Altlasten – rechtliche Gefahren und Möglichkeiten

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Rechtliche Grundlagen für den Umgang mit Altlasten auf dem Grundstück

Der Erwerb von Grund und Boden stellt meist eine langfristige und gut durchdachte Investition dar. Doch wenn sich auf dem Grundstück sogenannte Altlasten befinden, dürfte für deren Räumung noch einmal ein gravierender Preis fällig werden. Wie kann sich der Käufer dagegen wehren?

Altlasten – was ist das eigentlich?

Ob eine solche Altlast im juristischen Sinne vorliegt, bestimmt zunächst das Gesetz zum Schutz vor schädlichen Bodenveränderungen und zur Sanierung von Altlasten. Dessen Paragraf 2 Absatz 5 zielt demnach auf alle Grundstücke ab, auf denen in der Vergangenheit mit umweltgefährdenden Stoffen oder mit Abfällen hantiert wurde. Gleichfalls greift das Gesetz immer dann, wenn diese Stoffe sogar weiterhin in dem Boden gelagert sind. Denn von ihnen könnten giftige Substanzen etwa in das Grundwasser entweichen.

Allerdings genügt das reine Vorhandensein der Stoffe noch nicht aus, um eine Altlast im Sinne des § 2 Abs. 5 BBodSchG zu begründen. Vielmehr muss davon auch eine schädliche Bodenveränderung oder eine sonstige Gefahr entweder für den einzelnen Bürger oder sogar für die Allgemeinheit hervorgerufen werden können. Insbesondere bei giftigen Substanzen ist davon auszugehen, dass diese nicht innerhalb weniger Monate oder Jahre an negativer Kraft verlieren – entsprechend kann das Problem der Altlasten erst nach Jahrzehnten auftreten.

Wer trägt die Pflicht der Gefahrenabwehr?

§ 4 Abs. 1 und 2 BBodSchG nehmen den Grundstückseigentümer sowie den Verursacher einer möglicherweise durch Altlasten entstehenden Gefahr in die Pflicht: Sie haben alle erforderlichen Maßnahmen dafür einzuleiten, dass eine solche Gefährdung des Einzelnen oder der Allgemeinheit in der Zukunft nicht zu erwarten ist. Der Grundstückseigentümer müsste demnach auch dafür Sorge tragen, dass etwa Mitarbeiter seiner dort betriebenen Firma keine schädlichen Bodenveränderungen vornehmen.

Doch wie ist zu verfahren, wenn der Grundstückseigentümer wechselt? Wer Grund und Boden erwirbt und erst im Nachhinein von den dort lagernden Altlasten erfährt, ist gemäß § 4 Abs. 3 BBodSchG verpflichtet, die Sanierung des Grundstücks vorzunehmen. Eine Haftung, die meist nicht lediglich mit dem oberflächlichen Abtragen des Mutterbodens erfüllt ist – sondern die einen langwierigen und komplexen Prozess der Reinigung erforderlich machen kann, aus dem nicht selten Kosten im Bereich mehrerer tausend Euro entstehen.

Lassen sich mögliche Sanierungsmaßnahmen im Vorfeld erkennen?

Da der Grundstückskäufer im Zweifelsfalle die Haftung für die Altlasten übernimmt und sich einer teuren Sanierung ausgesetzt sehen kann, stellt sich die Frage nach möglichen Schutzmechanismen gegen eine solche Gefahr. Wer sich dabei nicht auf die Aussagen des vorherigen Eigentümers verlassen möchte, darf beim Umweltamt der zuständigen Stadt, Gemeinde oder Kommune einen Blick in die Altlastenkataster sowie bei der Baubehörde in die das Grundstück betreffenden Akten werfen. Hier müssten etwaige Gefährdungslagen notiert sein.

Bereits bei der Gestaltung des Kaufvertrages ist dann aber eine juristische Begleitung empfehlenswert. Denn nun gilt es, sich die Qualität des Bodens durch den Verkäufer – und somit bisherigen Eigentümer – schriftlich zusichern zu lassen. Hierbei ist insbesondere darauf abzuzielen, dass sich in dem Erdreich keinerlei Altlasten mehr befinden. Weitergehend können die Ergebnisse einer Bodenuntersuchung sowie gutachterlicher Analysen in die Beurteilung des Zustandes des Grundstückes einbezogen werden. Zumeist allerdings auf Kosten des vermeintlichen Käufers.

Welche Pflichten treffen den Verkäufer?

Übrigens ist der frühere Eigentümer bei seinen Aussagen die Qualität des Bodens betreffend zur Wahrheit verpflichtet. Diesen Grundsatz legte der Bundesgerichtshof seinem Urteil (Aktenzeichen: V ZR 285/99) vom 20. Oktober 2000 zugrunde: Demnach genügt es bei den Angaben gegenüber einem möglichen Käufer nicht, über das Vorhandensein von Altlasten zu spekulieren – weiß der frühere Eigentümer sicher, dass auf diesem Grund und Boden mit gefährlichen Stoffen hantiert wurde, hat er diese Kenntnis mitzuteilen.

Fand der Kauf der Immobilie erst nach dem 01.03.1999 statt und war dem vorherigen Besitzer bewusst, dass auf dem Boden schädliche Stoffe bearbeitet wurden, deren Rückstände möglicherweise in diesen eingedrungen sein könnten, so wird gemäß § 4 Abs. 6 BBodSchG somit eine Haftung des früheren Eigentümers ausgelöst. Jedoch stellt es erfahrungsgemäß eine relativ hohe Hürde dar, diesem die Kenntnis von den Altlasten auch zweifelsfrei nachzuweisen und die Verantwortlichkeit der Sanierung auf ihn zu übertragen.

