10 Irrtümer, die im Trennungsjahr viel Geld kosten

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Entscheidungen, die Sie im Trennungsjahr (falls es länger als 1 Jahr dauert – während Ihres Getrenntlebens) treffen, sollten eine sachliche Grundlage haben und möglichst nicht auf emotionalen und wenig durchdachten Erwägungen beruhen. Im Grunde sind es immer wieder die gleichen Irrtümer, die im Trennungsjahr viel Geld kosten und das sich üblicherweise anschließende Scheidungsverfahren verteuern. 10 davon seien einmal herausgehoben, samt Ratschlägen, wie und was Sie stattdessen machen sollten.

Ohne Finanzplanung handeln

Trennen Sie sich spontan und verfügen nicht über ein eigenes ausreichendes Einkommen, riskieren Sie, Zeit und Geld zu investieren, ohne dass es sich auszahlt. Möglicherweise nehmen Sie bei der Bank ein Darlehen auf oder überziehen Ihr Konto, ohne zuverlässig zu wissen, wie Sie das Geld zurückzahlen. Hoffen Sie nicht, dass der Partner freiwillig und sofort nach der Trennung Kindesunterhalt oder Trennungsunterhalt bezahlt. Versuchen Sie, zumindest so viel Geld anzusparen, dass Sie die ersten Wochen und Monate nach der Trennung überstehen.

Tipp:

Bereiten Sie Ihre Trennung im Hinblick auf Unterhaltsansprüche so vor, dass Sie alle wirtschaftlich relevanten Unterlagen wie Kontoauszüge zusammentragen oder kopieren. Sie verbessern Ihre Chancen, Ihre trennungsbedingten Ansprüche zu begründen, wenn Sie alles beisammen haben und so weit als möglich über die Einkommens- und Vermögenszeugnisse des Ex-Partners informiert sind.

Kein eigenes Bankkonto einrichten

Ist das Bankkonto ein gemeinschaftliches Konto, müssen Sie damit rechnen, dass der Partner das Guthaben vollständig abhebt oder einen bestehenden Dispokredit vollständig ausnutzt. Sie stehen dann ohne Geld da. Kündigen Sie das Konto. Besser ist, sich ein eigenes Bankkonto einzurichten. Ist das Bankkonto Ihr alleiniges, sollten Sie eine dem Ex-Partner erteilte Bankvollmacht umgehend gegenüber der Bank widerrufen und somit verhindern, dass der Partner auf das Konto zugreift.

Tipp:

Um Wartezeiten bei der örtlichen Bank zu vermeiden, empfiehlt es sich, ein Online-Konto einzurichten und sich dabei per Videoident zu identifizieren. Das Konto ist dann meist binnen eines Tages zugänglich. Haben Sie Schulden und befürchten den Zugriff von Gläubigern, sollten Sie das Girokonto als Pfändungsschutzkonto führen. Ihre Bank ist gesetzlich verpflichtet, ein solches im Rahmen Ihres Freibetrages pfändungssicheres P-Konto einzurichten.

Unbedingt grundlos auf zwei Anwälten beharren

Möchten Sie die Scheidung beim Familiengericht einreichen, müssen Sie sich wegen des Anwaltszwangs bei den Familiengerichten anwaltlich vertreten lassen. Lassen Sie sich im gegenseitigen Einvernehmen mit dem Partner scheiden, genügt es, wenn der Partner Ihrem Scheidungsantrag oder umgekehrt Sie dem Scheidungsantrag des Partners zustimmen. Für diese Zustimmung wird kein weiterer Rechtsanwalt benötigt. Die einvernehmliche Scheidung lässt sich also mit 1 Rechtsanwalt bewerkstelligen, so dass Sie auch nur die Gebühren für einen Rechtsanwalt bezahlen müssen.

Tipp:

Vermeiden Sie das Risiko, gemeinsam einen Rechtsanwalt mit der Durchführung Ihres Scheidungsverfahrens beauftragen zu wollen. Stellt sich im Laufe der Unterredung heraus, dass trotz des vermeintlich gegenseitigen Einvernehmens ein Interessenkonflikt besteht, muss der Anwalt die Unterredung beenden und darf im Scheidungsverfahren keinen der Ehegatten mehr vertreten.

Alle Scheidungsfolgen gerichtlich regeln lassen

Besteht wegen einer Scheidungsfolge (z.B. Umgangsrecht, Zugewinnausgleich) Regelungsbedarf, ist es nicht so, dass unbedingt das Familiengericht über die Scheidungsfolge entscheiden muss. Eine viel bessere Option besteht darin, eine regelungsbedürftige Scheidungsfolge außergerichtlich in einer Scheidungsfolgenvereinbarung zu regeln. Wird diese Vereinbarung notariell beurkundet, ist sie rechtlich verbindlich und notfalls vollstreckungsfähig. Alternativ lässt sich die Scheidungsfolge auch gerichtlich protokollieren und ist dann gleichfalls rechtsverbindlich.

