HOAI: Keine Bindung an Mindest- und Höchstsätze mehr in Deutschland

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Nach Verkündung der Entscheidung des EuGH vom 04.07.2019 haben zwischenzeitlich die Gerichte in Deutschland mit der Umsetzung dieser Rechtsprechung begonnen. Die jüngste Entscheidung dazu kommt vom Landgericht München. Ein klagender Architekt fordert von seinem Auftraggeber (AG) ein Honorar auf Grundlage eines Architektenvertrages, mit dem für die Architektenleistungen ein Pauschalhonorar i.H.v. rd. 600.000 Euro vereinbart wurde. 

Der AG hat dieses Honorar bezahlt. Der Architekt macht darüber hinausgehende Honorarforderungen geltend mit der Begründung, die einschlägigen Mindestsätze der HOAI rechtfertigten die weitere Abrechnung. Außerdem beruft sich der Architekt darauf, ein Pauschalhonorar nicht wirksam vereinbart zu haben, weil es an einer schriftlichen Vereinbarung bei Auftragserteilung fehle.

Das Landgericht München erteilt dieser Auffassung des klagenden Architekten eine Absage. In Anwendung der Rechtsauffassung der Obergerichte, die eine Fortgeltung der HOAI-Mindestsätze nach der Entscheidung des EuGH vom 04.07.2019 ablehnen, hält das Landgericht die Anwendung der sich aus § 7 HOAI ergebenden Mindest- und Höchstsätze für unzulässig. In der Folge sei § 7 Abs. 5 HOAI 2009 nur noch eine Formvorschrift, die gegen das höherrangige Recht des BGB verstoße. 

Mit dieser Entscheidung ist noch keine Rechtsklarheit in Deutschland geschaffen, weil es auch davon abweichende Entscheidungen verschiedener Land- und Oberlandesgerichte gibt. Noch nicht verbindlich geklärt ist die Frage, ob es für die Fortgeltung der Mindest- und Höchstsatzbindung auf eine unmittelbare Anwendbarkeit der dadurch verletzten Dienstleistungsrichtlinie ankommt, die europarechtlich als nicht einschlägig angesehen wird, oder ob es darauf gar nicht ankommt, sondern vielmehr Gerichte verpflichtet sind, eine für europarechtswidrig erklärte Regelung nicht mehr anzuwenden. Es ist nun am BGH, möglichst rasch die Rechtspraxis in Deutschland fortzubilden und die wichtige Frage zur Fortgeltung der Mindest- und Höchstsatzbindung zu klären.

(LG München vom 18.12.2019, 24 O 8846/19)


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