Anwalt bei Fahrerflucht / Unfallflucht - § 142 StGB - Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort

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Das unerlaubte Entfernen vom Unfallort wird umgangssprachlich auch Unfallflucht oder Fahrerflucht genannt. Im Strafgesetzbuch (StGB) ist dies in § 142 StGB geregelt. Der Vorwurf kann jederzeit jeden treffen und kommt regelmäßig vor. In § 142 StGB trifft das strafprozessuale Recht sich nicht selbst belasten zu müssen (Selbstbelastungsfreiheit / Recht zu Schweigen) auf die Verpflichtung sich als Unfallbeteiligter zu erkennen zu geben.

 

1. Aufbau des Unfallflucht-Paraphen § 142 StGB

Wer eine Fahrerflucht begeht, der hat gegen eine von vier gesetzlichen Vorgaben verstoßen. Der Gesetzgeber hat dabei sowohl falsches Verhalten vor Ort aber auch ein falsches Verhalten im Anschluss unter Strafe gestellt - und das macht die Sache unübersichtlich. Was kann man falsch machen? Was ist zu beachten?

 

a) Keine Feststellungen gegenüber anwesenden Personen ermöglicht - § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB

Strafbar wegen Unfallflucht macht sich, wer sich als Unfallbeteiligter vom Unfallort entfernt, bevor er zugunsten eines anderen Unfallbeteiligten und der Geschädigten die Feststellungen seiner Person (Personalien und Anschrift), seines Fahrzeugs und der Art seiner Beteiligung durch seine Anwesenheit und durch die Angabe, dass er an dem Unfall beteiligt ist, ermöglicht hat. Mit "Unfallbeteiligter" ist jeder gemeint, der dessen Verhalten nach den Umständen zur Verursachung des Unfalls beigetragen haben kann (§ 142 Abs. 5 StGB). Das muss nicht zwingend ein anderer Autofahrer sein.

Da es unter Umständen entscheidend sein kann was man hier genau angibt, rate ich dringend dazu bereis vor Ort sofort einen Strafverteidiger anzurufen, um Nachteile zu vermeiden.

 

b) Keine angemessene Zeit vor Ort gewartet, ob jemand bereit ist die Feststellungen zu treffen - § 142 Abs. 1 Nr. 2 StGB

Ebenfalls strafbar wegen Fahrerflucht macht sich, wer sich vom Unfallort entfernt ohne eine angemessene Zeit vor Ort zu wartet, ob ein Dritter bereit ist die Feststellungen zu treffen.

Wie lange man vor Ort warten muss ist einzelfallabhängig und hängt von Wochentag, Uhrzeit, Verkehrsdichte, Art und Schwere des Unfalls, Witterung, Verhalten des Unfallbeteiligten während der Wartefrist und Lage des Unfallorts ab. In der Rechtsprechung hat sich grob herausgebildet, dass selbst bei Sachschäden unter günstigsten Umständen die Mindestwartezeit 10 - 15 Minuten beträgt. Bei erheblichen Personenschäden soll die Wartezeit mindestens eine Stunde betragen. Zusammenfassend kann gesagt werden: lieber zu lange gewartet als zu kurz. Allein den berühmten Zettel zu hinterlassen und zu gehen, reicht nicht.

Im Zwischenergebnis auch an dieser Stelle die dringende Empfehlung bereis vor Ort sofort einen Strafverteidiger anzurufen.

 

c) Nach Ablauf der Wartefrist vom Unfallort entfernt und die Feststellungen nicht unverzüglich nachträglich ermöglicht - § 142 Abs. 2 Nr. 1 StGB

Wer lange genug vor Ort gewartet hat und sich zunächst straflos vom Unfallort entfernen durfte, ohne dass die erforderlichen Feststellungen getroffen wurden, ist noch nicht aus dem Schneider. Eine Strafbarkeit wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort steht auch dann im Raum, wenn die erforderlichen Feststellungen nicht unverzüglich nachträglich ermöglicht werden.

Nach § 142 Abs. 3 StGB kann der Unfallbeteiligte wählen, ob er den Berechtigten oder eine nahegelegene Polizeidienststelle benachrichtigen will. Diese Wahlmöglichkeit wird von den Gerichten aber eingeschränkt, wenn nur eine der beiden Möglichkeiten dazu führt, dass die erforderlichen Feststellungen unverzüglich ermöglicht werden.

Weil ein Laie normal nicht weiß wie er sich bei der Polizei verhalten soll bzw. was er dort sagen muss und was nicht, empfiehlt es sich auch in dieser Variante bereis vor Ort sofort einen Strafverteidiger anzurufen.

 

d) Sich berechtigt oder entschuldigt vom Unfallort entfernt und die Feststellungen nicht unverzüglich nachträglich ermöglicht - § 142 Abs. 2 Nr. 1 StGB

Eine Strafbarkeit wegen Unfallflucht steht schließlich auch dann im Raum, wenn man sich berechtigt oder entschuldigt vom Unfallort entfernt hat (ohne die Wartezeit einzuhalten) und die erforderlichen Feststellungen nicht unverzüglich nachträglich ermöglicht.

