Wiederherstellungsklausel in Wohngebäudeversicherung

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Anforderungen der strengen Wiederherstellungsklausel in der Wohngebäudeversicherung

Eine Sicherstellung der Wiederherstellung der versicherten Sache in gleicher Art und Zweckbestimmung im Sinne der sog. strengen Wiederherstellungsklausel in der Wohngebäudeversicherung ist nicht gegeben, wenn innerhalb der maßgeblichen Frist von drei Jahren lediglich ein Fundament errichtet und eine Baugenehmigung nebst Antragsunterlagen vorgelegt wird. Es liegt keine Gleichartigkeit der beabsichtigten Wiederherstellung vor, wenn ein aus fünf Bauteilen bestehendes ungenutztes ehemaliges landwirtschaftliches Nebengebäude ohne Strom, Wasser und Verschlussmöglichkeiten durch eine moderne, um mehr als 55 % größere unterteilte Mehrzweckhalle ersetzt werden soll.

Sachverhalt:

Die Parteien sind durch einen Wohngebäudeversicherungsvertrag miteinander verbunden. Der Kläger begehrt nach einem Brandschaden an Nebengebäuden Zahlung des Neuwertanteils sowie Mehrkosten für die Wiederherstellung durch behördliche Auflagen. Auf dem ca. 2,6 ha großen, in unmittelbarer Nähe des Nord-Ostsee-Kanals belegenen Grundstück des Klägers befanden sich neben einem Wohnhaus auch Nebengebäude in Form einer Halle (eingeschossig mit Satteldach) mit einem Anbau mit Pultdach, eine Halle mit Tonnendach und eine Garage. Die genannten Nebengebäude brannten am 30.08.2012 gegen 3:00 Uhr bis auf die Grundmauern ab. Der Sachverständige K. stellte einen Gesamtschaden von 70.963,25 Euro fest, der sich zusammensetzt aus dem Zeitwert der Gebäude von 24.654,89 Euro und einem Neuwertanteil in Höhe von 46.308,36 Euro. Der Zeitwert wurde von der Beklagten ausgekehrt. 

Hinsichtlich des Neuwertanteils der Entschädigung sieht § 29 Ziff. 5 der zwischen den Parteien vereinbarten Bedingungen (VGB 2006) vor, dass ein Zahlungsanspruch nur erworben wird, soweit und sobald der Versicherungsnehmer innerhalb von drei Jahren nach Eintritt des Versicherungsfalles (hier: 30.08.2015) sicherstellt, dass er die Entschädigung verwenden wird, um versicherte Sachen in gleicher Art und Zweckbestimmung an der bisherigen Stelle wiederherzustellen oder wiederzubeschaffen (sogenannte strenge Wiederherstellungsklausel). Der Kläger erwirkte unter dem 19.05.2015 eine Baugenehmigung. Er teilte der Beklagten mit Schreiben vom 24.07.2015 überdies mit, dass er bereits mit Bodenarbeiten begonnen habe. In seinem Urteil hat das Landgericht Kiel den Feststellungsantrag des Klägers mangels Feststellungsinteresse als unzulässig zurückgewiesen. Ein Anspruch auf Auskehrung des Neuwertanteils des versicherten Schadens in Höhe von 46.308,36 Euro bestehe nicht, da eine Sicherstellung der Wiederherstellung der versicherten Sache in gleicher Art im Sinne des § 29 Ziff. 5 VGB 2006 nicht vorliege. Mit der hiergegen gerichteten Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Begehren hinsichtlich des Zahlungsanspruches weiter.

Entscheidungsanalyse:

Der 16. Zivilsenat des OLG Schleswig hat geurteilt, dass der Kläger nicht den Neuwertanteil der Entschädigung aus dem Schadensereignis vom 30.08.2015 beanspruchen kann. Auch hinsichtlich der Kosten für den Brunnenbau in Höhe von 37.267,31 Euro bestehe keine Ersatzpflicht der Beklagten. Der Senat erläutert, dass der Kläger keinen Zahlungsanspruch gegen die Beklagte auf den Teil der Entschädigung hat, der den Zeitwertschaden übersteigt. Die Voraussetzungen des § 29 Ziff. 5 VGB 2006 seien hier nicht erfüllt. Denn der Kläger habe nicht innerhalb von drei Jahren nach Eintritt des Versicherungsfalls sichergestellt, dass er die Entschädigung verwenden werde, um versicherte Sachen gleicher Art und Zweckbestimmung an der bisherigen Stelle wiederherzustellen. Nach Auffassung des Senats liegt nämlich eine Sicherstellung der Wiederherstellung der versicherten Sache in gleicher Art und Zweckbestimmung im Sinne der sog. strengen Wiederherstellungsklausel in der Wohngebäudeversicherung nicht vor, wenn wie hier im Fall innerhalb der maßgeblichen Frist von drei Jahren lediglich ein Fundament errichtet und eine Baugenehmigung nebst Antragsunterlagen vorgelegt wird.

Im konkreten Fall sei die vertragsgemäße Verwendung einer Entschädigung zum Neuwert für die Wiederherstellung nicht sichergestellt gewesen. Nach Überzeugung des Senats fehlt es im konkreten Fall darüber hinaus an der Gleichartigkeit der innerhalb der Ausschlussfrist verlautbarten beabsichtigten Wiederherstellung. Dies ergebe sich bereits aus der mitgeteilten Größe des Vorhabens. Aus Sicht des OLG liegt nämlich eine Gleichartigkeit der beabsichtigten Wiederherstellung nicht vor, wenn wie hier im Fall ein aus fünf Bauteilen bestehendes ungenutztes ehemaliges landwirtschaftliches Nebengebäude ohne Strom, Wasser und Verschlussmöglichkeiten durch eine moderne, um mehr als 55 % größere unterteilte Mehrzweckhalle ersetzt werden soll. Zweifel an der Gleichartigkeit des wiederhergestellten Gebäudes ergäben sich hier auch durch die Ausgestaltung in Form einer alleinstehenden Mehrzweck-Halle statt der ursprünglich vorhandenen aneinandergereihten einzelnen Nebengebäude. Auch sei die Gleichartigkeit der Zweckbestimmung zweifelhaft. Die Verwendungsmöglichkeiten des beabsichtigten Neubaus gingen über die der abgebrannten Nebengebäude, die weder über weder Wasser noch Strom verfügt hätten, weit hinaus. Das OLG ist daher zu dem Ergebnis gelangt, dass die Berufung des Klägers keinen Erfolg hat.

Praxishinweis:

Das OLG Schleswig weist zur Begründung des gefundenen Ergebnisses auch auf Folgendes hin: Wird das Gebäude in seiner Gesamtheit wesentlich vergrößert, so geht dies in der Regel über Modernisierungsmaßnahmen, die von der Neuwertentschädigung mit abgedeckt sein können, hinaus. Deshalb kann eine Wiederherstellung nur dann angenommen werden, wenn das neu errichtete Gebäude etwa dieselbe Größe wie das zerstörte aufweist und gleichartigen Zwecken dient (BGH, Urteil vom 21.02.1990 – IV ZR 298/88; OLG Köln, Urteil vom 10.01.2006 – 9 U 92/05). Nach Auffassung des OLG Schleswig-Holstein scheidet außerdem eine Erstattung von Mehrkosten aufgrund behördlicher Auflagen für die Wiederherstellung der versicherten und vom Schaden betroffenen Sache (hier: der Bau eines Löschwasserbrunnens) aus, wenn es an der bedingungsgemäßen Wiederherstellung der versicherten Hauptsache fehlt.

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