Schadensersatz wegen unwirksamer Eigenbedarfskündigung

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Vorgeschobene Eigenbedarfskündigung des Vermieters? Ein solcher Verdacht ist jedenfalls dann berechtigt, wenn sich nach Auszug des Mieters zeigt, dass der Vermieter die Wohnung nicht für den angekündigten Eigenbedarf nutzt. Mieter können sich in einem solchen Fall wehren und Schadensersatz vom Vermieter verlangen. 

Dass sich das lohnt, zeigt ein Fall aus unserer Kanzlei vor dem Amtsgericht (AG) Köln: Die von uns vertretene Mieterin bekam wegen einer unwirksamen Eigenbedarfskündigung Schadensersatz für die Umzugskosten, die Renovierungskosten, die doppelte Mietzahlung und den Mietdifferenzbetrag (AG Köln, Urteil v. 08.02.2022, Az.: 203 C 200/20).

Wann führt Kündigung wegen Eigenbedarf zu Schadensersatzanspruch?

Wer eine Pflicht aus einem Schuldverhältnis wie z.B. dem Mietvertrag schuldhaft verletzt, ist zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Spricht ein Vermieter schuldhaft eine unwirksame (Eigenbedarfs-)Kündigung aus, ist diese Kündigung eine Vertragspflichtverletzung und der Mieter hat einen Schadensersatzanspruch. Im Falle einer Eigenbedarfskündigung hat der Mieter deswegen einen Anspruch auf Schadensersatz, wenn der Vermieter im Kündigungszeitpunkt gar keinen konkreten Eigenbedarf hatte. 

Genau darum ging es im Fall unserer Mandantin.

Eigenbedarfskündigung für Enkel, der nie einzieht

Vermieter und Mieterin stritten sich vor dem AG Köln um die Wirksamkeit einer Eigenbedarfskündigung. Die Vermieter begründeten die Eigenbedarfskündigung damit, dass sie die Wohnung ihrem Enkel ggf. mit dessen Freundin überlassen wollen. Der wolle nun auf eigenen Beinen stehen. Die Wohnung sei besonders geeignet, da sie in der Nähe ihrer eigenen Wohnung läge. Ihr Enkel könne sie so bei Bedarf unterstützen. 

Die Mieterin suchte sich nach der Eigenbedarfskündigung ihrer Vermieter eine neue Wohnung. Die damit verbundenen Kosten (Umzugskosten, Renovierungskosten, doppelte Mietzahlung, Mietpreisdifferenz) betrugen 5.200,00 €. 

Allerdings stellte die Frau bald fest, dass ihre ehemaligen Vermieter die Wohnung doch nicht an den Enkel vermietet hatten. Aus diesem Grund verlangte sie Schadensersatz, da der geltend gemachte Eigenbedarf offensichtlich von Anfang an nicht bestanden habe. 

Die Vermieter lehnten den Schadensersatzanspruch ab – der Eigenbedarf sei nachträglich entfallen. Einerseits bezweifelte der Enkel, dass er die Wohnung allein finanzieren könne – über die konkrete Miete hatte man noch nicht gesprochen. Später habe er ihnen erklärt, er wolle nur mit seiner Freundin einziehen. Die Beziehung sei allerdings zwischenzeitlich gescheitert. Daher hätten sie selbst einen neuen Mieter gesucht. 

Die Mieterin klagte daraufhin vor dem Amtsgericht Köln ihren Schadensersatzanspruch ein. 

Eigenbedarfskündigung ohne konkreten Nutzungswillen ist unwirksam

Das AG Köln sprach der Mieterin die Schadensersatzansprüche in voller Höhe zu. Die Eigenbedarfskündigung sei unwirksam. Der Eigenbedarf sei nicht nachträglich weggefallen, sondern habe von Anfang an nicht bestanden. 

Nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) setze eine Eigenbedarfskündigung zur Überlassung an einen Familienangehörigen voraus, dass der Vermieter die Wohnung benötigt. Ein Vermieter ,,benötigt" allerdings eine Wohnung nur, wenn sich der Nutzungswunsch soweit verdichtet hat, dass ein konkretes Interesse an einer zeitnahen Überlassung besteht.

Weder die Vermieter noch ihr Enkel hatten allerdings im Kündigungszeitpunkt einen konkreten Nutzungswillen. Das zeige bereits die fehlende Mietpreisabsprache. Selbst bei einer Vermietung an Verwandte gehöre der Mietpreis zu den wesentlichen Mietbedingungen, die darüber bestimmen, ob für den potenziellen Mieter eine Anmietung überhaupt in Betracht kommt. Fehlen derartige Vereinbarungen, besteht in der Regel noch kein konkreter bzw. verdichteter Nutzungswunsch. 

Zudem sei es unplausibel, dass der Eigenbedarf nachträglich entfallen sei, weil der Enkel sich die Wohnung nicht hätte leisten können. Bei lebensnaher Betrachtung sei es unrealistisch, dass die Vermieter sich bei konkretem Nutzungs- bzw. Überlassungswunsch mit ihrem Enkel nicht über einen Mietpreis einigen konnten, zumal sie ihrerseits auf seine alltägliche Unterstützung hofften. Vielmehr zeige das, dass es keinen konkreten Nutzungswillen für die Eigenbedarfskündigung gab.

Fazit

Dieser Fall zeigt einmal mehr, dass es durchaus sinnvoll sein kann, sich gegen eine unwirksame Eigenbedarfskündigung zu wehren. Selbst wenn Mieter erst nur vermuten, dass der Eigenbedarf nur ein vorgeschobener Kündigungsgrund war, ist es noch nicht zu spät: entweder um in der Wohnung verbleiben zu können oder – wie hier – um im Nachhinein wenigstens noch Schadensersatz zu erhalten.  

Haben Sie eine Eigenbedarfskündigung erhalten? Wollen Sie gegen die Kündigung vorgehen? Oder sind Sie bereits wegen einer unwirksamen Eigenbedarfskündigung ausgezogen und wollen Schadensersatz vom Vermieter? Wir unterstützen Sie! Sie erreichen uns ins Köln telefonisch unter 0221 / 1680 6560 oder über unser Erstberatungsportal.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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