Pachtvertrag & Gastronomie: keine außerordentliche Kündigung wegen behördlicher Schließungsanordnung

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Im Frühjahr 2020 mussten viele Restaurants, Gaststätten und Bars etc. aufgrund behördlicher Anordnungen für den Publikumsverkehr schließen und konnten nur „to go“-Geschäft anbieten. Diese Situation nahmen einige Gastronomen zum Anlass, ihren befristeten Pachtvertrag über Gastronomie-Flächen außerordentlich zu kündigen.  

Aber waren außerordentliche Kündigungen mit dieser Begründung wirksam? Darüber entschied u.a. das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main in einem Fall aus Wiesbaden (OLG Frankfurt a.M., Urteil v. 17.09.2021, Az.: 2 U 147/20.

Außerordentliche Kündigung Pachtvertrag „wegen Corona“

Ein Gastronom kündigte im März 2020 außerordentlich seinen bis zum 01.03.2023 befristeten Pachtvertrag für eine Gaststätte. Die Nutzung der gepachteten Gastronomie-Fläche zum vertraglich vereinbarten Zweck sei ihm durch ein behördliches Verbot untersagt. Dafür würde der Verpächter haften. Schließlich sei er dafür verantwortlich, dass die verpachteten Räume zum vertraglich vorgesehenen Zweck genutzt werden können. 

Die Kündigung akzeptierte der Verpächter nicht und bestand darauf, dass Pacht und Betriebskostenvorauszahlungen weiterbezahlt werden. Nachdem der Pächter die Fläche zeitnah nach der Kündigung geräumt hatte, nutzte der Verpächter die Gelegenheit für eine Renovierung der Gaststätte. Wegen dieser Renovierungsarbeiten kündigte der Pächter im Juni 2020 ein zweites Mal außerordentlich: der Verpächter würde ihm die Nutzung der Pachtfläche entziehen. Auch diese Kündigung akzeptierte der Verpächter nicht. 

Da der Pächter von April bis Herbst 2020 Pacht und Betriebskostenvorauszahlung nicht bezahlte, kündigte letztlich der Verpächter den Pachtvertrag außerordentlich zum 31.12.2020. Vor Gericht verlangte er die Zahlung der Pacht von April bis Dezember 2020 und der ausstehenden Betriebskostenvorauszahlungen.    

Keine außerordentliche Kündigung wegen behördlichem Verbot 

Erfolg hatte er damit erst vor dem OLG Frankfurt am Main. Die Richter waren der Auffassung, dass die behördlichen Verbote zum Betrieb der Gaststätte mit Publikumsverkehr keine außerordentliche Kündigung des Pachtvertrages rechtfertigen. Die Kündigungen des Pächters seien unwirksam gewesen. 

Einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung im Sinne des § 546 Abs. 1 sahen sie in den behördlichen Maßnahmen nicht: Die Betriebsuntersagungen beträfen allein das Verwendungsrisiko des Mieters. Vor allem greife der wichtige Grund nach § 546 Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht. Es komme hier allein auf die Art der Nutzung der Räumlichkeiten und den Publikumsverkehr dort an. Nur wenn die Gebrauchsgewährungspflicht des Verpächters durch behördliche Maßnahmen betroffen sei, sei eine außerordentliche Kündigung denkbar. Da diese Grundsätze für einen Pachtvertrag genauso gelten wie im Bereich der (Gewerbe-)Miete, sei eine außerordentliche Kündigung des Pachtvertrages wegen der behördlichen Corona-Beschränkungen für den Betrieb der Gaststätte nicht möglich.   

Und auch die zweite außerordentliche Kündigung (Juni 2020) wegen Entziehung des vertragsgemäßen Gebrauchs nach § 543 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB aufgrund der Renovierungsarbeiten in der Gaststätte hielt das Gericht für nicht wirksam: Die Renovierung durch den Verpächter sei kein dauerhafter Entzug der Pachtsache gewesen – der Pächter habe zum Zeitpunkt des Beginns der Renovierung den Besitz an den Flächen schon aufgegeben (geräumt, Schlüssel zurückgegeben).

Außerordentliche Kündigung des Verpächters wirksam 

Die außerordentliche Kündigung des Verpächters zum 31.12.2021 sei aber wirksam gewesen. Der Pächter müsse deswegen die Pacht und die Betriebskostenvorauszahlung nicht bis März 2023, sondern „nur“ bis 31.12.2020 bezahlen. Nur die Pacht für April und anteilig die Betriebskostenvorauszahlung sei nicht zu bezahlen. Denn die Renovierung hätte wohl einen Monat in Anspruch genommen, für diesen Zeitraum müsse der Pächter nicht bezahlen. 

Keine Anpassung nach § 313 BGB in diesem Fall

Nicht zuletzt ging das Gericht auch auf die Frage einer möglichen Anpassung des Pachtvertrages auf der Basis von § 313 BGB (Wegfall der Geschäftsgrundlage) ein.

Ein solcher Anpassungsanspruch des Pächters sei hier durchaus denkbar. Eine Anpassung wurde aber in diesem Fall nicht verlangt. Insofern schied eine Anpassung des Pachtvertrages (z.B. Pachtzins) wegen eines fehlenden „Anpassungsverlangens“ aus. 

Grundsätze gelten auch für Pachtvertrag 

Dieses Urteil zeigt: die Grundsätze der Rechtsprechung aus dem Gewerbemietrecht finden auch auf Pachtverträge Anwendung. Insofern gilt auch für Pachtverträge: eine außerordentliche Kündigung, eine Minderung der Pacht wegen Mangel oder ein Berufen auf Unmöglichkeit ist nicht möglich – ein Anspruch auf Anpassung des Pachtvertrages aber durchaus denkbar. 

Sie haben Fragen zur Anpassung eines Pachtvertrages aufgrund der Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Ihren Gastronomie-Betrieb? Sprechen Sie uns gerne an: telefonisch unter 0221 / 1680 65 60 oder über www.mietrechtkoeln.de


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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