Gerechtfertigt ist z.B. ein Unfallbeteiligter der nicht vor Ort bleibt, weil es nötig ist, dass er sich mit seinen Verletzungen zum Arzt begibt oder andere Unfallopfer ins Krankenhaus fährt. Entschuldigt wäre ein Unfallbeteiligter, wenn er den Unfallort verlässt, weil er an diesem von Anwesenden bedroht wird.

Aber auch in diesen beiden Fällen, muss der Unfallbeteiligte die erforderlichen Feststellungen unverzüglich nachträglich ermöglichen, um sich nicht strafbar zu machen.

Da dies nicht einfach zu beurteilen ist, auch hier die Empfehlung bereis vor Ort sofort einen Strafverteidiger anzurufen.

 

e) Tätige Reue - § 142 Abs. 4 StGB

Liegt eine Strafbarkeit vor, kann das Gericht die Strafe mildern oder von Strafe absehen, wenn der Unfallbeteiligte innerhalb von vierundzwanzig Stunden nach einem Unfall außerhalb des fließenden Verkehrs, der ausschließlich nicht bedeutenden Sachschaden zur Folge hat, freiwillig die Feststellungen nachträglich ermöglicht.

 

2. Welche weiteren Folgen gibt es?

Neben der oben genannten Geldstrafe oder Freiheitsstrafe (Haftstrafe), stellt die Fahrerflucht einen Regelfall für die Entziehung der Fahrerlaubnis dar. Im Falle einer Verurteilung entzieht das Gericht die Fahrerlaubnis und zieht den Führerschein ein. Gleichzeitig wird die Fahrerlaubnisbehörde (Stadt oder Landkreis) angewiesen vor Ablauf einer vom Strafrichter verhängten Sperrfrist keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen. Die Mindestsperrfrist beträgt sechs Monate.

Ob vor Wiedererteilung der Fahrerlaubnis auch noch eine Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU) erforderlich ist, hängt von weiteren Voraussetzungen im Einzelfall ab.

 

3. Kann ich auch fahrlässig eine Unfallflucht begehen? Welchen Unterschied würde das machen?

Anders als die Trunkenheit im Verkehr (§ 316 StGB) oder die Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c StGB) ist die Fahrerflucht nur vorsätzlich begehbar. Dies hat zur Folge, dass bei einer Verurteilung wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort rückwirkend der Deckungsschutz der Rechtsschutzversicherung entfällt. Hat die Rechtsschutzversicherung bereits gezahlt, fordert sie diese Zahlungen von ihrem Versicherungsnehmer zurück.

 

4. Was ist, wenn ich den Unfall nicht bemerkt habe?

Auch wenn Sie der Meinung sind den Unfall nicht bemerkt zu haben, kann es sein, dass Staatsanwaltschaft und Gericht versuchen anhand von äußeren Umständen auf die Bemerkbarkeit zu schließen. Hier ist ein versierter Strafverteidiger gefragt, um Behauptungen zur Wahrnehmbarkeit geschlossen aus den Wahrnehmungen von Zeugen oder dem Fahrverhalten entgegenzutreten.

Gehen Sie bitte nicht zur Polizei, ohne mit einem Strafverteidiger gesprochen zu haben. Nur der kann für Sie das Risiko einschätzen und abklären, ob überhaupt noch eine nachträgliche Meldung zur Straffreiheit führen kann.

 

5. Muss ich vor dem Urteil schon mit Maßnahmen / Konsequenzen rechnen?

Nach § 111a StPO kann die Staatsanwaltschaft bei Gericht bereits vor dem Urteil die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis beantragen. Wird Ihnen ein solcher Beschluss zugestellt, sollten Sie umgehend einen spezialisierten Strafverteidiger aufsuchen. Solange der Beschluss nicht aufgehoben ist, dürfen Sie kein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr führen. Anders als bei der endgültigen Entziehung der Fahrerlaubnis, gilt dies auch für fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge (z.B. Mofa).

 

7. Warum sollte ich mich an einen Strafverteidiger wenden?

Nur der versierte Strafverteidiger kann abschätzen, ob eine Strafbarkeit überhaupt noch verhindert werden kann oder welche Maßnahmen ergriffen werden müssen, um eine Bestrafung zu verhindern oder eine Strafe gering zu halten.

RA Hamm hat sich u. a. auf die Verteidigung in Verkehrsstrafsachen spezialisiert und ist deutschlandweit tätig. Werden Sie frühzeitig tätig, damit RA Hamm Sie von Anfang an unterstützen und alle Möglichkeiten der Verteidigung für Sie ausschöpfen kann.

Rechtsanwalt Werner Hamm

Fachanwalt für Strafrecht

Bogdahn & Partner mbB Rechtsanwälte


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