Wie wird der Kindesunterhalt mit den neuen Bedarfssätzen 2021 berechnet?

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Derjenige Elternteil, der das Kind nach der Trennung vom Partner nicht selbst betreut, ist gegenüber dem Kind unterhaltspflichtig und zahlt Kindesunterhalt. Der Kindesunterhalt wird zum 1.1.2021 erhöht. Die dafür maßgeblichen Gegebenheiten sollten Sie kennen.

Wie erhöht sich der Kindesunterhalt zum 1.1.2021?

Die „Düsseldorfer Tabelle“ gibt Auskunft über die Höhe des Kindesunterhalts. Der Mindestunterhalt eines Kindes beträgt ab 1.1.2021:

  • bis Ende des 6. Lebensjahres (1. Altersstufe) = 393 EUR monatlich (vorher 369 EUR),
  • vom 7. bis zum Ende des 12. Lebensjahres (2. Altersstufe) = 451 EUR (vorher 424 EUR),
  • ab dem 13. Lebensjahr bis zur Vollendung des 17. Lebensjahres (3. Altersstufe) = 528 EUR (vorher 497 EUR).

Der Mindestunterhalt bezieht sich auf die Einkommensstufe 1 bis zu einem bereinigten Nettoeinkommen des unterhaltspflichtigen Elternteils von 1.900 EUR. Die Bedarfssätze der 2. bis 10. Einkommensstufe werden gleichfalls erhöht. Die Anhebung beträgt in der 2. - 5. Einkommensstufe jeweils 5 % und von der 6. - 10. Einkommensstufe jeweils 8 % des Mindestunterhalts.

Der Unterhaltsbedarf eines Studenten, der nicht bei den Eltern oder einem Elternteil wohnt, beträgt in der Regel monatlich 860 EUR. Darin sind 375 EUR für Unterkunft und Nebenkosten enthalten. Der Betrag bleibt für 2021 unverändert und wird nicht angehoben.

Wie kommen die Bedarfssätze zustande? 

Das Bundesministerium der Justiz und Verbraucherschutz legt alle zwei Jahre durch Rechtsverordnung den Mindestunterhalt für minderjährige Kinder fest (§ 1612a Abs. IV BGB). Der Mindestunterhalt richtet sich nach dem steuerfrei zu stellenden sächlichen Existenzminimum eines minderjährigen Kindes. Dieses Existenzminimum beruht wiederum auf dem Existenzminimumbericht der Bundesregierung, der alle zwei Jahre veröffentlicht wird. Danach beträgt das sächliche Existenzminimum eines minderjährigen Kindes im Jahr 2021 jährlich 5.412 EUR, also 451 EUR im Monat.

Die Bedarfssätze der Einkommensstufe 2 bis 10 ergeben sich daraus, dass sie auf der Grundlage des jeweiligen Mindestunterhalts mit dem in der Düsseldorfer Tabelle ausgewiesenen Prozentsatz (Spalte 4) aufgestockt werden.

Beispiel

Der Mindestunterhalt für ein zwölfjähriges Kind beträgt in der Einkommensstufe 1 bis 1.900 EUR = 528 EUR. Dieser Betrag ist in der Einkommensstufe 2 bis 2.300 EUR mit dem Prozentsatz von 105 % zu multiplizieren. Es ergibt sich ein Unterhalt für das zwölfjährige Kind von 554,40 EUR, aufgerundet 555 EUR.

Warum gibt es die Düsseldorfer Tabelle?

Um den Kindesunterhalt im Normalfall einfach und gerecht zu bemessen und eine möglichst einheitliche Rechtsprechung in Deutschland zu gewährleisten, hatte das Landgericht Düsseldorf in den sechziger Jahren die Düsseldorfer Tabelle erarbeitet. Sie wurde von allen Oberlandesgerichten übernommen. Die Tabelle hat zwar keine Gesetzeskraft, stellt aber dennoch eine zuverlässige Orientierung dar, an der alle Familiengerichte den Kindesunterhalt im Streitfall bemessen.

Wie ist die Düsseldorfer Tabelle zu verstehen?

Die Düsseldorfer Tabelle bestimmt nach Maßgabe Ihres sogenannten bereinigten Nettoeinkommens und dem Alter Ihres Kindes die Höhe des Kindesunterhalts. Ihr bereinigtes Nettoeinkommen ergibt sich, wenn Sie von Ihrem Bruttoeinkommen Steuern und Sozialversicherungsabgaben abziehen. Außerdem dürfen Sie ehebedingte und sonstige notwendige Verbindlichkeiten berücksichtigen.

Wichtig ist, zu wissen, dass die Tabelle auf zwei unterhaltsberechtigte Person abstellt. Der Lebensbedarf einer unterhaltsberechtigten Person ist also nicht identisch mit dem in der Tabelle ausgewiesenen Zahlbetrag.

Unterhalten Sie also mehr als zwei Personen (z.B. zwei Kinder oder ein Kind und den geschiedenen Ehepartner) kann Ihre Einstufung in die nächsthöhere Einkommensgruppe angemessen sein. Leisten Sie nur für eine Person Unterhalt, kommt die Einstufung in die nächstniedrigere Einkommensstufe in Betracht. Reicht Ihr verfügbares Einkommen nicht aus, mehrere Unterhaltspflichten zu erfüllen, sind Ihre minderjährigen Kinder vorrangig zu bedienen. Gleiches gilt für volljährige, privilegierte Kinder bis zum 21. Lebensjahr, die noch im Haushalt eines Elternteils wohnen und sich in der Schul- oder Berufsausbildung befinden. Haben Sie mehrere Unterhaltspflichten gleichrangiger Person zu bedienen, muss gegebenenfalls eine Mangelberechnung erfolgen.