Bis zu welchem Zeitpunkt darf Rechtssicherheit erwartet werden?

Üblicherweise werden die Verhandlungen für den Kaufvertrag erst dann durchgeführt, wenn die Beschaffenheit des Bodens zweifelsfrei ermittelt wurde. Allerdings kann es immer wieder zu Ausnahmen kommen. Diese treten etwa dann ein, wenn modernere Testverfahren genutzt und frühere Ergebnisse erneut überprüft werden können. Eine besondere Konstellation ist in solchen Fällen immer dann anzunehmen, wenn der Kaufvertrag für das Grundstück bereits abgeschlossen, die Kaufsumme selbst aber noch nicht überwiesen wurde.

Kommt es in diesem kurzen Zeitfenster zu neuen Prüfresultaten, die das Vorhandensein von Altlasten im Boden bestätigen, steht dem Käufer ein Zurückbehaltungsrecht der Kaufsumme zu – das Eigentum an dem Grundstück wird dabei nicht übertragen. Das Landgericht Koblenz forderte in seinem Urteil (Aktenzeichen: 1 0 485/00) vom 02.08.2001 allerdings, dass ein solches Zurückbehaltungsrecht des Kaufbetrages erst dann ausgelöst wird, wenn eine konkrete Gewissheit über die Altlasten besteht. Reine Vermutungen über deren Existenz genügen dabei nicht.

Lässt sich der Kaufvertrag anfechten?

Bereits erwähnt wurde die Aufklärungspflicht des Verkäufers hinsichtlich etwaiger Altlasten. Dieser Pflicht hat er unaufgefordert nachzukommen – es ist dabei nicht notwendig, dass der mögliche Käufer ihn auf das Vorhandensein gefährlicher Stoffe anspricht. Wird diese Pflicht nicht erfüllt, wird die Aussage sogar wahrheitswidrig verändert, so ist juristisch eine arglistige Täuschung anzunehmen. Immerhin stellt die Bodenbeschaffenheit eine wertbildende Eigenschaft des Grundstücks dar – wüsste der Käufer um die Altlasten, würde er vermutlich einen geringeren Preis bieten oder keinerlei Interesse an der Immobilie zeigen.

Als Rechtsfolge eines Kaufes mit erst nachträglich einsetzender Kenntnis über die Altlasten ist eine Anfechtung des Kaufvertrages vorgesehen. Bei ihr ist nun allerdings der Käufer verpflichtet, dem Verkäufer zweifelsfrei nachzuweisen, dass dieser von der Existenz der gefährlichen Stoffe schon bei der Einigung über den Kaufvertrag wusste. Ein durchaus schwieriges Unterfangen. Gelingt das, so wird der Kontrakt rückabgewickelt: Der Käufer erhält die bezahlte Kaufsumme und der Verkäufer das Grundstück zurück.

Welche Gewährleistungsrechte kann der Käufer geltend machen?

Nicht immer ist eine solche Anfechtung aber tatsächlich möglich. Denn in vielen Kaufverträgen, die die Eigentumsübertragung an einem Grundstück umfassen, wird die Übernahme von Gewährleistungspflichten ausdrücklich ausgeschlossen – und per Unterschrift von allen Beteiligten akzeptiert. Allerdings soll der Käufer nicht die Kosten der Sanierung tragen müssen, wenn er von dem Verkäufer über das Vorhandensein der Altlasten falsch informiert wurde. Liegt eine arglistige Täuschung vor, greift die Gewährleistung also dennoch.

In einem solchen Falle wäre es daher gemäß § 444 des Bürgerlichen Gesetzbuches auch irrelevant, dass die Gewährleistung ausgeschlossen wurde. Vielmehr begründet die vorherige arglistige Täuschung erneut die Möglichkeit zur Anfechtung des Kaufvertrages. Der Käufer ist nunmehr berechtigt, unterschiedliche Ansprüche zu erheben. Diese umfassen die Mängelbeseitigung und damit das Räumen der gefährlichen Altlasten aus dem Boden, die Minderung des bereits vereinbarten oder sogar gezahlten Kaufpreises, den Rücktritt vom Vertrag sowie einen Ersatz erlittener Schäden.

Sieht das Gesetz einen Ausgleichsanspruch vor?

Welche Rechtslage ergibt sich aber, wenn erst im Nachhinein eine Bodenuntersuchung vorgenommen und der Käufer als jetziger Eigentümer durch die Behörden seine Stadt zur Sanierung verpflichtet wird? In diesem Falle regelt § 24 Abs. 2 BBodSchG das weitere Vorgehen: Der Käufer hat das Grundstück von den dort ermittelten Stoffen zunächst auf eigene Kosten zu befreien. Sämtliche dabei anfallenden Maßnahmen begleicht er im ersten Schritt also aus eigener Kasse. Erst im Anschluss daran kann er einen Ausgleichsanspruch gegen den früheren Eigentümer geltend machen und sich das bereits bezahlte Geld für die Sanierung refinanzieren lassen.

Ein solcher Ausgleichsanspruch darf übrigens drei Jahre lang eingefordert werden, ehe die Verjährung einsetzt – der Beginn der Frist richtet sich nach dem Datum der Beendigung der Bodensanierung. Entscheidend ist zudem, dass ein solcher Anspruch auf eine Ausgleichszahlung nicht durch einen im Kaufvertrag vereinbarten Ausschluss der Gewährleistungsrechte erlischt. Allerdings kann die Höhe des Ausgleichsanspruchs durch eine gemeinsame Einigung im Kaufvertrag begrenzt werden.



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