Online-Casino übernimmt Vertrag und muss Alt-Schulden an Spieler zahlen

Zum ausführlichen Artikel "Erstattung von Spieleinsätzen im Online-Casino" geht es hier.

Casinos wechseln regelmäßig die Betreibergesellschaft

Es ist nicht unüblich, dass Online-Casinos bei Ihren Glückspiel-Angeboten im Internet regelmäßig die hinter der Website agierende Betreibergesellschaft ändern oder ersetzen. 

Die erste Hürde, die bei Klagen gegen Online-Casinos überwunden werden muss, ist die richtige Partei zu ermitteln, gegen die geklagt wird. Es ist nämlich nicht unüblich, dass Online-Casinos in einem Rechtsstreit behaupten, sie seien nicht der richtige Klage-Gegner (Passivlegitimation), um sich so einem eventuellem Rückerstattungsanspruch zu entziehen. 

Insofern schafft das vom Landgericht Heilbronn (Az. We 6 O 345/21) veröffentlichte Urteil vom 10.02.2023 durchaus Abhilfe für gleichgelagerte Fälle. 

Äußere Umstände sprechen für eine Vertragsübernahme

In den meisten Fällen werden die jeweiligen Betreibergesellschaften der Website, auf denen gespielt wird, im unteren Teil des Browsers ausgewiesen (meist Unternehmen aus Malta, Gibraltar, Curacao etc.). Wir haben bereits in mehreren Verfahren beobachtet, dass es dort über die Zeit zu Änderungen oder Ersetzungen der jeweilig ausgewiesenen Betreibergesellschaft kommt.

Die jeweiligen Seiten werden in den allermeisten Fällen unter Beibehaltung der gleichen Website-URL (oder mit Weiterleitung) sowie unter Beibehaltung des einmalig angelegten Spielerprofils inkl. sämtlicher Daten des Spielers von einer anderen Betreibergesellschaft fortgeführt - meistens ohne dass der Spieler davon etwas mitbekommt.

In diesen Fällen ist oftmals im Nachhinein nicht rekonstruierbar, gegen wen man eine Klage richten muss. Nicht zuletzt wird versucht, die jeweilige Inanspruchnahme für die Rückerstattung damit zu umgehen, indem auf die jeweils frühere Betreibergesellschaft als richtiger Klagegegner abgestellt wird. 

Insofern führt das LG Heilbronn aus:

"Führt eine andere im EU-Ausland ansässige Betreibergesellschaft den bei der ursprünglichen Betreibergesellschaft unter der E-Mail-Adresse des Verbrauchers registrierten Spieleraccount samt erteilter ausländischer Lizenz unverändert fort, insbesondere unter identischer Domain und Website, so liegt darin regelmäßig bei objektiver Auslegung eine Vertragsübernahme des Rahmenvertrages samt der mit ihm verbundenen einzelnen Spiele, verbuchten Spieleinsätze und Gewinnausschüttungen, welcher der Verbraucher jedenfalls konkludent durch aktive Weiternutzung seines Accounts zugestimmt hat. Bei der vorgennanten Sachlage kann dem Verhalten des Verbrauchers kein Erklärungsgehalt dahingehend beigemessen werden, noch das Verhalten des Verbrauchers durch die neue Betreibergesellschaft objektiv dahingehend verstanden werden, dass dieser mit der neuen Betreibergesellschaft durch Weiternutzung seines Spieleraccounts oder gegebenenfalls Akzeptieren von neuen AGB einen gänzlich neuen Vertrag zu schließen gedenkt. Die neue Betreibergesellschaft ist hinsichtlich des Spieleraccounts und der mit diesem verbundenen Spiele, Spieleinsätze und Gewinnausschüttungen vielmehr Rechtsnachfolgerin der ursprünglichen Betreibergesellschaft und damit auch für Rückforderungsklagen passivlegitimiert."

Weiter wird ausgeführt, dass der Beziehung zwischen Spieler und Online-Casino ein Rahmenvertrag zugrunde liegt, 

"unter dessen Regelungssystem die einzelnen Spiele, Spieleinsätze und Gewinnausschüttungen durchgeführt und verbucht werden und mit dem die einzelnen Spiele, Einzahlungen und Gewinnausschüttungen somit untrennbar verbunden sind."

Für das Gericht kam es aufgrund der oben genannten Umstände zu einer Übernahme des Rahmenvertrages durch die neue Betreibergesellschaft. 

Ausblick

Auch wenn das Urteil des LG Heilbronn durchaus positiv ist, so muss immer im konkreten Einzelfall geschaut werden, wie das jeweilige Online-Casino gegenüber den Spielern auftritt.

Folgende Kriterien können als herangezogen werden, damit eine Rechtsnachfolgerschaft angenommen werden kann:

• Beibehaltung der gleichen Domain (URL); auch Weiterleitung
• Beibehaltung des ursprünglich erstellten Spieleraccounts
• Weiternutzung der nationalen Lizenz der ehemaligen Betreibergesellschaft
• Auftreten der neuen Betreibergesellschaft gegenüber den Spielern