Tipp:

Tragen Sie die Regelung der Scheidungsfolgen streitig vor dem Familiengericht aus und führen eine Entscheidung des Familiengerichts herbei, verursachen Sie unnötigerweise erhebliche zusätzliche Verfahrenskosten. Mit ein bisschen gutem Willen und der notwendigen Kompromissbereitschaft sollten Sie Wege finden, sich nicht nur einvernehmlich scheiden zu lassen, sondern regelungsbedürftige Scheidungsfolgen im gegenseitigen Einvernehmen und im Interesse aller Beteiligten in einer Scheidungsfolgenvereinbarung zu regeln. Notfalls beziehen Sie einen Dritten als Mediator ein, der die Verhandlungen führt und in der Lage ist, emotionale und sachliche Aspekte zu filtern.

Ohne Prüfung der Konditionen auf eine Online-Scheidung verzichten

Das Internet öffnet viele neue Wege. Sie brauchen sich nicht unbedingt die Mühe zu machen, einen Rechtsanwalt zu recherchieren. Die Scheidung lässt sich auch online beantragen. Sie sparen sich die oft aufwändige Suche nach einem im Familienrecht kompetenten Rechtsanwalt. Sie kommunizieren im Idealfall ausschließlich online, können den Rechtsanwalt oder die Rechtsanwältin bei Bedarf aber jederzeit persönlich kontaktieren.

Tipp:

Die Online-Scheidung entbindet Sie nicht davon, im mündlichen Scheidungstermin vor dem Familiengericht persönlich zu erscheinen. Das Familiengericht ist gesetzlich verpflichtet, Sie und den Ehepartner persönlich anzuhören. Es genügt keinesfalls, sich ausschließlich von Ihrem Rechtsanwalt vertreten zu lassen.

Sofort eigenes Geld verdienen wollen

Ihr Partner hat Unrecht, wenn er oder sie behauptet, Sie müssten sofort nach der Trennung eine Erwerbstätigkeit aufnehmen und eigenes Geld verdienen. Akzeptieren Sie dann notgedrungen einen schlecht bezahlten Aushilfsjob, verzichten Sie möglicherweise auf Geld. Ihre Trennung begründet nämlich Ihren Anspruch auf Trennungsunterhalt. Ihre familiären Verhältnisse bleiben vorerst so, wie sie sind:

  • Waren Sie bislang nicht erwerbstätig, brauchen Sie allein wegen der Trennung kein eigenes Geld zu verdienen.
  • Sind Sie teilzeitbeschäftigt, brauchen Sie keine vollschichtige Tätigkeit anzutreten.

Sie haben Anspruch darauf, dass der eheliche Lebensstandard so gewährleistet bleibt, wie er war.

Tipp:

Erst nach der Scheidung müssen Sie selbst für sich sorgen, sofern Sie aufgrund Ihrer Lebensumstände nicht unterhaltsbedürftig sind. Doch Vorsicht: Je länger Ihre Trennung dauert, desto mehr verdichtet sich Ihre Pflicht, eigenes Geld zu verdienen. Sie sollten also trotz alledem frühzeitig nach Wegen suchen, eigenes Geld zu verdienen.

Partner aus Rache gemeinsame Steuererklärung verweigern

Ihre Trennung erzeugt womöglich Rachegelüste. Schwärzen Sie den Partner zum Beispiel beim Finanzamt an, weil er/sie angeblich Schwarzgeld besitzt oder bei einer ausländischen Bank ein geheimes Konto unterhält, riskieren Sie, dass Sie sich dem Verdacht der Beihilfe aussetzen, wenn und weil Sie von diesen Gegebenheiten Kenntnis haben. Eine „Hausnummer kleiner“ geht es natürlich auch, indem Sie dem anderen durch eine eigene Steuererklärung die Steuervorteile nehmen wollen – letztlich trifft Sie das aber genauso selbst.

Tipp:

Nutzen Sie die Möglichkeit, sich im Jahr der Trennung noch gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt zu lassen. Als Ehepaar profitieren Sie vom steuergünstigen Ehegatten-Splitting und zahlen weniger Einkommensteuer, als wenn Sie einzeln zur Einkommensteuer veranlagt werden. Soweit der Ehegatte auf der gemeinsamen Veranlagung besteht, sind Sie ohnehin verpflichtet, der gemeinsamen Veranlagung zuzustimmen. Erst im Folgejahr nach der Trennung kommt die Einzelveranlagung in Betracht. Außerdem müssen Sie Ihre Steuerklassen anpassen.

Wahrheitswidrig das Trennungsjahr verkürzen

Der Vollzug des Trennungsjahres ist Voraussetzung für Ihre Scheidung. Um schneller geschieden zu werden, sollten Sie darauf verzichten, im gegenseitigen Einvernehmen wahrheitswidrig falsche Angaben zum Ablauf des Trennungsjahres zu machen. Hat das Familiengericht Zweifel, kann es von Amts wegen Ermittlungen anstellen, ob das Trennungsjahr tatsächlich abgelaufen ist.

