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Anspruch auf Abfindung?

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Oft bekomme ich als Fachanwalt für Arbeitsrecht von Arbeitnehmer-Mandanten die Behauptung zu hören, dass doch der Arbeitgeber bei einer ausgesprochenen Kündigung eine Abfindung zahlen müsse. Die Antwort ist ganz klar „Nein“. Es gibt nur die Fälle des § 9 KSchG, in denen der Arbeitgeber zur Zahlung einer Abfindung verurteilt werden kann, nämlich wenn sich eine Kündigung im Kündigungsschutzprozess als unwirksam herausstellt, und die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitnehmer wegen Verfehlungen des Arbeitgebers unzumutbar ist, so dass das Arbeitsverhältnis auf Antrag des Arbeitnehmers vom Arbeitsgericht aufgelöst wird, § 9 I S.1 KSchG.

Der Auflösungsantrag kann auch vom Arbeitgeber gestellt werden, wenn eine zweckdienliche Zusammenarbeit nicht mehr zu erwarten ist, § 9 I S.2 KSchG. Beide Regeln werden sehr restriktiv gehandhabt, so dass sie in der gerichtlichen Praxis keine Rolle spielen. Die unproblematische Auflösung gegen Abfindung gilt lediglich für leitende Angestellt im Sinne des § 14 KSchG, weil bei diesen der Auflösungsantrag vom Arbeitgeber nicht begründet werden muss. Nur in diesen Fällen ist also eine Abfindung zwingend zu zahlen.

In allen anderen Fällen ist die Zahlung einer Abfindung ausnahmslos das Ergebnis von entsprechenden Verhandlungen zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer. Die Höhe der Abfindung richtet sich zum einen nach den Erfolgsaussichten der Parteien im Kündigungsschutzprozess, das heißt nach der Wahrscheinlichkeit, dass die betreffende Kündigung vom Arbeitsgericht als unwirksam aufgehoben wird. Zweiter wesentlicher Aspekt ist, wie intensiv der Wunsch des Arbeitgebers ist, sich vom Arbeitnehmer zu trennen. Will der Arbeitgeber den Arbeitnehmer unbedingt loswerden, und ist das im Wege der Kündigung mangels Kündigungsgründen nicht möglich, so wird der Arbeitgeber eine Abfindung in der Höhe zahlen müssen wie die der Arbeitnehmer fordert. Verlangt der Arbeitnehmer zu viel, so muss er damit rechnen, dass der Arbeitgeber die Kündigung „zurücknimmt“ mit der Folge, dass es gar keine Abfindung gibt.

Geboten ist also ein realistischer Blick auf die Erfolgsaussichten, um nicht zu hoch zu pokern und am Ende mit leeren Händen dazustehen. Andererseits darf man aus Sicht des Arbeitnehmers sich nicht ins Bockshorn jagen lassen und seinen Kündigungsschutz unter Wert verkaufen. Der „Wert“ richtet sich danach, wie gut das Gesetz den Arbeitsplatz unter den speziellen Umständen des betreffenden Falles schützt bzw. wie konkret die Möglichkeit einer wirksamen Kündigung ist.

Festzuhalten bleibt also, dass der Arbeitgeber abgesehen von § 9 KSchG nie Abfindung zahlen muss. Faktisch ist es aber so, dass er gut beraten ist, in unsicheren Fällen (und das sind sehr viele) eine gewisse Abfindung zu zahlen, um das Risiko eines verlorenen Kündigungsschutzverfahrens auszuschließen, was z.B. durchaus ein Jahresgehalt an Annahmeverzugslohn erreichen kann.

Was sinnvoll und angemessen ist, richtet sich immer nach den Umständen des betreffenden Einzelfalles. Vom Richter sollte man sich bei deren Bewertung nicht unbedingt beraten lassen, denn dieser wird den Parteien die Erfolgsaussichten regelmäßig so darstellen, dass für beide Seiten ein deutliches Risiko besteht, den Prozess zu verlieren. Wird dann ein Vergleich abgeschlossen, um zumindest den berühmten „Spatz in der Hand“ zu behalten, so hat der Richter sich viel Arbeit und Aufwand erspart.


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