Berufsunfähigkeitsversicherung Verweis auf andere Tätigkeit

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In einem Falle des Oberlandesgerichts Nürnberg (8 U 2115/20) ging es um eine Berufsunfähigkeitsversicherung, in der unter anderem vereinbart war, dass der Versicherer bei vollständiger Berufsunfähigkeit eine monatlich Rente zu zahlen hat. In den dem Versicherungsvertrag zugrunde gelegten Versicherungsbedingungen war definiert, was unter Berufsunfähigkeit zu verstehen ist, wobei ebenfalls geregelt war, dass die versicherte Personen nur dann berufsunfähig ist, wenn sie ihren bisherigen Beruf nicht mehr ausüben kann und darüber hinaus keine andere Tätigkeit ausübt, die ihre bisherigen Lebensstellung entspricht.

Weiterhin war vereinbart, dass der Versicherer das Vorliegen der Berufsunfähigkeit nachprüfen kann und hierbei auch prüfen darf, ob die versicherte Person eine andere Tätigkeit ausübt.

Vorliegend war der Kläger wegen eines Bandscheibenvorfalls mit anschließender Operation an der Lendenwirbelsäule nicht mehr in der Lage, seine berufliche Tätigkeit als Anlagenmechaniker auszuüben. Diese Berufsunfähigkeit erkannte der Versicherer an und leistete vertragsgemäße Rentenzahlungen. Auch nach weiteren Nachprüfungen erklärte der Versicherer, dass die Leistungen weiter erbracht werden.

Der Kläger unternahm eine Weiterbildung und Umschulung zum Maschinenbautechniker und Konstrukteur und wurde auch als solcher tätig. Dies nahm der Versicherer zum Anlass eine erneute Nachprüfung vorzunehmen, den Kläger ärztlich zu untersuchen und diesem mitzuteilen, dass die Leistungen zukünftig nicht mehr erbracht würden. Denn ein bedingungsgemäßer Grad der Berufsunfähigkeit werde mit Aufnahme der neuen Tätigkeit nicht mehr erreicht. Diese neue Tätigkeit sei ihm auch zumutbar und wahre dessen Lebensstellung. Hiermit war der Kläger nicht einverstanden und wies darauf hin, dass dem Versicherer bereits bei vorhergehenden Nachprüfungen bekannt war, dass er sich in der Umschulung befand und das er diese aktuelle Tätigkeit ausübt. Auch sei die Berücksichtigung neuer Fähigkeiten in den Versicherungsbedingungen nicht vorgesehen. Das Oberlandesgericht wies die Klage ab und gab dem Versicherer Recht.

Zum einen genüge das Schreiben des Versicherers mit dem die Leistungspflicht eingestellt wurde, formellen Anforderungen, da darin eindeutig erklärt wurde, weshalb die bereits anerkannte Leistungspflicht enden soll. Der Grund der Einstellung war auch nachvollziehbar, da im Falle, dass sich eine neue Verweismöglichkeit ergeben hat, eine berufsbezogene Vergleichsbetrachtung nötig ist und die sich hieraus abgeleiteten Forderung aufgezeigt werden müssen. Dabei sind die frühere, bis zum Eintritt der Berufsunfähigkeit ausgeübte Tätigkeit und die jetzt ins Auge gefasste Tätigkeit gegenüberzustellen. Die Anforderungen sind jedoch geringer, wenn der Versicherungsnehmer bereits den neuen Beruf ausübt, ihn also kennt und zu einer entsprechenden Beurteilung der Lage ist.

Das Gericht folgte dem Kläger in seiner Argumentation nicht, dass durch frühere Nachprüfungsentscheidungen die Möglichkeit der Verweisungsmöglichkeit „aufgebraucht“ worden sei. Denn zum einen sei dem Versicherer zunächst nur die Umschulung zum Maschinenbautechniker bekannt gewesen, jedoch nicht die konkrete Tätigkeit als Maschinenbautechniker und Konstrukteur. Aufgrund der dem streitgegenständlichen Vertrag zugrunde liegenden Bedingungen war es dem Versicherer erlaubt, den Kläger auf eine tatsächlich ausgeübte Tätigkeit zu verweisen. Dies gilt auch im Nachprüfungsverfahren, also für Tätigkeit, die der Kläger nach Anerkennung der Leistungspflicht aufgenommen hat. Denn es kommt nur darauf an, ob der neue Beruf der bisherigen Lebensstellung entspricht.



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