Zeitenwende bei der Schufa Holding AG!

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Die Schufa Holding AG hat am 28.03.2023 bekannt gegeben, dass Sie nunmehr die Speicherfrist für das Merkmal der „Restschuldbefreiung“ von drei Jahren auf sechs Monate verkürzt.


Die Bild-Zeitung titelte dazu gestern mit der Überschrift „Schufa Revolution“.


Die Entscheidung der Schufa Holding AG kam überraschend, nachdem der Bundesgerichtshof (BGH) am 28.03.2023 ein Revisionsverfahren gegen eine Entscheidung des OLG Schleswig ausgesetzt hatte, um auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in den Verfahren C-26/22 und C-64/22 zu warten.

Erfolg für Mandanten von AdvoAdvice Rechtsanwälte


Die Verkürzung der Speicherfrist stellt einen großen Erfolg für die Mandanten der Kanzlei AdvoAdvice Rechtsanwälte mbB aus Berlin dar. Diese hatte die Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg und vor dem OLG Schleswig sowie viele weiterer Verfahren anderer Betroffener geführt und die Rechtsfrage maßgeblich voran und durch die Gerichtsinstanzen getrieben.


Politik tut nichts


Die Politik hatte der Praxis der Speicherung des Merkmals der Restschuldbefreiung jahrelang tatenlos zugesehen und sich somit um den aktiven Verbraucherschutz nicht gekümmert, sondern diesen den Verbraucheranwälten sowie den Gerichten überlassen.


Eine Initiative der Grünen, bei der Reform des Insolvenzrecht und der Verkürzung der Fristen für die Erteilung der Restschuldbefreiung im Insolvenzverfahren von sechs Jahren auf nunmehr drei Jahre, gleich auch die Fristen für die Speicherung auf maximal ein Jahr festzuschreiben, scheiterte seinerzeit an der Regierung unter Angela Merkel. Auch die neue Ampelkoalition unter Kanzlei Olaf Scholz, Justizminister Dr. Marco Buschmann und Verbraucherschutzministerin Steffi Lemke schaffte hier keine Abhilfe und somit auch keine Rechtssicherheit.


Was Betroffene jetzt wissen müssen


Nach Angaben der Schufa Holding AG sollen zum Stichtag 28.03.2023 alle Einträge zur Restschuldbefreiung, die länger als sechs Monate gespeichert sind sowie alle hiermit verbundenen Schulden rückwirkend zu diesem Datum gelöscht werden.


Die Löschung soll automatisch erfolgen. Verbraucherinnen und Verbraucher müssen sich nach Angaben der Schufa Holding AG nicht selbst kümmern. Die Umsetzung der Löschung wird voraussichtlich bis zu vier Wochen in Anspruch nehmen.


Viele Rechtsfragen weiterhin ungeklärt


Ungeklärt ist weiterhin, ob es der Schufa Holding AG gestattet ist, das Merkmal der Restschuldbefreiung überhaupt im eigenen Datenbestand zu speichern. Hierzu hatte der Generalanwalt am EuGH angedeutet, dass es sich hierbei um eine unzulässige Doppelspeicherung handeln könnte, da die Daten für den Zeitraum von sechs Monaten in der Datenbank www.insolvenzbekanntmachungen.de gespeichert werden.


Die Kanzlei AdvoAdvice empfiehlt daher Betroffen, bei denen die Restschuldbefreiung erst noch gespeichert werden soll oder bei denen die Speicherfrist von künftig sechs Monaten noch nicht abgelaufen ist, einen Widerspruch gegen die Speicherung einzureichen. Ein entsprechendes Formular für den Widerspruch stellt die Kanzlei AdvoAdvice auf ihrer Webseite unter  zur Verfügung. (zum Formular)


Unklar ist auch, wie andere Auskunfteien wie z.B. die Boniversum oder Arvato Infoscore auf den Verstoß der Schufa Holding AG reagieren werden, da diese bisher ebenfalls das Merkmal der Restschuldbefreiung für drei Jahre gespeichert haben. Auch hier empfiehlt es sich für betroffene Verbrauchen ggf. einen Widerspruch einzulegen.


Scoring und weitere Speicherfristen ebenfalls umstritten


Ebenfalls Streit gibt es vor dem EuGH zum Thema Scoring. Hier geht es um die Frage, ob das Scoring eine unzulässige automatisierte Entscheidung (sog. Profiling) darstellt. Es ist möglich, dass die Schufa Holding AG auch hier ihr Verfahren bereits vor einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs anpassen und umstellen wird.


Mit den Schlussanträgen des Generalanwalts am EuGH stellen sich zudem weitere Fragen zur Speicherung von Einträgen aus dem sog. Schuldnerverzeichnis der Amtsgerichte und den Fristen, wann die Einträge über bezahlte Forderungen dann gelöscht werden müssen.


Generell scheinen die Regeln des deutschen Gesetzgebers aus § 31 Abs. 1 BDSG zum Scoring und aus § 31 Abs. 2 BDSG europarechtlich auf wackeligen Beinen zu stehen. Dies bietet für Betroffene, die mit ihrem Scoring oder einem sog. Negativeintrag nicht einstanden sind, viele neue rechtliche Argumentationsmöglichkeiten.


Schadensersatzansprüche denkbar


Wer durch eine Datenverarbeitung einen Schaden erlitten hat, sollte auch über einen Anspruch auf Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO nachdenken.


Ersatzfähig sind hierbei erlittene materielle Schäden, aber auch Unannehmlichkeiten und Imageverlust im Rahmen eines Schmerzensgeldanspruchs.

Schnell handeln und anwaltlichen Rat einholen

Wer von einem Eintrag über die Restschuldbefreiung oder von einem Negativeintrag betroffen ist, sollte schnell handeln und sich bei Fragen zur Ansprüchen auf Widerspruch, Löschung oder Schadensersatz qualifizierten anwaltlichen Rat einholen.


Die Kanzlei AdvoAdvice berät mit ihren Experten gerne Ratsuchende im Rahmen einer kostenfreien Ersteinschätzung, die meist telefonisch erfolgt, über ihre rechtlichen Handlungsmöglichkeiten und vertritt bei Bedarf sowohl außergerichtlich wie auch gerichtlich die Interessen von Betroffenen.


Wenden Sie sich bei Rückfragen oder Beratungsbedarf daher gerne an info@advoadvice.de oder rufen Sie an unter 030 921 000 40.

Foto(s): AdvoAdvice

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