10 Fragen, 10 Antwortden: Die Eigenbedarfskündigung im Mietrecht

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1.) Wann liegt sog. Eigenbedarf überhaupt vor?

Eigenbedarf liegt vor, wenn der Vermieter die (ganze) Mieterwohnung für sich selbst oder für eine zu seinem Hausstand gehörende Person, zum Beispiel eine Pflegekraft, oder für einen Familienangehörigen zu Wohnzwecken benötigt.

Familienangehörige, zu deren Gunsten der Vermieter wegen Eigenbedarfs kündigen kann, sind zum Beispiel Eltern oder Kinder des Vermieters, Enkel oder Geschwister, sowie Lebenspartner. Entferntere Familienangehörige gehören in aller Regel nicht hierzu.

2.) Wie muss eine wirksame Eigenbedarfskündigung aussehen?

Die Kündigung muss vom Vermieter eigenhändig unterschrieben sein und dem Mieter schriftlich zugehen. In der Kündigung muss der Vermieter die Person, für die der Eigenbedarf geltend gemacht wird, eindeutig bekanntgeben. Er muss seinen Bedarf im Rahmen seines „berechtigten Interesses“ genau beschreiben. Der Mieter muss wissen, warum der Vermieter diese Wohnung für diese Person zu diesem Zeitpunkt benötigt. Ändern sich die Gründe später, muss der Vermieter dies dem Mieter unverzüglich mitteilen. Fällt der Eigenbedarf innerhalb der Kündigungsfrist weg, muss das Mietverhältnis auf Wunsch des Mieters fortgesetzt werden.

3.) Welche Kündigungsfrist gilt bei einer Eigenbedarfskündigung?


Die Kündigungsfrist bestimmt sich nach der Dauer des Mietverhältnisses. Sie beträgt aber mindesten 3 Monate. Ab 5 Jahren Mietdauer verlängert sich die Kündigungsfrist auf 6 Monate und ab 8 Jahren auf 9 Monate. Unabhängig davon können Mieter und Vermieter das Mietverhältnis einvernehmlich zu einem beliebigen Zeitpunkt beenden. Hat der Mieter bereits vor Ablauf der Kündigungsfrist eine neue Wohnung gefunden, kann ihn der Vermieter auch vorzeitig aus dem Mietverhältnis entlassen.
Widerspruchsrecht des Mieters

4.) Kann ich einer Eigenbedarfskündigung meines Vermieters widersprechen?

Ist die Beendigung des Mietverhältnisses für den Mieter unzumutbar, kann er der Kündigung widersprechen. Die persönlichen Verhältnisse des Mieters sowie die Dauer des Mietverhältnisses sind dabei maßgeblich. Gründe für einen Widerspruch können sein, schulpflichtige Kinder, eine schwere Krankheit oder eine langjährige Verwurzelung mit der Wohnung und deren Umfeld.
Es ist dann zu prüfen, ob der Einwand des Mieters das Interesse des Vermieters für seinen Eigenbedarf überwiegt.

5.) Ist eine Eigenbedarfskündigung rechtmäßig, wenn der Vermieter den Eigenbedarf bereits bei Mietvertragsabschluss hätte absehen können?


Nein! In einem solchen Fall hätte der Vermieter einen befristeten Mietvertrag schließen müssen, da für ihn bereits bei Vertragsabschluss ersichtlich war, dass künftiger Eigenbedarf an der Wohnung besteht. Die Kündigung ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung in einem solchen Fall „treuwidrig“ und somit nicht rechtmäßig.

6.) Was ist, wenn der Vermieter falsche Angaben beim Kündigungsausspruch macht?

Grundsätzlich gilt: Der Mieter darf bis zur Beendigung des Mietverhältnisses auf die Angaben des Vermieters vertrauen. Verschweigt er nachträgliche Änderungen oder macht er falsche Angaben, haftet er. Der Mieter hat somit einen Schadensersatzanspruch gegen seinen Vermieter. Er muss dem Mieter dann alle Aufwendungen bezahlen, die durch die ungerechtfertigte Kündigung entstanden sind. Hierzu gehören Umzugskosten, Maklergebühren sowie die Mietdifferenz für die Anmietung einer vergleichbaren Wohnung.

7.) Entfällt das Recht zur Eigenbedarfskündigung, wenn der Vermieter über weitere freie Alternativwohnungen verfügt?


