Architektenhonorar: Keine Mindest- und Höchstsätze mehr?

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Das OLG Celle hat unlängst die Entscheidung des EuGH (Rs. C-377/17) zu der Europarechtskonformität der HOAI umgesetzt. Danach ist auf nationaler Ebene zu beachten, dass die Mindest- und Höchstsätze der HOAI europarechtswidrig sind. Wegen des Anwendungsvorbehalts des Europarechts sind die Gerichte verpflichtet, die für europarechtswidrig erklärten Regelungen der HOAI nicht mehr anzuwenden. Die sich aus § 7 Abs. 5 HOAI 2009 ergebende Fiktion des Mindestsatzes soll gegenstandslos sein. Nach der Entscheidung des OLG Celle soll auch in laufenden Verfahren die Entscheidung des EuGH umzusetzen sein. 

Begründet wird dies mit der bindenden Wirkung der Auslegung des EU-Rechts für die nationalen Gerichte, die auch bestehende Vertragsverhältnisse erfassen soll. Im Lichte der Entscheidung des EuGH sei es nun von Rechts wegen nicht mehr zulässig, getroffene Honorarvereinbarungen an den Mindest- und Höchstsätzen der HOAI zu messen. Honorarvereinbarungen, die das Preisrecht der HOAI ignorierten, seien daher unter diesem Gesichtspunkt nicht mehr unzulässig. 

Bemerkenswert ist, dass das OLG Hamm mit einer Entscheidung vom selben Tag in direktem Widerspruch zu der Entscheidung des OLG Celle klargestellt hat, dass in laufenden Architektenhonorarprozessen das verbindliche Preisrahmenrecht der HOAI anwendbar sein solle. Daran habe sich durch die Entscheidung des EuGH vom 04.07.2019 nichts geändert.

Das OLG Hamm begründet das damit, dass eine die Gesetzesbindung des Richters überschreitende Auslegung auch durch den Grundsatz der Unionstreue nicht zu rechtfertigen sei, denn die Entscheidung, ob eine richtlinienkonforme Auslegung möglich sei, obliege den Gerichten. Im Lichte der BGH-Rechtsprechung, wonach eine richtlinienkonforme Auslegung voraussetze, dass durch die Auslegung der erkennbare Wille des Gesetz- oder Verordnungsgeber nicht verändert werde, sondern die Auslegung seinem Willen entspreche, sei eine richtlinienkonforme Auslegung des den Mindestsatzanspruch begründenden § 7 HOAI 2013 ausgeschlossen. 

Angesichts dieser sich widersprechenden OLG-Entscheidungen bleibt es bis zu einer Entscheidung des BGH bei der Unsicherheit der Parteien im Mindestsatzhonorarprozess. 

(OLG Celle, Urteil vom 23.07.2019, 14 U 182/18 und OLG Hamm, Urteil vom 23.07.2019, 21 U 24/18) 


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