Privatinsolvenz bei ehemaliger Selbstständigkeit

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Normalerweise steht die Privatinsolvenz bzw. Verbraucherinsolvenz nur natürlichen Personen zu, die keiner selbstständigen wirtschaftlichen Tätigkeit nachgehen. Dies ist auch dem Wortlaut von § 304 I 1 InsO zu entnehmen. 

Personen, die einer selbstständigen wirtschaftlichen Tätigkeit nachgehen - mithin auch Personen, die einem sog. freien Beruf nachgehen (z. B. Ärzte, Rechtsanwälte, Steuerberater etc.) - können nur eine sog. Regelinsolvenz beantragen. 

Der Unterscheid zwischen Regelinsolvenz und Verbraucherinsolvenz besteht vor allem dahingehend, dass das Verfahren für die Verbraucherinsolvenz erheblich vereinfacht ist, und einen außergerichtlichen Einigungsversuch mit den Gläubigern vorschreibt. Ein Regelinsolvenzverfahren ist oftmals langwierig, ermüdend und sehr umfangreich.

Privatinsolvenz trotz Selbstständigkeit? Ist das möglich?

Die Antwort lautet relativ einfach: JA!

Allerdings knüpft die Insolvenzordnung in § 304 InsO an gewisse Voraussetzungen an, die vorliegen und bewiesen werden müssen.

Voraussetzungen

1. Keine selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit

2. Überschaubare Vermögensverhältnisse

3. Keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen

4. Außergerichtlicher Einigungsversuch

Einzelheiten

1. Keine selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung, ob eine selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit besteht, ist der Zeitpunkt der Antragstellung

Damit können ehemalige Selbstständige Verbraucherinsolvenz stellen, wenn zum Zeitpunkt der Antragstellung keine selbstständige Tätigkeit mehr ausgeübt wird.

2. Überschaubare Vermögensverhältnisse

Das Gesetz definiert in § 304 II InsO was genau überschaubare Vermögensverhältnisse sind. 

"Überschaubar sind die Vermögensverhältnisse im Sinne von Absatz 1 Satz 2 nur, wenn der Schuldner zu dem Zeitpunkt, zu dem der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt wird, weniger als 20 Gläubiger hat."

Sollten nach Antragstellung weitere Gläubiger hinzutreten und die Gesamtanzahl der Gläubiger bei 20 oder mehr liegen, werden die Vermögensverhältnisse damit auch nicht mehr überschaubar.

Insofern sollte vorbereitend auf eine Antragstellung die genaue Schuldneranzahl sorgfältig ermittelt werden.

3. Keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen

Hierunter fallen sämtliche Forderungen, die auf ein Arbeitsverhältnis zurückzuführen sind oder damit in einem rechtlichen Zusammenhang stehen. 

- Lohn- und Gehaltsansprüche von Arbeitnehmern

- Forderungen der Sozialversicherungsträger auf Abführung der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung

- Forderungen des Finanzamts auf Abführung der Lohnsteuer

- Forderungen von Berufsgenossenschaften, sofern diese einen Arbeitnehmer des Schuldners und nicht den Schuldner selbst betreffen

4. Außergerichtlicher Einigungsversuch

Gemäß § 305 I Nr. 1 InsO muss der Antragsteller bei der Antragstellung vorweisen, dass eine außergerichtliche Einigung mit den Gläubigern erfolglos versucht worden ist. 

Im Rahmen der außergerichtlichen Einigung werden die Vermögensverhältnisse des Antragstellers erfasst und den Gläubigern unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse ein Plan zur Schuldenbereinigung unterbreitet.

Dabei kann aber nur derjenige Teil des Vermögens an die Gläubiger gezahlt werden, der nicht unter die Pfändungsfreigrenze fällt. Verdient man monatlich nicht mehr als 1339,99 EUR (Stand 17.02.2023) so kann den Gläubigern ein sog. Nullplan unterbreitet werden. Dieser zeichnet sich dadurch aus, dass die Gläubiger aufgrund des geringen Einkommens sozusagen leer ausgehen. Dies gilt natürlich nicht, wenn über den monatlichen Verdienst weiteres Vermögen vorhanden ist. 

Ferner erhöht sich der oben genannte Freibetrag für jedes unterhaltspflichtige Kind sukzessiv.

Der Einigungsversuch gilt als gescheitert, wenn

- nur ein Gläubiger mit dem Plan zur Schuldenbereinigung nicht einverstanden ist, es muss nicht die Mehrheit sein

- ein Gläubiger betreibt die Zwangsvollstreckung

- der Antragsteller wird absolut zahlungsunfähig 

Rechtsanwälte Dr. Krieg & Kollegen Köln

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