Wie steht es um die Selbstbehalte?

Die Selbstbehalte (Eigenbedarf), die den Lebensunterhalt des unterhaltspflichtigen Elternteils gewährleisten, bleiben in 2021 unverändert bestehen. So beträgt der notwendige Selbstbehalt des erwerbstätigen Elternteils 1.160 EUR und der des nichterwerbstätigen Elternteils 960 EUR. Der Selbstbehalt beinhaltet Wohnkosten (Warmmiete) von 430 EUR. Diese Selbstbehalte können ausnahmsweise erhöht werden, wenn Ihre Wohnkosten den Betrag von 430 EUR überschreiten und angemessen sind. Die Selbstbehalte wurden zuletzt zum 1.1.2020 erhöht.

Der angemessene Eigenbedarf, insbesondere gegenüber anderen volljährigen Kindern, beträgt in der Regel mindestens monatlich 1.400 EUR. Er enthält eine Warmmiete bis 550 EUR.

Was ist der Bedarfskontrollbetrag in der Düsseldorfer Tabelle?

Der in der Düsseldorfer Tabelle in der rechten Spalte ausgewiesene Bedarfskontrollbetrag ist nicht identisch mit Ihrem Eigenbedarf. Der Bedarfskontrollbetrag soll vielmehr eine ausgewogene Verteilung des Einkommens zwischen dem unterhaltspflichtigen Elternteil und dem oder den unterhaltsberechtigten Kindern gewährleisten. Wird der jeweils ausgewiesene Betrag unterschritten, ist der Unterhaltsbetrag der nächst niedrigeren Gruppe, deren Bedarfskontrollbetrag nicht unterschritten wird, anzusetzen.

Welche Relevanz hat der Mindestunterhalt?

Als unterhaltspflichtiger Elternteil sind Sie gegenüber Ihrem unterhaltsberechtigten Kind verpflichtet, alle verfügbaren Mittel gleichmäßig zu verwenden. Ihnen obliegt als Elternteil eine gesteigerte Unterhaltspflicht (§ 1603 BGB). Der Gesetzgeber erwartet, dass Sie Ihrer besonderen Verantwortung als Elternteil gerecht werden. Dadurch ist Ihre Pflicht zum Einsatz Ihrer Arbeitskraft besonders streng zu beurteilen (BGH Urteil vom 3.12.2008, Az. XII ZR 182/06). Sie sind gehalten, so viel Geld zu verdienen, dass Sie den Unterhalt aufbringen können. Dazu ist Ihnen auch zuzumuten, einen Orts- oder Berufswechsel zu akzeptieren, einen Nebenjob anzunehmen und gegebenenfalls eine Arbeitszeit von 48 Stunden in der Woche hinzunehmen (OLG Brandenburg, Beschluss vom 4.9.2019, Az. 13 UF 77/19).

Ist Ihr Einkommen so gering, dass Sie den Mindestunterhalt nicht leisten können, müssen Sie damit rechnen, dass Ihr Selbstbehalt soweit abgesenkt wird, dass Sie den Mindestunterhalt zahlen können. Ihnen steht dann selbst weniger Geld für Ihren eigenen Lebensunterhalt zur Verfügung. Ihr Kind hat insoweit Vorrang.

Wie wird das Kindergeld auf den Kindesunterhalt angerechnet?

Das Kindergeld wird im Regelfall an denjenigen Elternteil in voller Höhe ausbezahlt, der das Kind in seinem Haushalt ausschließlich oder überwiegend betreut. Es wird auf den Bedarf des minderjährigen Kindes zur Hälfte angerechnet. Sind Sie unterhaltspflichtig, dürfen Sie deshalb den in der Düsseldorfer Tabelle ausgewiesen Unterhaltsbetrag um die Hälfte des Kindergeldes für das jeweilige Kind reduzieren. Gegenüber privilegierten und nicht privilegierten volljährigen Kindern kommt das Kindergeld hingegen in voller Höhe zur Anrechnung.

Wie hoch ist das Kindergeld in 2021?

Das Kindergeld wird zum 1.1.2021 angehoben und beträgt:

  • für das erste und zweite Kind 219 Euro,
  • für das dritte Kind 225 Euro und
  • für das vierte und jedes weitere Kind jeweils 250 Euro im Monat.

Wie hoch ist der Unterhaltsvorschuss in 2021?

Da das sächliche Existenzminimum eines Kindes angehoben wird, wird auch der Unterhaltsvorschuss zum 1.1.2021 erhöht. Sie erhalten:

  • für Kinder von 0 bis 5 Jahren bis zu 174 Euro (bisher 165 EUR),
  • für Kinder von 6 bis 11 Jahren bis zu 232 Euro (bisher 220 EUR),
  • für Kinder von 12 bis 17 Jahren bis zu 309 Euro (bisher 293 EUR).

Wie hoch ist der Steuerfreibetrag für alleinerziehende Elternteile?

Erziehen Sie Ihr Kind allein, beträgt der Steuerfreibetrag sei 2015 = 1.908 Euro im Kalenderjahr. Mit dem Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz stockt die Bundesregierung den Steuerfreibetrag für die Jahre 2020 und 2021 auf 4.008 Euro auf. Ab dem zweiten Kind erhöht sich der Entlastungsbetrag um weitere 240 Euro für jedes weitere Kind. Dieser Entlastungsbetrag wird in der Steuerklasse II, der Steuerklasse für Alleinerziehende, automatisch berücksichtigt. Haben Sie mehr als ein Kind, müssen Sie beim Finanzamt beantragen, dieses zweite und jedes weitere Kind entsprechend einzubeziehen.

Für eine genaue Ermittlung der Unterhaltshöhe ist eine individuelle Berechnung notwendig.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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