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Werktitelschutz für Bezeichnungen von Veranstaltungen

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Vielen Veranstaltern ist das Problem geläufig: Sie starten eine Veranstaltungsreihe mit einem mehr oder weniger bezeichnenden Titel, tragen diesen aber nicht als Marke beim Deutschen Patent- und Markenamt ein (oder eine geplante Markenregistrierung scheitert). Die Veranstaltungen sind erfolgreich und werden nach und nach bekannt(er). Wettbewerber springen auf den fahrenden Zug auf und veranstalten Events mit einem identischen oder ähnlichen Konzept und verwenden einen identischen oder zumindest ähnlichen Titel. Was nun?

Unter Umständen können Bezeichnungen von Veranstaltungen als Werktitel und damit als geschäftlichen Bezeichnung im Sinne des § 5 MarkenG und damit ohne Eintragung als Marke geschützt sein. Die Anzahl der veröffentlichten Gerichtsentscheidungen zum Thema ist, im Vergleich zu Urteilen mit Bezug zu eingetragenen Marken, recht überschaubar. 

Erst im Jahr 2010 urteilte der Bundesgerichtshof, dass Titel von Veranstaltungen grundsätzlich als Werktitel im Sinne von § 5 MarkenG geschützt sein können (BGH, GRUR 2010, 642 WM-Marken). 

Folgende Kriterien sind relevant: Werktitel müssen, um schutzwürdig zu sein, lediglich ein Mindestmaß an Unterscheidungskraft aufweisen. Hierbei stellt die Rechtsprechung an die Unterscheidungskraft keine hohen Anforderungen. Der Werktitel muss lediglich Kennzeichnungskraft in dem Maß haben, dass er sich dafür eignet, ein Werk von einem anderen zu unterscheiden. Dafür ist ein Mindestmaß an Individualität ausreichend. Weiterhin muss es sich bei der Veranstaltung um ein „Werk“ im Sinne des Gesetzes handeln, also um eine geistige Leistung mit kommunikativem Inhalt, das einer Benennung bedarf. 

So wurde beispielsweise der Veranstaltungstitel „Die Nacht der Musicals“ als schutzfähig im Sinne des § 5 MarkenG angesehen. Unter diesem Veranstaltungstitel wurden dem Publikum Ausschnitte aus verschiedenen Musicals in einer Bühnenshow vorgeführt. Das Gericht erachtete es insoweit als ausreichend, dass die Bezeichnung geeignet ist, das Werk als solches zu individualisieren und auf diese Weise von anderen Werken unterscheidbar zu machen (Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 16. November 2008, 6 U 114/07). Dementsprechend untersagte das Gericht die Durchführung einer ähnlichen Veranstaltung mit dem Titel „Galanacht der Musicals“. 

Das Gericht führte u. a. wie folgt aus:

„Die Anforderungen an die Unterscheidungskraft von Werktiteln sind damit noch niedriger als die an die Kennzeichnungskraft von Marken, weil es nicht wie dort um die Unterscheidung der betrieblichen Herkunft, sondern allein darum geht, ob der Begriff von den angesprochenen Verkehrskreisen als Bezeichnung für ein individuelles Werk angesehen wird“.

Weiterhin bejahte das Landgericht Berlin einen Werktitelschutz für den Veranstaltungstitel „Country-Music-Messe" und die Abkürzung „CMM“ (Landgericht Berlin, Entscheidung vom 28.April 2010, 96 O 41/10)

Das Gericht führte wie folgt aus:

„Eine Veranstaltung und die hinter ihr stehende Konzeption sind als titelschutzfähiges Werk anzusehen, das eine geistige Leistung mit kommunikativem Inhalt darstellt und deshalb als solches einer Benennung bedarf. Für den Werktitelschutz der Bezeichnung einer Veranstaltung reicht es aus, dass ein bezeichnungsfähiges Arbeitsergebnis vorliegt, und die Bezeichnung die Veranstaltung als sonstiges geistiges Werk i. S. v. § 5 Abs. 3 MarkenG individualisiert.

