamen Kinder auch weiterhin gemeinsam zu entscheiden und zu regeln. Zunächst sind die Eltern gehalten, sich darüber zu verständigen, bei welchem Elternteil die gemeinsamen Kinder in Zukunft ihren Aufenthalt haben sollen. Dies ist Teil des gemeinsamen Sorgerechts (gem. §§ 1626 ff BGB), das auch nach der Trennung der Eltern weiterhin gemeinsam ausgeübt wird.

Weitere Sorgerechtsentscheidungen, die gemeinsam zu treffen sind, sind Entscheidungen über medizinische Behandlungen, die über alltägliche medizinische Leistungen hinausgehen oder zum Beispiel Fragen rund um Schulanmeldung, Fächerwahl, usw.

Nicht zu verwechseln mit dem Sorgerecht ist das sogenannte Umgangsrecht. Dies ist die Frage der Besuchskontakte zwischen dem Elternteil, der die eheliche Wohnung verlassen hat und den gemeinsamen Kindern. 

Das Gesetz normiert in § 1684 BGB an erster Stelle das Umgangsrecht des Kindes mit jedem Elternteil! Die Eltern sind mithin gehalten, eine gemeinsame Umgangsregelung zu vereinbaren, die sich an den Interessen des Kindes orientiert.

Häufig ist zu beobachten, dass aus zahlreichen Gründen heraus schnell das als sog. Wechselmodell bezeichnete Betreuungsmodell der Kinder angesprochen wird. Bei diesem betreuen die Eltern im Wechsel das Kind, meist, aber nicht notwendigerweise, zu gleichen Anteilen. 

Den beteiligten Eltern ist hierbei oft nicht klar, welche Voraussetzungen ein solches Wechselmodell haben muss, um auf Dauer zu funktionieren und damit den Kindern auch wirklich zuträglich zu sein, vornehmlich ist eine Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit der Eltern zu denken. Die Einrichtung eines Wechselmodells hat auch finanzielle Konsequenzen, die vorab bedacht sein sollten. Denn sicherlich muss auch beurteilt werden, ob sich die Familie zwei vollständige Haushalte leisten kann.

In den allermeisten Fällen wird zunächst ein Besuchsrecht für den Elternteil eingeräumt, der aus der ehelichen Wohnung ausgezogen ist, welches zeitlich hinter einer hälftigen Betreuung zurückbleibt.

Gesetzlich ist hierbei vorgesehen, dass die Eltern die Ausgestaltung des Umgangs miteinander vereinbaren, es gibt insofern kein Regelmodell. Die Häufigkeit der Besuche, die Dauer und auch die Frage nach zusätzlichen Besuchstagen oder Abenden neben regulären Wochenenden ist stets eine Frage der individuellen Situation. 

Zunächst ist auf die Bedürfnisse der Kinder einzugehen, deren Alter und deren Wunsch nach Kontakt mit dem anderen Elternteil. 

Sind die Eltern hier nicht in der Lage, eine gemeinsame Vereinbarung zu treffen, treten häufig die gleichen Fragen auf: Eine erste Frage ist, ob der betreuende Elternteil auf spontan geäußerte Umgangswünsche des anderen Elternteils eingehen und reagieren muss. Dies kann sowohl Besuchstermine als auch zum Beispiel Telefonate mit dem Kind betreffen. Im Vordergrund sollte stehen, verlässliche und planbare Strukturen sowohl für die Kinder als auch die Eltern zu schaffen. Punktuelle Abweichungen hiervon können gemeinsam vereinbart werden, sollten allerdings die Ausnahme darstellen. Gerade in einer ersten Trennungszeit ist es wichtig, den Kindern kein allzu großes Hin und Her zuzumuten. Kinder sind schnell mit der neuen Situation überfordert. Wissen sie nicht mehr, wo sie hingehören und wer sich an dem betreffenden Tag um sie kümmert, löst dies Stress aus. Aus diesem Grunde sind im vorherein verabredete Termine, die auch unbedingt einzuhalten sind, der richtige Weg. Sollte allerdings das Kind spontan den Wunsch äußern, mit dem anderen Elternteil in Kontakt zu treten, sollte dem stets nachgegeben werden. 

Schlussendlich wird sich immer zeigen, dass der Umgang nur funktioniert, wenn die Kinder mit der diesbezüglichen Regelung einverstanden sind. Andernfalls wird schnell eine Abwehr geäußert werden, sodass sich auch in dieser Situation schnell die Frage stellt, wie sich die Eltern verhalten sollen. 

Möchte das Kind einen geplanten Umgangstermin nicht wahrnehmen, ist der betreuende Elternteil zunächst gehalten, auf das Kind im Rahmen seiner gesetzlich normierten Loyalitäts- und Wohlverhaltenspflicht (§ 1684 II BGB) sanft einzuwirken. Es sollten insofern Gespräche stattfinden, aus welchen Gründen der Besuch beim anderen Elternteil an diesem Tag nicht gewünscht ist. Unter Umständen kann ein Tag zugewartet werden oder eben doch gemeinsam mit Kind und anderen Elternteil der Umgang zunächst stattfinden, mit der Möglichkeit für das Kind, gegebenenfalls nach einigen Stunden doch wieder nach Hause zurückzukehren. Zwang ist hier fehl am Platze und führt nur zu weiterer Verweigerungshaltung des Kindes.

Oft kommt es sodann vor, dass der andere Elternteil die nächsten Umgangstermine am liebsten mit dem Kind vereinbaren möchte. Dies stellt schnell eine Überforderung der Kinder dar, wenn diese noch kein Jugendalter erreicht haben. Auch kann es sein, dass hierdurch Terminkollisionen überhaupt erst geschaffen werden. Die Termine sollten daher vornehmlich zwischen den Eltern vereinbart werden, das Kind sollte insofern in die Planung nur insoweit einbezogen werden, als dass dessen grundsätzlichen Wünsche erfragt und beachtet werden.

Auch wird es häufig als problematisch empfunden, wenn während der Umgangszeit des nicht betreuenden Elternteils Aktivitäten der Kinder wie Sport, Musikunterricht oder zum Beispiel Einladungen zu Kindergeburtstagen stattfinden. Der nicht betreuende Elternteil möchte schließlich die Zeit mit dem Kind selber verbringen. Auch hier geht es aber darum, die Rechte der Kinder wahrzunehmen und zu schützen. Das Kind wird in aller Regel seine Aktivität ausüben wollen. Sollte ihm dies während der Umgangszeiten nicht möglich sein, kann dies zu einer Belastung der Eltern-Kind-Beziehung führen. Das Kind wird sich dann häufig gegen die regelmäßigen Umgänge wehren, weil es diese als einschränkend wahrnimmt. 

Das Gesetz wird das Kind in jedem Fall schützen: Umgänge sind in Häufigkeit und Dauer so einzurichten, dass sie dem Wohl des Kindes entsprechen. Aus diesem Grund können auch Umgangseinschränkungen gerichtlich entschieden werden, wenn dies dem Kind mehr förderlich ist (siehe § 1684 III; IV BGB). Stellt der Umgang gar eine Belastung für das Kind dar, kann dieser im schlimmsten Fall auch entweder zeitweilig oder auch auf Dauer ausgeschlossen werden. Letzteres stellt allerdings die Ausnahme dar.

Das oberste Prinzip in allen elterlichen Entscheidungen rund um Aufenthalt und Umgang sollte daher sein, das Hauptaugenmerk nicht zu verlieren: unter welchen Voraussetzungen und Lebensumständen geht es dem Kind nach der Trennung der Eltern am besten. 

München, 21. Juni 2018

RAin Helicia Herman


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