Besonderheiten für Arbeitnehmer im IT-Recht

  • 5 Minuten Lesezeit

Besonderheiten für Arbeitnehmer im IT-Recht


Ohne es zu wissen, sehen sich viele Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen aufgrund der andauernden COVID-19-Pandemie und der fortschreitenden Digitalisierung der Gesellschaft und Arbeitswelt mit IT-arbeitsrechtlichen Themen konfrontiert. Ein aktuell relevantes Beispiel für die Schnittstelle zwischen Arbeits- und IT-Recht ist die flächendeckende Einführung des sogenannten Home Office in Unternehmen. Daneben spielen jedoch noch weitere Aspekte im IT-Arbeitsrecht eine Rolle.


Was ist IT-Arbeitsrecht?


Doch was genau ist das IT-Arbeitsrecht? Wie der Name bereits suggeriert, handelt es sich bei diesem Rechtsgebiet um die Schnittmenge des Arbeits- und des Informationstechnologierechts. Das „klassische Arbeitsrecht“ umfasst die Gesamtheit der Vorschriften, die die Rechtsbeziehungen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern regeln, und unterteilt sich typischerweise in die Disziplinen des Individual- und Kollektivarbeitsrechts (vgl. § 10 FAO). Dabei regelt das Individualarbeitsrecht die rechtlichen Beziehungen zwischen Arbeitgeber und dem einzelnen Arbeitnehmer, während sich das Kollektivarbeitsrecht im Wesentlichen im Tarifvertragsrecht und dem Betriebsverfassungsrecht erschöpft. Das IT- bzw. Informationstechnologierecht dagegen ist ein relativ junges Rechtsgebiet und umfasst verschiedenste Teildisziplinen im Zusammenhang mit Informationstechnologien. Das IT-Recht ist zwar nicht ausdrücklich gesetzlich definiert ist, jedoch sind die wesentlichen Materien, die vom IT-Recht bzw. vom Informationstechnologierecht umfasst sind, § 14k FAO zu entnehmen. Auch wenn dies weder aus § 10 FAO noch aus 14k FAO unmittelbar hervorgeht, beeinflussen sich das Arbeitsrecht und das IT-Recht wechselseitig und überschneiden sich in gewissen Bereichen. Das IT-Arbeitsrecht versteht sich dabei typischerweise als Betrachtung informationstechnischer Sachverhalte aus arbeitsrechtlicher Perspektive und umgekehrt.

Neben der bereits erwähnten Problematik rund um die flächendeckende Einführung des Home Office in Unternehmen behandelt das IT-Arbeitsrecht unter anderem auch die Erstellung von Verträgen auf Personalebene in der IT-Branche, die Regelung der Wahrung von IT-Geschäftsgeheimnissen beim Ausscheiden von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen aus dem Betrieb, die Wirksamkeit und Gestaltung von sogenannten Karenzklauseln und Berufs- und Abwerbungsverboten in Arbeitsverträgen der IT-Branche, den Arbeitnehmerdatenschutz und die Regelung der privaten Nutzung vom Arbeitgeber überlassenen IT-Geräte. Wegen der Dynamik des Rechtsgebiets ist eine abschließende Aufzählung der verschiedenen Teildisziplinen des IT-Arbeitsrecht jedoch nicht möglich und an dieser Stelle auch nicht gewollt.


Einführung des Home Office als Teil des IT-Arbeitsrechts


Gegenwärtig wohl bedeutsamster Bestandteil des IT-Arbeitsrechts stellt die Einführung des Home Office seit Beginn der COVID-19-Pandemie und die damit verbundenen arbeitsrechtlichen Besonderheiten für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen dar. Wie für viele arbeitsrechtliche Probleme ist auch hier zunächst der zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber geschlossene Arbeitsvertrag maßgeblich. Nach Ansicht der Rechtsprechung kann der Arbeitgeber die Anordnung des Home Office nicht einseitig auf das Direktionsrecht des § 106 S. 1 GewO stützen (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14.11.2018 - 17 Sa 562/18). Spiegelbildlich dazu bestand bisher keine Verpflichtung des Arbeitgebers, der Belegschaft Home Office anzubieten, soweit dies nicht in den entsprechenden Arbeitsverträgen vorgesehen war. Dies hat sich indes mit der Einführung der neuen Corona-Arbeitsschutzverordnung vom 21. Januar 2020 geändert: Gemäß § 2 Abs. 4 Corona-Arbeitsschutzverordnung hat der Arbeitgeber den Beschäftigten im Fall von Büroarbeit oder vergleichbaren Tätigkeiten anzubieten, diese Tätigkeit in der Wohnung auszuführen, wenn keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen. 

