Abmahnung wegen Urheberrechtsverletzung (Filesharing) - wie ist die aktuelle Rechtslage?

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Wie am Fließband verschicken derzeit wieder Anwaltskanzleien im Auftrag von Rechteinhabern Abmahnungen wegen angeblich im Internet begangener Urheberrechtsverletzungen. Der Abmahnung liegt regelmäßig der Vorwurf zugrunde, ein urheberrechtlich geschütztes Werk, in der Regel Musikstücke, Hörspiele, oder Filme auf Tauschbörsen bzw. in sogenannten Peer-to-Peer Netzwerken (z.B. eDonkey, BitTorrent, gnutella, p2p-crew etc.) im Internet unerlaubter Weise verbreitet zu haben. Im Wege des gerichtlichen Auskunftsverfahrens gem. § 101 UrhG wird der jeweilige Provider (z.B. Deutsche Telekom AG) bei Vorliegen sämtlicher Voraussetzungen dazu verpflichtet, die Adressdaten des Anschlussinhabers, dem die zum behaupteten Tatzeitpunkt festgestellte IP-Adresse zugewiesen war, herauszugeben. Den Abmahnschreiben ist deshalb häufig auch ein Ermittlungsdatensatz beigegefügt, in dem der Zeitpunkt der behaupteten Urheberrechtsverletzung, die IP-Adresse, Hashwert der Raubkopie, sowie die Namen des Peer-to-Peer Netzwerkes und des Providers aufgeführt werden. Die Abmahnschreiben zeichnen sich ganz überwiegend dadurch aus, dass sie unter Verweis auf zahlreiche Gerichtsurteile und unter Verwendung der einschlägigen juristischen Fachterminologie eine Drohkulisse gegenüber dem Abgemahnten aufbauen, die seine Zahlungsbereitschaft erhöhen soll. Standardmäßig schließt die Zahlungsaufforderung mit dem Hinweis, dass bei Nichtzahlung erhebliche Zusatzkosten auf den Abgemahnten zukommen. Als Abgemahnter sollte man zunächst nicht in Panik verfallen. Gleichzeitig ist aber auch davon abzuraten, den in Internetforen, Blogs und auf Ratgeberseiten zu diesem Thema oft verbreiteten Ratschlag zu befolgen, die Abmahnung schlichtweg zu ignorieren. 1. Die Unterlassungserklärung Der oft gelesene Hinweis, die geforderte Unterlassungserklärung sei in modifizierter Form abzugeben, bedarf einer Korrektur: Die in der Abmahnung geforderte Unterlassungserklärung ist, auch in abgeänderter Form, nur dann abzugeben, wenn eine Urheberrechtsverletzung begangen worden ist ("Wer das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann vom Verletzten auf Beseitigung, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung und, wenn dem Verletzer Vorsatz oder Fahrlässigkeit zur Last fällt, auch auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden") - vgl. § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG. Bevor eine, wie auch immer formulierte, Unterlassungserklärung abgegeben wird, muss also geprüft werden, ob überhaupt der geltend gemachte Unterlassungsanspruch besteht. Wer nicht selbst Verletzer ist, sondern nur einer fremden Rechtsverletzung Vorschub leistet, schuldet nur dann Unterlassung, wenn es ihm zuzumuten ist, diese zu verhindern. Hieran fehlt es namentlich dann, wenn es dem Dritten nicht oder nur eingeschränkt zumutbar war, den Sachverhalt auf mögliche Rechtsverletzungen Dritter hin zu überprüfen (BGH GRUR 1999, 418). Erst wenn festgestellt werden konnte, dass der Abgemahnte Unterlassung schuldet, ist auch eine (modifizierte) Unterlassungserklärung abzugeben. Diese sollte dann selbstverständlich so formuliert werden, dass sie kein Schuldeingeständnis enthält. Mit Abgabe der Unterlassungserklärung reduziert sich der Streitwert, und damit das Kostenrisiko für den Abgemahnten auf die noch im Raum stehende Zahlungsforderung hinsichtlich Schadensersatz und Kosten der Abmahnung (Rechtsanwaltskosten). 2. Schadensersatz und Rechtsanwaltskosten Neben der Unterlassungserklärung wird die Zahlung eines pauschalen Abgeltungsbetrages gefordert. Dieser beinhaltet eine fiktive Lizenzgebühr für das streitgegenständliche Werk, sowie die Kosten der Rechtsverfolgung. Auch hier ist zu differenzieren: 2.1. Schadensersatz gem. § 97 Abs. 1 S. 2 UrhG Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch nach § 97 Abs. 2 UrhG setzt eine schuldhafte Verletzung des geschützten Rechts voraus, d.h. die behauptete Urheberrechtsverletzung muss vorsätzlich oder zumindest fahrlässig vorgenommen worden sein. "Zwar obliegt auch privaten Anschlussinhabern eine Pflicht zu prüfen, ob ihr WLAN-Anschluss durch angemessene Sicherungsmaßnahmen vor der Gefahr geschützt ist, von unberechtigten Dritten zur Begehung von Urheberrechtsverletzungen missbraucht zu werden. Dem privaten Betreiber eines WLAN-Netzes kann jedoch nicht zugemutet werden, die Netzwerksicherheit fortlaufend dem neuesten Stand der Technik anzupassen und dafür entsprechende finanzielle Mittel aufzuwenden. Die Prüfpflicht bezieht sich auf die Einhaltung der im Zeitpunkt der Installation des Routers für den privaten Bereich marktüblichen Sicherungen."(vgl. BGH, Urteil vom 12.05.2010, Az. I ZR 121/08). Im Rahmen der Verkehrspflichten ist schließlich noch folgendes zu berücksichtigen: Je untergeordneter der Tatbeitrag des mittelbaren Verletzers ist und je geringer sein Interesse an der Rechtsverletzung zu veranschlagen ist, umso schwächer sind die ihn treffenden Verkehrspflichten zu bemessen und umso weniger wird ihm eine unterlassene Prüfung vorzuwerfen sein (Mestmäcker/Schulze/Backhaus, UrhKomm, § 79, Rn. 59). 2.2. Rechtsverfolgungskosten - Die Deckelungsklausel des § 97a Abs. 2 UrhG Nach § 97a Abs. 2 UrhG beschränkt sich der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen für die Inanspruchnahme anwaltlicher Dienstleistungen für die erstmalige Abmahnung in einfach gelagerten Fällen mit einer nur unerheblichen Rechtsverletzung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs auf 100 Euro. Gerade im Fall von Massenabmahnung drängt sich die Frage auf, ob die geltend gemachten Anwaltskosten, die sich oft auf mehr als 500,00 € belaufen, gerechtfertigt sind. Insbesondere ist dies dann äußerst fraglich, wenn eine sehr große Zahl von Abmahnungen erfolgt, denen ausnahmslos der gleiche Sachverhalt zugrunde liegt. In diesem Fall ist eine anwaltliche Beratung nur insoweit erforderlich, als der Anwalt den Rechteinhaber in einem gleichartigen Fall berät und ihm gegebenenfalls einen Musterbrief anfertigt. Die übrigen Abmahnungen können regelmäßig mittels dieses Musters durch den Rechteinhaber selbst durchgeführt werden. In jedem Fall sind sämtliche in der Abmahnung enthaltenen Zahlungsforderungen gesondert, dem Grunde und der Höhe nach, zu überprüfen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass sich nicht selten eine Zahlung durch den Abgemahnten vermeiden lässt. In jedem Fall ist aber die Verhandlung über die Höhe der Ansprüche geboten, wobei sich die Ursprungsforderung meist erheblich reduzieren lässt.


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