Widerrufsrecht - das sollte man wissen!

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Widerrufsrechte - und wie ich sie einsetze

Widerrufsrechte werden gesetzlich bei bestimmten Vertragstypen (Darlehensverträgen oder Finanzierungsverträgen mit Verbrauchern) oder aufgrund der konkreten Abschlusssituation (z.B. Fernabsatz) gewährt und geben dem Verbraucher ein Recht, sich nachträglich von geschlossenen Verträgen wieder zu lösen.

Ist die Widerrufsbelehrung dabei fehlerhaft oder werden erforderliche Pflichtangaben nicht oder nicht richtig erteilt, so läuft die Widerrufsfrist nicht an. 

In einigen Fällen führt das dann zum ewigen Widerrufsrecht. Man spricht auch vom "Widerrufsjoker".

Wir geben einen Überblick.

Widerrufsrecht beim Darlehensvertrag

Bei Verbraucherdarlehen ergibt sich das Widerrufsrecht zunächst aus §§ 495, 355 BGB. 

Nicht jeder vermeintliche Fehler in der Widerrufsbelehrung eines Darlehensvertrags eröffnet aber ein Widerrufsrecht wegen einer nicht laufenden Widerrufsfrist.

So sind etwa sog. KfW-refinanzierte Darlehen regelmäßig vom Widerrufsrecht ausgenommen, § 491 Abs. 2 Nr. 5 BGB, da sie zu vergünstigten Zinsen gewährt werden.

Umgekehrt gewähren sonstige Finanzierungsverträge (etwa das Finanzierungsleasing) nach § 506 Abs. 1 BGB ein Widerrufsrecht.

Widerruf von Immobiliendarlehen

Besonders bedeutsam war in den vergangenen Jahren das Widerrufsrecht bei Immobiliendarlehen (rechtlich korrekt Immobiliardarlehensverträgen), also solchen, die grundpfandrechtlich besichert sind oder dem Erwerb oder der Erhaltung einer Immobilie dienen, § 491 Abs. 3 BGB.

Solche Verträge können auch heute noch weiter widerruflich sein, wenn sie

  • nach dem 10.06.2010 und vor dem 21.03.2016 abgeschlossen wurden und
  • eine fehlerhafte Widerrufsinformation/Widerrufsbelehrung und/oder fehlende oder fehlerhafte Pflichtangaben enthalten.

Dann ist die Widerrufsfrist noch nicht abgelaufen.

Für Verträge ab dem 21.03.2016 hat der Gesetzgeber eine zeitliche Beschränkung des Widerrufsrechts auf 12 Monate und 14 Tage nach Vertragsschluss eingezogen, § 356b Abs. 2 Satz 4 BGB.

Besteht das Widerrufsrecht wegen einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung noch, ermöglicht der Widerruf 

  1. den Ausstieg aus der Zinsbindung ohne Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung, 
  2. die Erlangung von Nutzungsersatzansprüchen und 
  3. die Nutzung des aktuell niedrigen Zinsniveaus. 

Details zu den Möglichkeiten und möglichen Fehlern bei Widerrufsinformation oder Pflichtangaben insoweit finden Sie unter

fehlerhafte Widerrufsbelehrungen bei Immobiliendarlehen

Widerruf von Kfz-Finanzierungen 

Unter den Allgemein-Verbraucherdarlehen, § 491 Abs. 2 BGB hatten und haben insbesondere Kfz-Finanzierungen in den letzten Jahren erhebliche Bedeutung. 

Dies insbesondere, wenn diese Darlehen vom Verkäufer der Fahrzeuge vermittelt wurden, da dann Darlehensvertrag und Kaufvertrag verbundene Geschäfte darstellen.

Können solche Darlehensverträge wegen fehlerhafter Widerrufsbelehrung oder fehlerhaften Pflichtangaben noch widerrufen werden, weil die Widerrufsfrist noch nicht abgelaufen ist, muss auch der Kaufvertrag rückabgewickelt werden. 

Dies war und ist besonders für Käufer von Dieseln interessant und hat durch aktuelle Urteile des EuGH (C-66/19) und BGH, Urteile vom 27.10.2020, nochmal erheblich an Dynamik, aber auch an Komplexität gewonnen.  

Details zu den Möglichkeiten insoweit finden Sie unter

Widerrufsrechte bei Kfz-Finanzierungen

Ob dies auch beim sog. Kilometerleasing gilt, entscheidet der BGH zeitnah.

Widerruf anderer Finanzierungen

Darüber hinaus konnten und können über das Widerrufsrecht auch andere Finanzierungsverträge widerrufen werden, wenn die Widerrufsbelehrung falsch ist und das Widerrufsrecht mithin nicht erloschen ist.