Sprich: Wenn der Arbeitsvertrag keine anderweitigen Regelungen vorsieht und Soweit eine Tätigkeit ausgeübt wird, die in den Anwendungsbereich des § 2 Abs. 4 Corona-Arbeitsschutzverordnung fällt und keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen, besteht das Recht auf, dagegen jedoch nicht notwendigerweise auch die Pflicht zum Home Office. Worauf sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Rahmen des Home Office noch einstellen müssen, ist unter anderem der FAQ des Bundesministeriums für Arbeit und Gesundheit zur neuen Corona-Arbeitsschutzverordnung zu entnehmen.

Wie genau die Arbeit im Home Office abläuft, obliegt dabei jedoch weiterhin der Ausgestaltung durch den Arbeitgeber. Insbesondere hat dieser organisatorische und technische Maßnahmen zu treffen, um die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften – insbesondere solche des Datenschutzes – sicherzustellen (vergleichen Sie insbesondere die Empfehlungen zum sicheren mobilen Arbeiten im Home-Office des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik). Trotz veränderter Kulisse bleibt es zudem selbstverständlich bei der Anwendbarkeit des Arbeitsschutzgesetzes und des Arbeitszeitgesetzes – Arbeitnehmer sind also weder schutzlos noch schlechter gestellt als bei konventioneller Arbeit vor Ort in der Betriebsstätte.

In diesem Zusammenhang treten zudem weitere Probleme des IT-Arbeitsrecht auf: Inwieweit ist eine Nutzung der privaten IT des Arbeitnehmers im Rahmen des Home Office zulässig und inwieweit dürfen die vom Arbeitgeber im Rahmen des Home Office überlassenen IT-Betriebsmittel zu privaten Zwecken genutzt werden?


Der klassische Fall – die Private Nutzung der IT am Arbeitsplatz


Klassisches und die Arbeitsgerichte häufig beschäftigendes Beispiel für das IT-Arbeitsrecht bildet die – gegebenenfalls pflichtwidrige – private Nutzung der durch den Arbeitgeber überlassenen IT am Arbeitsplatz, die nicht selten in einer Abmahnung oder Kündigung endet. Dabei ist – wie so häufig im Arbeitsrecht – zunächst der Arbeitsvertrag dafür maßgeblich, ob der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin die am Arbeitsplatz vorhandene IT zu privaten Zwecken nutzen darf. Enthält der Arbeitsvertrag keine ausdrückliche Erlaubnis, so muss üblicherweise davon ausgegangen werden, dass eine private Nutzung der IT am Arbeitsplatz durch den Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin nicht gestattet ist. Etwas anderes gilt dann, wenn der Arbeitgeber eine entsprechende Nutzung der betrieblichen IT durch die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen zu privaten Zwecken duldet. Doch selbst dann, wenn der Arbeitgeber eine Nutzung der betrieblichen IT zu privaten Zwecken duldet oder eine solche Nutzung eingeschränkt im Arbeitsvertrag vorgesehen ist, kann das zulässige Maß der privaten Nutzung im Einzelfall überschritten sein. Eine genaue Bestimmung der Zulässigkeit der privaten Nutzung der betrieblichen IT kann an dieser Stelle jedoch nicht erfolgen, da diese von den Umständen des Einzelfalls – insbesondere von den maßgeblichen Arbeitsverträgen und der übrigen betrieblichen Ausgestaltung – abhängig ist.


Als arbeitsvertragliche Pflichtverletzungen kommen nach der Rechtsprechung in diesem Zusammenhang die Verletzung der ursprünglichen arbeitsvertraglichen Leistungspflicht durch das Unterlassen der vertraglich geschuldeten Arbeit während der privaten Nutzung der vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten IT, das unbefugte Downloaden (sei es wegen der Gefährdung der informationstechnischen Systeme des Arbeitgebers durch Viren oder einer möglichen Rufschädigung des Arbeitgebers wegen strafrechtlicher Relevanz des heruntergeladenen Materials) sowie die Verursachung von Kosten zu Lasten des Arbeitgebers durch die private Inanspruchnahme betrieblicher IT-Mittel in Betracht (so das BAG, Urteil vom 7. 7. 2005 - 2 AZR 581/04 ).


Unser Beratungsangebot


Als arbeits- und IT-rechtlich spezialisierte Kanzlei bieten wir umfassende Beratung – von der rechtssicheren Gestaltung von Arbeitsverträgen in der IT-Branche bis zur Entwicklung von Home Office – Konzepten unter Berücksichtigung gesetzlicher, insbesondere datenschutzrechtlicher Vorschriften – sowohl auf Arbeitgeber- als auch auf Arbeitnehmerseite an.

Foto(s): Rechtsanwalt Patrick Baumfalk

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Patrick Baumfalk

Beiträge zum Thema