Nicht zwangsläufig! Verfügt der Vermieter außer der gekündigten noch über eine oder mehrere weitere Wohnungen, muss er diese – um die Unwirksamkeit der Kündigung wegen Rechtsmissbrauchs zu vermeiden- statt der gekündigten Wohnung zur Deckung seines Bedarfs nur dann in Anspruch nehmen, wenn zumindest eine von ggf. mehreren Wohnungen

  • bereits freisteht, oder
  • feststeht, dass diese alsbald frei wird, weil der Mieter freiwillig auszieht oder der Vermieter bereits über einen rechtskräftigen Räumungstitel für die Wohnung verfügt oder / und
  • der vom Vermieter bestimmte Wohnbedarf in dem Alternativobjekt ohne wesentliche Abstriche befriedigt werden kann. Dabei muss die Alternativwohnung im konkreten Einzelfall nach Größe, Lage und Zuschnitt geeignet sein, die vom Eigentümer bestimmten Funktionen zu erfüllen.

Liegen diese Voraussetzungen vor, entfällt der Vorwurf des Missbrauchs allerdings trotzdem dann, wenn der Vermieter vernünftige und nachvollziehbare Gründe für ein Festhalten am Bezug gerade der gekündigten Wohnung hat. Besteht nach den vorstehenden Ausführungen eine Pflicht des Vermieters, eine Alternativwohnung zur Deckung seines Bedarfs in Anspruch zu nehmen, und kündigt er dennoch die vermietete Wohnung, ist die Kündigung missbräuchlich und unwirksam.

8.) Muss der Vermieter dem Mieter eine Alternativwohnung anbieten?

Nur unter bestimmten engen Voraussetzungen. Auch wenn der Vermieter nicht verpflichtet ist, eine Alternativwohnung selbst zu beziehen bzw. der Bedarfsperson zu überlassen, kann eine Eigenbedarfskündigung missbräuchlich und damit unwirksam sein, wenn der Vermieter dem Mieter eine Alternativwohnung nicht als Ersatz für die gekündigte Wohnung anbietet.

Eine solche Anbietpflicht besteht jedoch nur, wenn

  • die Alternativwohnung spätestens bis zum Ablauf der Kündigungsfrist frei wird,
  • die Alternativwohnung mit der gekündigten vergleichbar ist und sich im selben Haus oder in derselben Wohnanlage befinden wie diese,
  • der Vermieter die Wohnung ohnehin (erneut) vermieten möchte und
  • keine Umstände vorliegen, die die Neubegründung eines Mietverhältnisses mit dem Mieter als unzumutbar erscheinen lassen.

9.) Kann der Mieter sich auch gegen eine wirksame Eigenbedarfskündigung wehren?

Ja, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses für ihn eine nicht zu rechtfertigende Härte darstellen würde, kann der Mieter der Kündigung widersprechen. Maßgeblich dabei sind vor allem die persönlichen Verhältnisse des Mieters sowie die Dauer des Mietverhältnisses. Gründe für einen Widerspruch können z. B. eine schwere Krankheit sein, schulpflichtige Kinder oder die langjährige Verwurzelung des Mieters in der Wohnung. Ein im Gesetz ausdrücklich genannter Härtefall ist auch gegeben, wenn der Mieter keine angemessene Ersatzwohnung gefunden hat, obwohl er unmittelbar nach der Kündigung alle Hebel in Bewegung gesetzt hat. Es ist dann zu prüfen, ob der Einwand des Mieters das Interesse des Vermieters für seinen Eigenbedarf überwiegt. Aber Achtung: Ein erfolgreicher Widerspruch bedeutet nicht, dass der Mieter für immer in der Wohnung bleiben darf.

10) Was geschieht nach einem erfolgreichen Widerspruch des Mieters?

Hat der Mieter erfolgreich Widerspruch eingelegt, bleibt die Kündigung des Vermieters wirksam. Der Mieter hat gegen den Vermieter aber einen Anspruch darauf, dass das Mietverhältnis durch den Abschluss einer Fortsetzungsvereinbarung zumindest befristet fortgesetzt wird. Kommt zwischen Mieter und Vermieter keine Einigung zustande, entscheidet das Gericht über die Fortsetzung, Dauer oder Beendigung des Mietverhältnisses.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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