Beleidigung, Polizisten während Kontrolle als Flitzpiepen zu bezeichnen?

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Bezeichnung von Polizeibeamten als Flitzpiepen keine Beleidigung!

Freispruch vor dem OLG Karlsruhe trotz Verurteilung wg. Beleidigung vor dem Amtsgericht.

OLG Karlsruhe Urt. v. 22.05.18 – 2 Rv Ss 193/18 – Verkehrsrecht aktuell 2918, 157

Der Betroffene hatte hier während einer Verkehrskontrolle (Vorwurf der unerlaubten Nutzung eines Handys während der Fahrt) die zwei Polizeibeamten, welche die Kontrolle vornahmen, nachdem sie den Vorwurf einer Handyfahrt gemacht hatten, als „Flitzpiepen“ bezeichnet.

Das AG Wiesloch hatte den Betroffenen darauf wg. Beleidigung verurteilt. Das Amtsgericht ging davon aus, der Begriff „Flitzpiepen“ sei ein Synonym für Dummkopf, Trottel oder Depp. Dies habe das Gericht (so der vorsitzende Richter) im Internet recherchiert, es handele sich somit um eine abwertende Äußerung gegenüber den Polizeibeamten.

Das OLG Karlsruhe recherchierte ebenfalls, jedoch nicht nur im Internet, sondern auch im Duden, aus welchem sich, anders als im Internet ergab, der Begriff „Flitzpiepe“ könne auch für eine Person gemeint sein, welche weniger ernst genommen werden müsste und über die man sich ärgere.

Das OLG Karlsruhe führte in seinem Urteil sodann aus, das Amtsgericht hätte hier sorgfältiger recherchieren müssen, dann hätte es nämlich erkennen müssen, dass die Äußerung bei zutreffender Auslegung durch die grundrechtlich geschützte Meinungsfreiheit gedeckt sei und diese Bezeichnung der Polizeibeamten nicht als Beleidigung anzusehen sei.

Insbesondere gehöre das Recht, Maßnahmen der öffentlichen Gewalt ohne Furcht vor staatlichen Sanktionen kritisieren zu dürfen, zum Kernbereich des Grundrechts auf freien Meinungsäußerung. Dies könne auch bei überzogener und selbst bei ausfälliger Kritik gelten. 

Es gehört sicher nicht zum guten Ton, zeigt möglicherweise eine niedere Toleranzgrenze des Betroffenen, auf Vorhalte zu reagieren, unabhängig davon, dass darunter mit Sicherheit kein respektvoller Umgang miteinander zu verstehen ist, gleichwohl freut es und beruhigt, dass unser Rechtstaat sehr fein unterscheidet und Verlass auf die Rechtsstaatlichkeit und den Gerichten ist.

Aber wie alles, unterliegt auch die öffentliche Meinung dem Wandel. Ob der Betroffene in 10 Jahren noch freigesprochen worden wäre? Wer weiß, was dann im Duden unter dem Begriff „Flitzpiepen“ steht???


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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