Zurück zum alten Bußgeldkatalog (Juli 2020)? Fahrverbots-Abwehr in abgeschlossenen Fällen möglich!

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Es dürfte kaum einem Verkehrsteilnehmer entgangen sein, dass die Novelle der Straßenverkehrsordnung Ende April 2020 zu erheblichen Verschärfungen im Falle von Ordnungswidrigkeiten führte. Besonders gravierend ist dabei, dass sogar für Ersttäter die Schwelle für die Verhängung eines einmonatigen Fahrverbots massiv gesenkt wurde und für Geschwindigkeitsüberschreitungen ab dem 28.04.2020 innerorts bei 21 km/h (statt früher 31 km/h) bzw. außerorts bei 26 km/h (statt früher 41 km/h) liegt.

Hierüber wurde bereits in unserem Rechtstipp „Fahrverbote für „Mini-Raser“ ab Ende April 2020 – auf keinen Fall akzeptieren. Gute Chancen!“ berichtet, so dass zur Vermeidung von Wiederholungen auf diesen Beitrag verwiesen werden darf.

Aus den dort erörterten Gründen sollte sich jeder Fahrzeugführer, dem ab dem oben genannten Stichtag eine Geschwindigkeitsüberschreitung vorgeworfen wird, zur Wehr setzen – denn niemand sollte eine Geldbuße entrichten, einen Punkteeintrag hinnehmen oder gar ein Fahrverbot verbüßen, wenn es dafür keinen rechtlichen Grund gibt.

Gerade weil im Zusammenhang mit der Gesetzesreform Ende April 2020 zahlreiche Aspekte entstanden sind, die vom spezialisierten anwaltlichen Verteidiger genutzt werden, um die Abwehr von Fahrverboten zu versuchen, sollte unbedingt und schnellstmöglich (!) Einspruch gegen jeden Bußgeldbescheid eingelegt werden, sofern dies noch möglich ist. 

„Was aber kann ich tun, wenn ich mir den Tatvorwurf gefallen ließ, einen Bußgeldbescheid erhalten und diesen auch schon akzeptiert habe?“

Diese Frage werden sich viele Betroffene nach der medialen Berichterstattung stellen, nachdem ab dem 03.07.2020 von vereinzelten Bundesländern angekündigt wurde, die seit 28.04.2020 geltenden Regelungen des Bußgeldkatalogs nicht mehr (ohne weiteres) anwenden zu wollen.

Grundsätzlich sind Bußgeldbescheide, gegen die nicht binnen zwei Wochen ab Zustellung Einspruch eingelegt wurde, rechtskräftig und damit auch hinsichtlich der darin festgesetzten Rechtsfolgen verbindlich.

Die (hohen) Voraussetzungen für ein sogenanntes Wiederaufnahmeverfahren dürften nicht gegeben sein.

Denkbar ist aber, dass im Wege eines förmlichen Gnadengesuchs erreicht werden kann, dass ein noch nicht angetretenes Fahrverbot im Vollstreckungsverfahren nachträglich noch erlassen wird. Rechtsanwalt Dr. Sven Hufnagel hat bereits im Zusammenhang mit dem „Kölner Blitzer-Skandal“, bei dem aufgrund einer falschen Beschilderung auf der Autobahn A 3 am „Heumarer Dreieck“ im Jahr 2016 hunderttausende Fahrzeugführer zu Unrecht mit überhöhten Rechtsfolgen überzogen wurden, umfangreiche Erfahrungen in derartigen Gnadenverfahren sammeln können. Oftmals konnte dann die Abwehr der Fahrverbotsverbüßung erreicht werden, zum Teil und abhängig vom Fall auch die Rückgängigmachung eines Punkteeintrags im Fahreignungsregister in Flensburg.

Derartige Gnadenverfahren werden im bußgeldrechtlichen Bereich höchst selten geführt und sind relativ kompliziert. Im Übrigen ist häufig Eile geboten, da selbst für Ersttäter die Möglichkeit zur zeitlichen Verzögerung der Führerscheinabgabe ab dem Datum des Rechtskrafteintritts nur vier Monate beträgt und auf jeden Fall der Aufschub der Vollstreckung des Fahrverbots beantragt werden muss.

Betroffene sollten sich deswegen unbedingt an einen kompetenten anwaltlichen Verteidiger wenden, wenn seit der Zustellung des Bußgeldbescheides bereits mehr als zwei Wochen verstrichen sind und der Versuch einer Gnadenentscheidung gestartet werden soll.

Rechtsschutzversicherer übernehmen die Kosten der anwaltlichen Tätigkeit – abhängig von den zugrundeliegenden Versicherungsbedingungen – in einigen Fällen.

Dr. Sven Hufnagel
Fachanwalt für Verkehrsrecht

Dr. jur. Sven Hufnagel ist auf die Vertretung in Ordnungswidrigkeitenverfahren nach Geschwindigkeitsüberschreitungen und anderen Verkehrsverstößen spezialisiert. In fast 17 Jahren anwaltlicher Tätigkeit führte er bereits mehrere tausend Bußgeldverfahren.

Durchgehend wurde er in den Jahren 2015 bis 2019 in der „FOCUS-Anwaltsliste“ als „Top-Anwalt für Verkehrsrecht“ aufgeführt. Seiner Kanzlei wurde 2020 im „STERN“ die Auszeichnung als einer der „Besten Anwaltskanzleien im Rechtsgebiet Verkehrsrecht“ zuteil.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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