Auswirkung der Bekanntheit einer jüngeren Marke auf Verwechslungsgefahr mit älterer Marke

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Allzu oft werden Marken und die dazugehörigen Warenverzeichnisse vor der Anmeldung nicht auf ihre Verwechslungsgefahr mit identischen und/oder ähnlichen Marken abgeglichen bzw. recherchiert. Erst viele Jahre nach der Eintragung stellt man dann mit „Entsetzen“ fest, dass eine prioritätsältere Marke existiert, die mit der inzwischen sehr bekannten eigenen Marke identisch und/oder ähnlich ist und mit der Verwechslungsgefahr besteht.

Das Problem

Der Rechtssatz, dass bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke einen geringeren Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen oder der Vergleichszeichen auszugleichen vermag, ist in der Rechtsprechung und Literatur wohl einhellig anerkannt. Hingegen gibt es in der Rechtsprechung eine nur vergleichsweise geringe Anzahl von Entscheidungen, die sich mit der Bekanntheit einer jüngeren Marke und den Auswirkungen dieser Bekanntheit auf die Verwechslungsgefahr mit der älteren Marke beschäftigen.

Normativer Lösungsansatz

Der normative Ansatz, der von der Literatur vertreten wird, wird damit begründet, dass die wettbewerbliche Leistung des Unternehmers anzuerkennen sei und seiner deshalb schutzwürdigen Marke insoweit ein größerer Schutzumfang zukomme. Der Unternehmer investiere für den Aufbau einer noch jungen Marke regelmäßig viel Zeit, Kreativität und Geld. Diese Arbeit sei zu honorieren, sodass der prioritätsälteren Marke im Rahmen der Beurteilung der Verwechslungsgefahr ein größerer Schutzumfang zukomme.

Empirischer Lösungsansatz

Die Verwechslungsgefahr wirkt nach Auffassung des BGH in beide Richtungen, sodass es unerheblich ist, ob der Verkehr die jüngere Marke der älteren oder die ältere Marke der jüngeren Marke zuordnet. Der BGH bezeichnet diese Konsequenz als „reziproke Wirkung“ der Kennzeichnungskraft.

Auswirkungen der Anwendung der normativen oder empirischen Rechtfertigung 

Für die empirische Rechtfertigung spricht, dass sie eine gewisse Flexibilität im Hinblick auf eine möglicherweise gewünschte, als richtig empfundene Rechtsfolge eröffnet und im Zweifel der Einzelfallgerechtigkeit besser Rechnung tragen kann. Für die normative Entscheidung spricht, dass die Benutzung der jüngeren Marke im Hinblick auf die Verwechslungsgefahr keine Rolle spielt und damit auch der Umstand, dass der Inhaber der jüngeren Marke ebenfalls umfassende Investitionen getätigt hat, um den Bekanntheitsgrad zu steigern, für die Feststellung der Verwechslungsgefahr mit der älteren Marke unberücksichtigt bleiben muss.

Zu weiteren Lösungsansätzen und die Auswirkungen auf die Praxis siehe: DENKRAUM ... auf der Kanzleihomepage.


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