Abgasskandal bei Mercedes & Fiat Wohnmobilen

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Nicht nur unzählige Halter eines VW, auch drei Millionen Mercedes-Fahrzeuge

sind vom Abgasskandal betroffen. Viele Fahrzeuge wurden zurückgerufen. Das Kraftfahrtbundesamt lehnte im Frühjahr 2021 die Widersprüche der Daimler AG gegen die Rückrufbescheide ab. Damit wurde erneut seitens des Kraftfahrtbundesamts die Unzulässigkeit der Abschalteinrichtungen festgestellt. Die Folgen der unzulässigen Abschalteinrichtungen sind u.a. Wertverluste, aber auch ein erhöhter AdBlue-Verbrauch. Gegen Mercedes könnte daher ein Schadensersatzanspruch bestehen.

Unterschied VW und Mercedes

Die Thermofenster bei Mercedes sind nicht mit denen von VW (Motortyp EA 189) vergleichbar. Die Thermofenster von Mercedes arbeiten bei normalem Fahrbetrieb und bei Prüfstand in gleicher Weise.

Neben diesem Thermofenster hat Mercedes auch andere Abschalteinrichtungen verwendet. Bei diesen scheint die Unzulässigkeit deutlicher zu sein.

Positive Urteile für Verbraucher

Immer mehr Gerichte stellen sich auf die Seite der Verbraucher, u.a. das OLG Köln, Nürnberg, Naumburg. Hier eine Auflistung einiger Urteile:

  • OLG Köln, Urteil vom 05.11.2020, Az. 7 U 35/20 – Mercedes Benz 240 Marco Polo, Motor OM 651
    Daimler treffe eine sekundäre Darlegungslast. Der Kläger erhielt 54.813,18€ plus Zinsen und Anwaltskosten.
  • OLG Naumburg, Urteil vom 18.09.2020, Az. 8 U 8/20 – Mercedes GLK 220 CDI, Motor OM 651
     Der Kläger erhielt 25.741,43€ plus Zinsen und Anwaltskosten
  • OLG Naumburg, Urteil vom 15.10.2021, Az. 8 U 24/21 – Mercedes GLK 220 CDI 4MATIC, Motor OM 651
    Die Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung sei eine illegale Abschalteinrichtung.
  • LG Stuttgart, Urteil vom 26.08.2021, Az. 14 O 124/21 – Mercedes V 220 CDI BlueEfficiency
     Der Kläger erhielt 17.653,24€ plus Zinsen.
  • LG Hamburg, Urteil vom 28.09.2021, Az. 317 O 135/20 - Mercedes Benz ML 350 BlueTEC 4MATIC, Motor OM 642
     Der Kläger kann seinen Wagen gegen mehr als die Hälfte des Kaufpreises zurückgeben.
  • OLG Köln, Verfügung vom 22.02.2021, Az. I-14 U 56/20 - Motor EA 642
    Nach dem offiziellen Rückruf durch das KBA und dem Klägervortrag liege die Beweislast bei Daimler.
  • OLG Frankfurt, Urteil vom 15.09.2021, Az. 3 U 36/21
     Daimler muss die ursprüngliche Software offenlegen bei einem Fahrzeug mit Softwareupdate.
  • OLG Stuttgart, Hinweisbeschluss vom 09.11.2021, Az. 16a U 173/19 – Mercedes V-Klasse 250d BlueTEC, Motor OM 651
    Der Sachvortrag zur Haftung nach §§ 826, 831 BGB sei schlüssig. Die Daimler AG habe nun die sekundäre Darlegungslast.
  • LG Freiburg, Urteil vom 18.10.2021, Az. 6 O 149/19 – 3 Mercedes Sprinter 316 CDI, Motor OM 651
     Der Kläger erhielt 82.592€ gegen Rückgabe der Fahrzeuge.
  • LG Stuttgart, Urteil vom 07.12.2021, Az. 10 O 267/21
    Die „Kühlmittelsolltemperaturregelung“ stelle eine unzulässige Abschalteinrichtung dar. Sie sei einer Prüfstandserkennung im engeren Sinne, die der BGH sittenwidrig ansehe, gleichzusetzen (BGH, Urteil vom 25.05.2020, Az. VI ZR 252/19).

BGH-Urteile zu Mercedes

Vergleicht man die Vielzahl an Urteilen des BGH zum Dieselskandal bei VW, so sind bisher nur sehr wenige Urteile zum Abgasskandal bei Mercedes vor dem BGH entschieden worden. Hier einmal ein Überblick.

Am 28.01.2020 stellte der BGH (Az. VIII ZR 57/19) klar, dass eine sekundäre Darlegungslast bei der Daimler AG gegeben sei. Die Anschuldigungen müssen also durch die Daimler AG widerlegt werden.

Der BGH urteilte auch am 19.01.2021 (Az. VI ZR 433/19). Es kam zu dem Ergebnis, dass eine Entwicklung und der Einsatz eines Thermofensters begründe nicht per se einen Schadensersatzanspruch nach § 826 BGB. Vielmehr bedarf es der Feststellung, dass die Verwendung von unzulässigen Abschalteinrichtungen Personen bei Daimler bewusst war und der Verstoß gegen das Gesetz billigend in Kauf genommen wurde.