Die geschäftliche Bezeichnung "Country Music Messe" und die hierauf basierende Abkürzung "CMM" für eine Veranstaltung, auf der sich "Country"-Musiker mit Live-Auftritten und weiteren Promotionsmaßnahmen Konzertveranstaltern und Verbrauchern vorstellen, sind schutzfähige Werktitel i. S. d. § 5 Abs. 3 MarkenG. Den Bezeichnungen fehlt nicht die für den Schutz als Werktitel notwendige Kennzeichnungskraft; denn zum einen sind bei Werktiteln die Anforderungen an die Kennzeichnungskraft eher gering, und zum anderen ist der Verkehr gerade bei Messen daran gewöhnt, dass ihr Gegenstand bereits im Titel kurz und prägnant beschrieben wird, was häufig nur durch eine Bezeichnung möglich ist, die eng an beschreibende Angaben angelehnt ist.“

Das Kammergericht Berlin sah den Veranstaltungstitel „Casual Concerts“ für eine dreimal jährlich stattfindende Konzertreihe betreffend klassischer Musik in einer ungezwungenen, entspannten Atmosphäre als unterscheidungskräftigen Werktitel an. Einem Wettbewerber wurde damit die Bezeichnung seiner Veranstaltungsreihe als „Casual Concerts“ untersagt (Kammergericht Berlin, Entscheidung vom 13.07.2016, Az.: 5 U 36/15). 

Dieser Wettbewerber hatte als Argument gegen eine Verletzung des Werktitels u. a. auf eine Zurückweisung der Marke „Casual Concerts“ durch das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) wegen fehlender Unterscheidungskraft hingewiesen. Zu Recht maß das Gericht diesem Argument jedoch keine Bedeutung zu, da die Anforderungen an die Kennzeichnungskraft einer Marke (deutlich) höher sind als bei einem Titelschutz. Denn bei letzterem geht es nur um die unmittelbare Unterscheidung eines Werks von einem anderen, während eine eigetragene Marke als betrieblicher Herkunftshinweis der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen dient. Auch ist der Schutzumfang einer Marke in der Regel weiter als der eines Werktitels. Dies rechtfertigt bei einer Marke auch entsprechend höhere Anforderungen an die Schutzfähigkeit.

Das Landgericht Hamburg hatte sich kürzlich mit der Frage auseinander zu setzen, ob dem Veranstaltungstitel „Nacht der Masken“ für eine exklusive Veranstaltungsreihe im Bereich Erotik, die konzeptionell an die Schlossparty in dem Film „Eyes Wide Shut“ erinnert, und seit ca. 15 Jahren durchgeführt wird, Werktitelschutz im Sinne des § 5 MarkenG zukommt. 

Ein Wettbewerber des Veranstalters bediente sich ebenfalls des Titels „Nacht der Masken“ für ein ähnliches Veranstaltungskonzept. 

Das Landgericht Hamburg bejahte den Schutz der Bezeichnung „Nacht der Marken“ als Werktitel und untersagte dem Wettbewerber die Verwendung dieses Veranstaltungstitels (LG Hamburg, Beschluss vom 12.10.2018, Az.: 327 O 364/18). Der Beschluss enthält, da es sich um eine Entscheidung im Eilverfahren handelt, keine Begründung. 

Es ist damit grundsätzlich möglich, auch ohne eingetragene Marke gegen einen Wettbewerber, der eine identische Bezeichnung für eine Veranstaltung mit einem identischen oder ähnlichen Konzept verwendet, vorzugehen. 

Gleichwohl empfiehlt es sich, soweit möglich, eine Eintragung des Titels als Marke vorzunehmen. Die Kosten der Eintragung liegen bei einer elektronischen Anmeldung bei lediglich EUR 290. Ist der Titel als Marke eingetragen, erübrigt sich in der Regel jegliche Diskussion darüber, ob ein Wettbewerber die Marke für eigene Zwecke nutzen darf oder nicht.


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