Sie riskieren zunächst, dass der Partner vielleicht im mündlichen Scheidungstermin wider Erwarten die Wahrheit auf den Tisch legt oder die Scheidung verweigert. Ist das Trennungsjahr dann tatsächlich nicht vollzogen, müssen Sie damit rechnen, dass das Familiengericht Ihren Scheidungsantrag gebührenpflichtig zurückweist. Weitere Folgen können sein:

  • Wurde das Trennungsjahr zudem nur deshalb verkürzt, um sich beim Versorgungsausgleich oder Zugewinnausgleich besser zu stellen, setzen Sie sich dem Verdacht des Betruges aus.
  • Haben Sie Verfahrenskostenhilfe bewilligt bekommen, müssen Sie damit rechnen, dass das Familiengericht den Bewilligungsbescheid zurückzieht und Sie die verauslagten Gebühren an die Gerichtskasse erstatten müssen.

Tipp:

Das Trennungsjahr hat den Zweck, dass sich beide Ehegatten wirklich klar darüber werden, ob die eheliche Lebensgemeinschaft gescheitert ist und die Scheidung gewünscht wird. Eventuell öffnet sich die Chance zu einer Versöhnung. Sie sollten also nicht vorschnell darauf verzichten, das Trennungsjahr zu absolvieren. In der Praxis ist es jedoch üblich, den Scheidungsantrag wenige Wochen vor Ablauf des Trennungsjahres bereits beim Familiengericht einzureichen. Bis das Familiengericht dann in die Sachbearbeitung einsteigt, ist das Trennungsjahr meist vollzogen.

Auf das Verschuldungsprinzip setzen oder hören

Ihre Ehe wird geschieden, wenn sie zerrüttet und damit gescheitert ist. Es kommt nicht darauf an, wer die Scheidung verschuldet hat. Dieses Schuldprinzip wurde schon in den 1970er Jahren durch das Zerrüttungsprinzip abgelöst. Auch wenn Sie selbst oder der Partner die eheliche Treue gebrochen haben, bleibt dies scheidungsrechtlich ohne Relevanz. Sie brauchen sich also nicht unter Druck setzen und im Hinblick auf Ihre Trennung und Scheidung zu irgendwelchen Zugeständnissen verleiten zu lassen, nur weil der Partner behauptet, Sie allein hätten die Schuld an der Trennung.

Tipp:

Die Schuldfrage kann allenfalls eine Rolle spielen, wenn es um Unterhaltsansprüche geht. Lebt der unterhaltsberechtigte Partner beispielsweise in einer verfestigten Lebensgemeinschaft oder muss sich ein Verbrechen gegenüber Ihrer Person oder einem nahen Angehörigen vorwerfen lassen oder hat seine Bedürftigkeit mutwillig herbeigeführt, kommt in Betracht, dass der Unterhaltsanspruch zu versagen, in der Höhe herabzusetzen oder zeitlich zu befristen ist.

Glauben, dass das gesetzliche Erbrecht des Ehepartners erlischt

Ihre Trennung führt noch nicht dazu, dass das gesetzliche Erbrecht des Ehepartners entfällt. Das Erbrecht entfällt erst dann, wenn die Voraussetzungen für die Scheidung Ihrer Ehe vorliegen (u.a. Vollzug des Trennungsjahres) und das Familiengericht Ihren Scheidungsantrag dem Ehepartner zugestellt hat oder Sie dem Scheidungsantrag Ihres Ehepartners zugestimmt haben. Haben Sie Ihren Ehepartner in einem Testament bedacht, wird das Testament meist erst unwirksam, wenn die Scheidung rechtskräftig wird. Ähnlich ist es bei einem notariell beurkundeten Erbvertrag.

Tipp:

Möchten Sie vermeiden, dass der Ehepartner nach der Trennung im Fall Ihres Ablebens Ihren Nachlass erbt, sollten Sie spätestens mit Ablauf des Trennungsjahres die Scheidung beantragen oder ein bestehendes Testament widerrufen sowie Ihre Erbfolge eventuell neu gestalten. Es bietet sich auch an, in einer Scheidungsfolgenvereinbarung wechselseitig auf das gegenseitige Erbrecht zu verzichten.

Tipp II:

Beachten Sie auch angesichts der Scheidung die Police einer etwaigen Lebensversicherung – wer ist hier als Begünstigter eingetragen?

Alles in allem

Mit der Trennung stellen Sie bereits die Weichen für Ihre Scheidung. Sie sollten nicht leichtfertig vorgehen und mit emotionalen Erwägungen nicht sachliche Aspekte überdecken. Lassen Sie sich möglichst kompetent beraten. Stellen Sie frühzeitig die Weichen und vermeiden oft kostenträchtige Irrtümer.

Foto(s): iurFRIEND

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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