Insbesondere erfreulich für die Kläger ist das Urteil vom BGH vom 13.07.2021, VI ZR 128/20. Bisher haben die Hersteller immer die Argumente der Kläger als unbelegbar dargestellt. Doch der BGH stellte klar, dass ein Vortrag eines Klägers nicht ohne Weiteres als unsubstantiiert dargestellt werden darf. Vielmehr bedarf es einer weiteren Sachverhaltsaufklärung. 

Der BGH urteilte zudem am 16.09.2021 gleich vier Mal zum Abgasskandal in Sachen Mercedes (Az. VII ZR 190/20, VII ZR 286/20, VII ZR 321/20, VII ZR 322/20). Gleich vier Mal verneinte der BGH einen Anspruch auf Schadensersatz nach § 826 BGB. Es fehle an dem Bewusstsein der Beklagten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden und den Verstoß gegen das Gesetz billigend in Kauf zu nehmen. Auch hat der BGH ein besonders verwerfliches Verhalten der Beklagten aufgrund der unsicheren Rechtslage hinsichtlich der Zulässigkeit der Thermofenster abgelehnt. Weiter fehle es am Schädigungsvorsatz. Es ergebe sich nicht allein aus der (möglicherweise gegebenen) objektiven Unzulässigkeit des Thermofensters ein Schädigungsvorsatz.

EuGH zu Mercedes

Ein Urteil des EuGHs direkt zum Abgasskandal bei Mercedes gibt es noch nicht. Entschieden hat er aber, dass die Abschalteinrichtungen unzulässig sind, wenn sie im normalen Betrieb zu höheren Emissionswerten führen als im Prüfmodus (Urteil vom 17.12.2020, Az. C-693/18).

Verjährungsproblematik

2018 wurden die ersten Modelle zurückgerufen. Wer von diesen Rückrufen betroffen ist, muss bis Ende 2021 Klage erhoben haben. Auch besteht für viele Verbraucher die Möglichkeit, sich der Musterfeststellungsklage gegen die Daimler AG anzuschließen. Fast alle Modelle von Mercedes wurden aber erst später zurückgerufen, sodass sie auch heute noch durchgesetzt werden können. Beachtet werden muss aber auch die Verjährungshöchstgrenze von 10 Jahren ab Erwerb des Fahrzeugs.

Der BGH entschied hinsichtlich VW, dass Kunden, die 2015 vom Dieselskandal wussten, jedoch erst 2019 oder aber noch später klagten, keine Ansprüche mehr haben. Dabei hat VW aber die Kenntnis der Käufer zu beweisen.

Das LG Nürnberg-Fürth hat mit Urteil vom 17.11.2021(Az.: 16 O 1081/21) bestätigt, dass ein Anspruch auf Restschadensersatz aus § 852 BGB bestehe. Diese verjährt ebenfalls erst 10 Jahre nach Kauf. Gegen Rückgabe des Fahrzeugs (hier ein Audi Q5) konnte der Kläger den Kaufpreis erstattet erlangen, wobei Nutzungen für die gefahrenen Kilometer abgezogen wurden.

Der BGH will im ersten Quartal von 2022 prüfen, ob trotz Verjährung ein Restschadensersatzanspruch besteht.

Betroffene Motoren

  • OM 642
  • OM 651
  • OM 622
  • OM 626
  • OM 607
  • OM 640

Abgasskandal auch bei Fiat Wohnmobilen

Nach Ansicht des Kraftfahrtbundesamts sind auch die Multijet-Motoren vom Fiat Ducato betroffen. Das hat die Umweltbundeshilfe bereits Ende 2020 durch Testungen herausgefunden und auch am 08.12.2021 noch einmal bekräftigt. Die Stickoxid-Grenzwerte sollen um das 11-fache überschritten sein.

Das LG Freiburg musste sich am 26.02.2021 (Az. 14 O 333/20) damit erstmals auseinandersetzen. Zwar wurde hier noch die Klage abgewiesen, jedoch ist der Fall nun nochmal in Berufung gegangen beim OLG Karlsruhe. Das LG Freiburg begründete dies noch damit, dass der Kläger einen Schadensersatzanspruch nicht substantiiert dargelegt hat, sodass ein Anspruch aus § 826 BGB nicht bestehe.

Mittlerweile sind einige Versäumnisurteile gegen FCA Italy S.p.A. (zuvor Fiat) ergangen (LG Arnsberg, Urt. v. 19.08.2021, Az. 1-1 0 205/21; LG Görlitz, Urt. v. 11.05.2021, Az. 5 O 28/21; LG Stade, Urt. v. 16.04.2021, Az. 2 0 15/21, LG Frankenthal, Urt. v. 27.10.2021, Az. 5 O 40/21). In all diesen Fällen wurde FCA zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt. Am 17.08.2021 wurde auch ein Händler Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 17.875€ verurteilt vor dem LG Stade (Az. 2 O 175/21). Der Kläger darf hier sogar sein Wohnmobil behalten. Beim LG Oldenburg (Urt. v. 02.09.2021, Az. 4 O 767/21) hat der Kläger (Käufer eines Campers, Ty Exsis T 767/21 von Hymer mit Fiat Ducato Motor) statt eines Schadensersatzes ein neues Fahrzeug vom Hersteller erhalten.

Betroffen sind Fiat-Multijet-Motoren von 2014 bis 2019 mit den Euro 5- und Euro 6-Normen. Am 25.02.2021 hat das KBA Modelle von Iveco-Daily (Baujahr 2015 bis 2019) zurückgerufen.

Wir sind gespannt, wann sich der BGH mit dem Abgasskandal bei Fiat befassen wird!

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