Dies betrifft etwa vermeintliche Studienförderungsverträge, die nach unserer Auffassung nur verkappte Darlehensverträge sind. 

Detaillierte Informationen dazu unter

Widerrufsrechte bei Studienförderverträgen

Hier dient ein Widerruf der Vermeidung oder der Reduzierung von Zinsen von meist 15 % p.a. oder mehr.

Ebenso konnten und können so gegebenenfalls innenfinanzierte Fonds widerrufen werden; Details unter

Widerrufsrechte bei innenfinanzierten Fonds

um so eingetretene Wertverluste der Fonds auf das finanzierende Kreditinstitut zu verlagern.


Widerruf im Fernabsatz

Unabhängig von der Art des Verbrauchervertrages unterliegen Verträge dann einem gesetzlichen Widerrufsrecht, wenn sie im sogenannten Fernabsatz geschlossen werden, §§ 312 c, 312g BGB.

Voraussetzung für dieses Widerrufsrecht ist, dass weder bei der Anbahnung noch beim Abschluss des Vertrages die Vertragspartner sich begegnen, die Anbahnung und der Vertragsschluss mithin ausschließlich unter Verwendung sogenannter Fernkommunikationsmittel zustande kommt (E-Mail, Telefon, Post). 

So hatte der Bundesgerichtshof erst jüngst entschieden, dass auch ein Maklervertrag im Fernabsatz widerruflich ist. Gleiches kann auch für einen Anwaltsvertrag gelten.

Natürlich gehört auch der gesamte Bereich des eCommerce im Bereich B2C in diesen Bereich, er wird hier aber wegen der vergleichsweise geringen Bedeutung des Widerrufs im Einzelfall ausgespart.

Anders als bei Finanzierungsverträgen erlischt das Widerrufsrecht aufgrund eines Fernabsatzvertrags selbst bei fehlerhafter Belehrung allerdings nach zwölf Monaten und 14 Tagen nach dem Vertragsschluss, soweit es sich nicht um eine Finanzdienstleistung handelt, § 356 Abs. 3 BGB.


Widerruf beim Vertragsschluss außerhalb von Geschäftsräumen

Ebenfalls unabhängig von der Art des Verbrauchervertrages unterliegen Verträge dann einem gesetzlichen Widerrufsrecht, wenn sie außerhalb von Geschäftsräumen des Unternehmers geschlossen werden, §§ 312b, 312g BGB.

Dies entspricht in weiten Teilen dem, was Verbraucher noch unter dem Begriff des Haustürwiderrufgeschäfts kennen. Der Verbraucher soll hier davor geschützt werden, dass er außerhalb eines als Laden oder Geschäfts erkennbaren Verkaufsraums Verträge abschließt.

Auch hier erlischt das Widerrufsrecht selbst bei fehlerhafter Belehrung oder fehlenden Informationen allerdings nach 12 Monaten und 14 Tagen, soweit es sich nicht um Finanzdienstleistungen handelt.

Diese Widerrufsrechte (nach Fernabsatz und außerhalb von Geschäftsräumen) können häufig dazu benutzt werden, sich von ungewünschten Anlageprodukten, etwa 

  • Genussrechten oder Genussscheinen, 
  • atypisch stillen Beteiligungen oder 
  • Nachrangdarlehen 

zu trennen, wenn die Widerrufsbelehrung nicht ordnungsgemäß erfolgt ist oder Pflichtinformationen fehlen.

Genauere Informationen dazu finden Sie unter

Widerrufsrechte bei Genussrechten

und

Widerrufsrechte bei Multi-Invest

Auch Ratensparverträge im Edelmetallbereich können so rückabgewickelt werden, um eingetretene Wertverluste zu kompensieren.

Überraschend hat der BGH erst jüngst entscheiden, dass Bürgschaften keinem Widerrufsrecht unterliegen. Ob dies einer Prüfung durch den EuGH standhält, wird man abwarten müssen.

Widerruf ist unser Thema

Wir verfügen über umfassende Erfahrung in allen Bereichen des Widerrufsrechts und verfügen über die Erfahrung von hunderten Verträgen in jedem dieser Bereiche. 

Nutzen Sie unsere Expertise! 

Denn wir geben Ihnen in kürzester Zeit nicht nur eine kostenfreie Ersteinschätzung über die Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung und die Möglichkeit eines Widerrufs. 

Wir zeigen Ihnen auch die aus dem Widerruf resultierenden Vor- und ggfs. auch Nachteile auf.

Sebastian Koch

Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht





Foto(s): @SALEO


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