Zurruhesetzung wegen Dienstunfähigkeit – Verfahren, Untersuchungsanordnung, Rechtsmittel

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Etwa jede 6. Pensionierung eines Beamten erfolgt wegen Dienstunfähigkeit. Das ist eine beachtliche Anzahl. Dass bei Berufssoldaten oft körperliche Einschränkungen ursächlich sind und bei Lehrern eher die psychischen Leiden zur Zwangspensionierung führen, stimmt nicht immer. 

Depressionen und Burn-out treffen Beamte in Schulen genauso wie bei der Bundeswehr, der Polizei und in Behörden. Doch nicht jeder macht bei einer Zurruhesetzung Luftsprünge. Denn schließlich bedeutet Pension auch, mit weniger Geld auskommen zu müssen.

„Anderweitige Verwendung“ trotz Dienstunfähigkeit?

Wann Dienstunfähigkeit vorliegt, wird im Gesetz nicht abschließend definiert. Das Bundesbeamtengesetz legt fest, dass ein Beamter auf Lebenszeit in den Ruhestand zu versetzen ist, wenn sie oder er wegen des körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung der Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) ist. 

Auch wer innerhalb von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat, dem droht die Zwangspensionierung. Vorausgesetzt, es besteht keine Aussicht, dass innerhalb weiterer sechs Monate die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist.

Und selbst wenn der Beamte als dienstunfähig anzusehen ist, darf er nicht in den Ruhestand versetzt werden, wenn er „anderweitig verwendbar“ ist. Sprich, wenn er für den Dienst in einem anderen Amt noch geeignet ist, ist die Zurruhesetzung ausgeschlossen. 

Geht auch das nicht, kommt auch die Übertragung einer geringerwertigen Tätigkeit in Betracht, sofern das für den Beamten zumutbar ist. Wann eine Tätigkeit „zumutbar“ ist und ob ein Beamter „anderweitig verwendbar“ ist, muss im Zweifel vor Gericht geklärt werden. Ein weiterer Fall wäre noch die „begrenzte Dienstfähigkeit“.

Zurruhesetzungsverfahren: der Ablauf

Das Zurruhesetzungsverfahren gilt für Beamte auf Lebenszeit, auf Probe und auch für Beamte auf Zeit. Es läuft wie folgt ab:

  1. Ärztliches Gutachten zum Gesundheitszustand des Beamten
  2. Eröffnungsmitteilung an den Beamten, dass und weshalb die Zwangspensionierung beabsichtigt wird
  3. Einmonatiger Zeitablauf – jetzt kann der Beamte Einwendungen vorbringen
  4. Abschließende Entscheidung durch die Behörde mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde
  5. Zustellung der schriftlichen Zurruhesetzungsverfügung
  6. Zurruhesetzung beginnt mit Ende des Monats der Bekanntgabe der Verfügung
  7. Zwangspensionierung und reduziertes Gehalt (Ruhegehalt)

Untersuchungsanordnung – muss das sein?

Vor der Zurruhesetzung wird sich der Beamte amtsärztlich untersuchen lassen müssen. Die Untersuchung wird angeordnet, wenn Zweifel an der Dienstunfähigkeit (oder eben auch an der Dienstfähigkeit, siehe weiter unten) bestehen. Vor allem bei psychischen Leiden, die der Vorgesetzte nur vermuten kann, führt kein Weg am Amtsarzt vorbei. Wenn es der Arzt für erforderlich hält, wird der Beamte auch ärztlich beobachtet – etwa in einer stationären Einrichtung. Weigert sich der Beamte, sich ärztlich untersuchen zu lassen, so begeht er ein Dienstvergehen. Und zusätzlich liefert er durch sein Verhalten erst recht einen Anhaltspunkt für die Unfähigkeit zum Dienst.

Zweifel an der Gesundheit – oder Zweifel an der Person?

Das heißt jedoch nicht, dass eine Anordnung zur ärztlichen Untersuchung immer rechtmäßig ist. Es müssen Zweifel an der Dienstunfähigkeit bestehen, damit der Dienstherr den Beamten zum Amtsarzt schicken darf. Das eröffnet natürlich einen sehr großen Ermessensspielraum. Wann bestehen denn Zweifel an der Dienstfähigkeit einer Person? 

Es ist unvermeidbar, dass eine Weisung zur ärztlichen Untersuchung immer auch das Gefühl vermittelt, der Vorgesetzte zweifelt an der Person des Beamten, nicht (nur) an seinem Gesundheitszustand. Umso unangenehmer, wenn der Beamte gar kein gesundheitliches Problem hat. Hier entsteht der Eindruck, man möchte ihn loswerden. Im schlimmsten Fall ist die Untersuchungsanordnung der Gipfel von Mobbing oder Bossing im öffentlichen Dienst - siehe hierzu auch den Rechtstipp Schmerzensgeld für Beamte bei Mobbing & Bossing im öffentlichen Dienst.

Anordnung zur ärztlichen Untersuchung – immer erlaubt?

Praxisbeispiel: An der Dienstfähigkeit eines Lehrers wird gezweifelt, weil der Dienstherr den Eindruck hat, er sei psychisch mit seinen Schülern immer überfordert. Er denkt über eine Zurruhesetzung dieses Lehrers nach. Er ordnet daher eine ärztliche Untersuchung an. Der Lehrer ist der Meinung, es gäbe keinerlei Anlass für eine Untersuchung und Zurruhesetzung. Schüler seien heutzutage einfach anstrengender.

Rechtsmittel: Gegen die Anordnung, zum Amtsarzt zu gehen, kann Widerspruch eingelegt und gegebenenfalls auch Klage erhoben werden. Hier sind die Befugnisse der Verwaltungsgerichte aber recht eingeschränkt. Der Richter darf nur überprüfen, ob die Weisung willkürlich war oder im Ermessen des Dienstherrn stand. Dieser muss darlegen, dass er wirklich Zweifel hatte, die ihn zur Anordnung der amtsärztlichen Untersuchung veranlasst haben.

Zweifel an der Dienstfähigkeit müssen (erst einmal) nicht berechtigt sein

Das Gericht prüft auch, ob die Weisung Angaben zum Anlass (für die Zweifel an der Dienstfähigkeit), zur Art und zum Umfang der Untersuchung enthält. Der Dienstherr muss aber nicht dafür einstehen, dass seine Zweifel „berechtigt“ waren. Schließlich soll ja genau das erst durch die ärztliche Untersuchung ans Licht kommen.

Fazit: Ein Vorgehen gegen die Weisung zur ärztlichen Untersuchung ist möglich, aber nicht immer aussichtsreich. Außerdem hat der Arzt in seinem Gutachten auch nicht das letzte Wort zum Gesundheitszustand und zur Dienstfähigkeit des Beamten. Der Dienstherr braucht sich später nämlich nicht an das ärztliche Gutachten halten. Seine Überzeugung, dass der Beamte dienstunfähig ist, kann auch auf andere Faktoren gestützt sein.

Rechtsschutz gegen die Zurruhesetzung: Widerspruch und Klage

Wenn Sie die Zurruhesetzung nicht hinnehmen möchten, können Sie innerhalb eines Monats dagegen Widerspruch einlegen. Die Verfügung stellt einen Verwaltungsakt dar. Das heißt, Sie können nach erfolglosem Widerspruch als zweiten Schritt Anfechtungsklage erheben. Das Verwaltungsgericht muss jede einzelne Stufe des Zurruhesetzungsverfahrens des Beamten überprüfen. Im Zentrum der Klage steht dann die Frage, ob der Beamte dienstunfähig ist oder nicht. Hier haben die Gerichte das letzte Wort.

Ein häufiges Streitthema ist auch die „anderweitige Verwendung“ des Beamten. Der Dienstherr muss vor Gericht klar und schlüssig darlegen, dass er nach einer anderweitigen Verwendung für den dienstunfähigen Beamten gesucht hat und dabei die gesetzlichen Vorgaben beachtet hat. Sie sollten wissen, dass Sie trotz eingelegtem Rechtsmittel und laufendem Gerichtsverfahren erstmal trotzdem nur das Ruhegehalt bekommen. Das ist zwar ärgerlich, wenn das Verfahren lange dauert. Andererseits bewahrt Sie das vor einer hohen Rückzahlung, sollten Sie den Rechtsstreit verlieren.

Mein Tipp beim Vorgehen gegen die Zwangspensionierung 

Trotz der möglichen Konsequenzen, vor allem in finanzieller Hinsicht: Noch ist nichts verloren. Für die Zurruhesetzung wegen Dienstunfähigkeit müssen zahlreiche Voraussetzungen erfüllt sein. Das heißt vor allem, dass es viele formelle und materielle Fallen gibt, an denen eine Zwangspensionierung scheitern kann. Legen Sie rechtzeitig Widerspruch ein und lassen Sie Ihren Fall von einem Rechtsanwalt prüfen. Als Anwalt mit Spezialisierung im Beamtenrecht gehe ich mit Ihnen jede Stufe des Verfahrens durch und unterstütze Sie bis zum gerichtlichen Verfahren.

Ihr Rechtsanwalt Christopher Heumann


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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